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Foto: Fortuna - Recruitment HR Services

Erfahren Sie, wie die Rekrutierung von Kraftfahrern aus Sri Lanka verlief. Der litauische Spediteur hatte sich mehr erhofft

Manvesta Logistics, ein auf den Straßengüterverkehr spezialisiertes litauisches Unternehmen, hatte beschlossen, aufgrund des Fahrermangels in Europa Personal in Asien zu suchen und die Hilfe einer Arbeitsagentur in Anspruch zu nehmen. Die Pläne der Litauer haben in der Verkehrsbranche viel Interesse geweckt, doch bisher kann noch nicht von einem vollen Erfolg gesprochen werden.

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Manvesta Logistics plante, 250 Lkw-Fahrer aus Sri Lanka einzustellen. Zu diesem Zweck nahem das Unternehmen eine Zusammenarbeit mit der Personalvermittlungsagentur Fortuna – Recruitment HR Services auf, die unter anderem Jobangebote in den sozialen Medien veröffentlichte. Nach Angaben der Agentur wollte das litauische Transportunternehmen letztlich bis zu 600 neue Mitarbeiter aus Asien einstellen, die seine Lkw in ganz Europa fahren sollten.

Fortuna erklärte, dass die sri-lankische Niederlassung des Unternehmens die Einstellung von 250 Fahrern plante. Weitere 200 Mitarbeiter sollten von der Niederlassung in Dubai rekrutiert werden. Die restlichen Kraftfahrer sollte die Niederlassung von Fortuna in Singapur finden.

Nach den neusten, in der litauischen Unternehmensdatenbank verfügbaren Daten umfasst der gesamte Fuhrpark von Manvesta 925 Fahrzeuge. Wenn das Unternehmen seinen Plan, bis zu 600 Fahrer aus Asien einzustellen, in die Tat umgesetzt hätte, würden diese also fast zwei Drittel aller Trucker in der Firma ausmachen.

Der Plan zur Gewinnung asiatischer Kraftfahrer könnte jedoch länger dauern als erwartet.

Nach Angaben des „Sri Lankan Daily Mirror“ konnten von 250 ausgeschriebenen Stellen nur 109 Bewerber mit „guten Fahrkenntnissen und grundlegenden Englischkenntnissen“ gefunden werden. Es ist hinzuzufügen, dass diese Kandidaten aus einer Gruppe von mehreren Hundert sri-lankischen Fahrern ausgewählt wurden.

Der Prozess der Überprüfung der Dokumente, der englischen Sprache und der Fahrkenntnisse der Kandidaten wurde von der Agentur Fortuna – Recruitment HR Services in den sozialen Medien dokumentiert.

Ein Video auf der Website der Vermittlungsagentur zeigt ein überfülltes Büro voller potenzieller Fahrer. Die Agentur veröffentlichte zudem Bildmaterial von potenziellen Manvesta-Fahrern, die in Sri Lanka eine Schulung absolvieren.

In einem der gezeigten Videos sagt ein Fahrer, dem es gelungen ist, durch Vermittlung von Fortuna einen Job in Europa zu bekommen: „Ich freue mich auf die Reisen hier, in Polen“.

Der Kommentar erscheint jedoch seltsam, da das Video eindeutig zeigt, dass er sich mitten in Deutschland befindet. Der nächste Lkw-Fahrer erklärt, dass „Europa besser ist als der Nahe Osten” und fügt hinzu, dass er sein Gehalt im Vergleich zu dem, was er als Busfahrer in Dubai verdiente, verdoppelt hat.

In einem separaten Material von Fortuna lobt ein Fahrer die Unterkunft und die Ausbildung, die er erhalten hat. Dann sagt er: „Wir sind alle glücklich hier“. Augenblicke später schwenkt die Kamera jedoch zu seinem weniger glücklichen Kollegen, der in der Kälte steht.

Manvesta gibt nicht auf

Trotz des Rückschlags bei der ersten Einstellungsrunde in Sri Lanka scheint Manvesta seine Pläne zur Gewinnung von Fahrern aus diesem Land noch lange nicht aufzugeben.

Lokale Medien berichten sogar, dass Dana Janerikaite, die Direktorin von Manvesta, mit dem sri-lankischen Premierminister Dinesh Gunawardena zusammentraf, um den Staat zu drängen, die Ausbildung von Lkw-Fahrern zu beschleunigen.

Darüber hinaus erwähnte Janerikaite in einer Erklärung gegenüber der sri-lankischen Presse die freien Stellen bei dem litauischen Unternehmen und bezeichnete Manvestas Lkw-Flotte als „luxuriös”.

Wir zahlen ein monatliches Gehalt in Höhe von einer Million sri-lankischer Rupien für die Arbeit in unserem Unternehmen auf transeuropäischen Strecken. Wir haben Verträge für den Transport von Luxusfahrzeugen, darunter Mercedes Benz und Tesla, sowie von Lebensmitteln und anderen Gütern für mehr als 500 Kunden. Wir brauchen gute Fahrer, und wir ziehen es vor, sie aus Sri Lanka anzuwerben, denn Menschen, die lesen und schreiben können, lassen sich leicht Grundkenntnisse beibringen“ – sagte Janerikaite.

Und obwohl Sri Lanka durch die Unterstützung von Manvesta und Fortuna einige seiner eigenen Fahrer verlieren wird, scheinen die Behörden nichts dagegen zu haben. Nach sri-lankischen Medienberichten hat der Premierminister dem Spediteur und der Vermittlungsagentur gestattet, die CTB-Fahrschule und andere Ausbildungszentren zu nutzen. Medienberichten zufolge wird erwartet, dass der sri-lankische Premierminister den Arbeitsminister und das Büro für ausländische Beschäftigung bitten wird, eine Bewerberdatenbank einzurichten. Fortuna forderte die srilankische Regierung außerdem auf, Lastwagen mit Linkslenkung anzuschaffen, damit sie Fahrprüfungen für europäische Bewerber durchführen können.

Asiatische Fahrer sind gefragt

Zahlreiche Beispiele zeigen, dass sich litauische Transportunternehmen bei der Suche nach Fahrern zunehmend Asien und anderen Nicht-EU-Länder zuwenden.

Erstens haben offizielle Daten, die kürzlich vom litauischen Arbeitsamt veröffentlicht wurden, gezeigt, dass im Jahr 2022 nicht weniger als 78 Prozent der Arbeitserlaubnisse für Drittstaatsangehörige in Litauen an Lastwagenfahrer gingen.

Darüber hinaus hat der Hauptverband der litauischen Spediteure – Linava – eine Zusammenarbeit mit den Behörden Usbekistans aufgenommen, um eine eine Fahrschule in diesem asiatischen Land zu eröffnen. Auch Girteka, das größte Transportunternehmen des Landes, gab zu, dass es keine Mühe scheut, um Lkw-Fahrer vom asiatischen Kontinent anzuwerben. In diesen Bemühungen ist die Firma nicht allein. CargoGo, ein weiteres großes litauisches Transportunternehmen, gab in einem Interview mit Trans.INFO bekannt, dass es Lkw-Fahrer in Usbekistan und Indien sucht. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 15 Inder, will aber bald weitere 100 Fahrer aus diesem Land nach Litauen holen. Was Usbekistan betrifft, so hat CargoGo allein im Januar 48 Usbeken für die Arbeit in Westeuropa angeworben.

Die Behörden sind dagegen

Im Jahr 2021 führten die litauischen Behörden sogenannte Quoten (Genehmigungen) für die vereinfachte Beschäftigung von Fahrern aus Drittländern (Nicht-EU-Ländern) ein. Mit diesen Beschränkungen sollte der Zustrom von Ausländern auf das notwendige Minimum begrenzt werden. Für den Dienstleistungssektor (zu dieser Kategorie gehört auch der Transport) wurden zunächst 11.600 solcher Genehmigungen erteilt. 2022 soll der Pool auf 16.000 und 2023 auf 21.600 erhöht werden. Die meisten Genehmigungen werden von Transportunternehmen genutzt.

Die Erhöhung des Genehmigungspools ist das Ergebnis eines erbitterten Kampfes zwischen den Spediteuren und der Regierung, die nur sehr zögerlich diese Grenzwerte anheben will. Nach Angaben des größten litauischen Spediteurverbands Linava benötigen die Transportunternehmen rund 30.000 Genehmigungen für die Beschäftigung von Fahrern aus Drittstaaten, da nur diese Zahl den Mangel an Lkw-Fahrern ausgleichen kann.

Linava hat errechnet, dass 20 Prozent der litauischen Lkw-Flotte (rund 12.000 Lkw) derzeit auf Firmenparkplätzen steht, weil es an Fahrern mangelt.

Daher versuchen die Vertreter der Spediteure seit mehreren Jahren, Änderungen bei der Höhe der Quoten zu erreichen, bisher jedoch ohne großen Erfolg. Nach Angaben des litauischen Ministeriums für Arbeit und Sozialpolitik (MPiPS) hat die Regierung bereits mehrfach vorgeschlagen, die Quote für Transport- und Logistikunternehmen zu erhöhen, allerdings nur unter der Bedingung, dass die Arbeitgeber „besser auf die Bedürfnisse der ausländischen Arbeitnehmer eingehen“.

2021 und 2022 haben wir dem Verkehrssektor vorgeschlagen, die Quote zu erhöhen. Im Jahr 2021 haben wir zumindest eine leichte Verbesserung der Arbeitsbedingungen gefordert: die Bereitstellung von Verträgen für die Fahrer in einer für sie verständlichen Sprache und klare Informationen über die in Rechnung gestellten und abgezogenen Beträge. Die Vertreter des Sektors haben diesen Vorschlägen nicht zugestimmt, daher wurde die Quote nicht erhöht“ – heißt es in einem Kommentar des litauischen Ministeriums zu den Anträgen der Spediteure auf Erhöhung der Obergrenze nur für den Verkehrssektor.

Es sei daran erinnert, dass diese Quote später leicht angehoben und auf die gesamte Dienstleistungsbranche aufgeteilt wurde.

Im November letzten Jahres hat das Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik den Transportunternehmern geantwortet und deutlich gemacht, dass es keinen Mangel an Arbeitskräften geben wird, auch nicht auf dem litauischen Markt, wenn die Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen verbessern.

Das Arbeitsministerium erinnerte daran, dass Unternehmer nach Ausschöpfung der Quoten weiterhin Ausländer beschäftigen können, allerdings nach dem allgemeinen Verfahren des Gesetzes über den Rechtsstatus von Ausländern. Es geht darum, dass ein Drittstaatsangehöriger, der als regulärer Arbeitnehmer eingestellt wird, Verfahren durchlaufen muss, um festzustellen, ob an seiner Stelle kein Litauer eingestellt werden kann. Allerdings kann die Einstellung eines Ausländers dann zwei- bis dreimal so lange dauern wie im vereinfachten Verfahren.

Zu lange Vorbereitungszeit des Fahrers

Nach Angaben der Arbeitsverwaltung bewarben sich in Litauen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres 142.000 Menschen bei den Arbeitsämtern um eine Stelle. Jeder dritte von ihnen ist unter 29 Jahre alt. Die Frage, warum Spediteure diese Menschen nicht beschäftigen können, beantwortete Andrius Burba, Sekretär für Innovation und Verkehrspolitik des Verbands Linava, in einem Interview mit Trans.INFO.

Wir können einem frisch ausgebildeten und unerfahrenen Mitarbeiter keinen Lkw im Wert von 150.000 Euro anvertrauen. Er oder sie muss zunächst Erfahrung und Kompetenz erwerben. Ein junger Mensch ohne Erfahrung müsste in Litauen etwa ein Jahr lang arbeiten, bevor ihm die Spediteure ihre Lkw anvertrauen würden. Außerdem will der junge Fahrer nicht für den Mindestlohn arbeiten, und der Staat ist nicht bereit, diese Kosten zu amortisieren, indem er ihm zum Beispiel eine Ausbildungsvergütung zahlt. Ein Spediteur kann Menschen ohne Kompetenzen nicht so bezahlen, wie er erfahrene Mitarbeiter bezahlt – kommentierte Andrius Burba und verwies darauf, dass die Behebung von Personalengpässen ein langfristiger Prozess ist und die Spediteure jetzt Fahrer brauchen.

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