Als Reaktion auf die Waffenruhe im Gazastreifen haben die Huthi-Milizen im Jemen den internationalen Reedereien versprochen, in Zukunft keine Schiffe mehr anzugreifen, die mit dem Vereinigten Königreich oder den USA verbunden sind. In Zukunft sollen nur noch Schiffe aus Israel angegriffen werden. Dies teilte das sogenannte HOCC-Vermittlungszentrum mit, das Berichten zufolge von den Huthis kontrolliert wird.
Reedereien bleiben jedoch skeptisch
Es scheint allerdings, dass die internationalen Reedereien diesen Zusicherungen keinen Glauben schenken, da die Milizen weiterhin Drohungen aussprechen könnten, falls die Waffenruhe scheitert.
Die Gemini-Kooperationspartner Maersk und Hapag Lloyd reagieren zurückhaltend auf den Waffenstillstand und die Ankündigung der Huthis, Angriffe einzustellen. Ein Sprecher von Maersk erklärte gegenüber Shippingwatch.com, dass die Sicherheit der Besatzung oberste Priorität habe und sie vorerst weiter das Rote Meer umfahren wird.
Hapag Lloyd hingegen betont gegenüber Reuters, die Sicherheitslage genau zu beobachten und erst bei ausreichender Sicherheit ins Rote Meer zurückzukehren.
Nimmt CMA CGM den Transit durch den Suezkanal wieder auf ?
Die CMA CGM Columba könnte als erstes Schiff der französischen Linienreederei CMA CGM wieder regulär durch das Rote Meer fahren, berichtet “The Loadstar”.
Laut AIS-Daten (Automatic Identification System) sei das Schiff auf dem Weg zum Suezkanal, mit einem geplanten Transit am 23. Januar. Zuvor wurden Schiffe des EPIC-Dienstes wegen der Krise im Roten Meer um das Kap der Guten Hoffnung umgeleitet, was eine längere Strecke und mehr Schiffe erforderte.
Mit der Rückkehr zum Suezkanal könnte auch der saudische Hafen Dschidda wieder in den Fahrplan aufgenommen werden, nachdem er durch Umleitungen ersetzt worden war.
Faktoren, warum die Region für erneute Eskalationen anfällig bleibt
Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas mag auf den ersten Blick als ein Schritt zur Deeskalation erscheinen, doch die Lage bleibt insbesondere auf dem Roten Meer und im Gazastreifen komplex. Hier sind einige Gründe dafür:
- Maritime Spannungen: Die Region des Roten Meeres ist strategisch wichtig für den internationalen Handel und die Energieversorgung. Aktivitäten wie Waffenschmuggel, militärische Präsenz und Blockaden erhöhen die Spannungen. Israel hat regelmäßig Vorwürfe erhoben, dass Waffentransporte über das Meer an die Hamas gelangen könnten.
- Humanitäre Krise: Trotz der Waffenruhe leidet die Bevölkerung im Gazastreifen weiterhin unter einer schweren humanitären Krise. Der eingeschränkte Zugang zu lebensnotwendigen Gütern, medizinischer Versorgung und Infrastruktur erschwert eine nachhaltige Stabilisierung.
- Fragile Vereinbarungen: Eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ist oft mit Vorbehalten und Bedingungen verbunden. Die Parteien werfen sich häufig gegenseitig Verstöße vor, was die Lage instabil macht.
- Einfluss externer Akteure: Länder wie der Iran unterstützen die Hamas militärisch und finanziell, während Israel Allianzen mit arabischen Staaten und westlichen Mächten verfolgt. Diese geopolitischen Dynamiken tragen zur Unsicherheit in der Region bei.
- Angespannte Grenzregionen: Auch während einer Waffenruhe können Konflikte entlang der Grenze des Gazastreifens aufflammen, sei es durch kleinere Angriffe oder Proteste, die die Situation verschärfen.
Obwohl eine Waffenruhe eine kurzfristige Entspannung bringen kann, bleibt die Region aufgrund dieser Faktoren anfällig für erneute Eskalationen.
Die Angriffe der Huthis haben den Schiffsverkehr in der Region stark beeinträchtigt. Die Umsetzung der Ankündigung hängt von der vollständigen Einhaltung des Waffenstillstands im Gazastreifen ab, weshalb die Schifffahrtsrouten wie der Suezkanal weiterhin gemieden werden. Nach Ansicht von Experten ist noch nicht abzusehen, ob das Rote Meer in absehbarer Zeit wieder schiffbar sein wird.
Bedeutet der Waffenstillstand in Gaza ein Ende der Schiffsangriffe im Roten Meer?
Der Anbieter von Lieferkettentransparenz Project44 hat die Situation auf der Grundlage seiner eigenen Daten und zusätzlicher Informationen Dritter analysiert und gibt einen Einblick in die Auswirkungen des Waffenstillstands auf die Region und die globalen Lieferketten.
Seit Beginn der Angriffe zum Jahresende 2023 sind Hunderte von Schiffen der großen Reedereien umgeleitet worden, um das Rote Meer zu meiden. Das hat zu einem historisch niedrigen Volumen durch den Suezkanal geführt. Im Jahr 2024 ging das Gesamtvolumen der Containerschiffe im Vergleich zu 2023 um 75 Prozent zurück (siehe Abbildung 1).
Mit dem angekündigten Waffenstillstand ist es laut Project44 wahrscheinlich, dass der Schiffsverkehr durch den Suezkanal im Jahr 2025 wieder zunehmen wird.
Die Containerschiffe sind zwar am stärksten betroffen, jedoch sind sie nicht die einzigen, die das Rote Meer meiden. Auch bei Massengutfrachtern und Tankern ist ein Rückgang zu verzeichnen. Tanker transportieren häufig gefährliche Stoffe wie Rohöl, die bei Angriffen ein erhebliches Umweltrisiko darstellen. Stückgutfrachter und RoRo-Schiffe (Roll on Roll off) sind nicht so stark betroffen, aber diese Schiffstypen machen bereits einen kleineren Teil des Verkehrs durch den Suezkanal aus.
Auswirkungen auf die Transitzeiten
Das Meiden des Roten Meeres hat die Transitzeiten für Schiffe auf traditionellen Routen durch den Suezkanal um durchschnittlich 7 bis 14 Tage verlängert. Das nachstehende Diagramm zeigt die mittleren Transitzeiten auf den Hauptrouten, wie sie monatlich bis November 2024 aufgezeichnet worden sind. Die durchschnittliche Transitzeit ist auf etwa zwei Monate angestiegen (Abbildung 2).
Besonders betroffen sind Exporte aus Südostasien nach Europa (33 Prozent länger) und zur US-Ostküste (47 Prozent länger). China-Europa-Routen haben sich um 25 Prozent verlängert, während Lieferungen nach Nordamerika meist unbeeinflusst bleiben. Verlader haben ihre Bestellpraktiken angepasst, wodurch größere Lieferengpässe vermieden wurden.
Die Zuverlässigkeit der Fahrpläne hat sich verbessert, jedoch bleiben die Transitzeiten länger als vor der Umleitung. Im November 2024 betrugen durchschnittliche Verspätungen 4–6 Tage, eine deutliche Verbesserung gegenüber Februar 2024, als Verspätungen bis zu 13 Tage erreichten. Wetter und Hafenüberlastungen bleiben potenzielle Herausforderungen.
Suezkanal hat sich zu einer wichtigen Handelsroute für globale Lieferketten entwickelt
Der Suezkanal wurde 1869 eröffnet, um den Nordatlantik über das Mittelmeer und das Rote Meer mit dem Indischen Ozean zu verbinden. Seitdem hat er sich zu einer wichtigen Handelsroute für globale Lieferketten entwickelt und spart 7 bis 20 Reisetage ein, die Schiffe für eine Umrundung Afrikas benötigen würden. Unterbrechungen des Schiffsverkehrs können erhebliche Auswirkungen auf den Handel haben, wie sich 2021 zeigte, als ein festgefahrenes Schiff den Betrieb für sechs Tage aufhielt.
USA weicht auf Panamakanal aus
Da die sichere Durchfahrt durch den Suezkanal behindert wurde, kam es auf dieser Route immer wieder zu Verzögerungen. Je nach Handelsstrecke wurde der Suezkanal möglichst umfahren. Die USA nutzte dafür beispielsweise den Panamakanal. Die Lage hat sich etwas entspannt, da die Dürre, die die Kapazität des Panamakanals beeinträchtigt, nachgelassen hat und eine bessere Option als die Umfahrung Afrikas darstellt. Europa bekommt allerdings weiterhin die vollen Auswirkungen zu spüren, da die Schiffe den Suezkanal nicht passieren können.