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Für einige kleinere Speditionen und Transportunternehmen sind die Folgen katastrophal

Noch ist die Corona-Pandemie nicht vorbei, schon bringt der Ukraine-Krieg neue Probleme für die Transportbranche mit sich. Ein Teil der Unternehmen muss sogar um seine Existenz fürchten.

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Wohl jeder Logistikdienstleister spürt den Krieg in der Ukraine. Auch Unternehmen, die kaum Geschäftsbeziehungen in dieses Land sowie seinen Nachbarn Belarus und Russland pflegen, haben wenigstens mit explodierenden Treibstoffkosten von 20 Prozent und mehr zu kämpfen, Tendenz weiter steigend.

Außerdem macht vielen der Ausfall von ukrainischen Fahrern und die Knappheit an Paletten zu schaffen. In der Ukraine werden zahlreiche Ladungsträger hergestellt. Im Fokus stehen jedoch die hohen Treibstoffpreise. Auch für große Marktteilnehmer sind die Schmerzgrenzen längst erreicht.

Solch enormen Kostensteigerungen kann die Geis Gruppe nicht allein tragen und muss diese an Kunden weitergeben“, sagt Klaus Stäblein, Geschäftsführer Road Services des bayerischen Unternehmens.

Weil Geis mit vielen Geschäftspartnern Dieselfloater abgeschlossen hat, kann das Unternehmen die Preisschwankungen einigermaßen abfedern.

Die Preisanpassungen werden jedoch sehr oft zeitversetzt erst nach drei oder sechs Monaten vorgenommen“, schildert Stäblein ein Problem. „Wir müssen die Zyklen verkürzen.“

Der Unterschied zu früheren Zeiten ist augenscheinlich. Während bislang Speditionen und Transportunternehmen mit einem ständigen Auf und Ab der Preise kalkuliert haben, müssen sie sich nun darauf einstellen, dass diese vorerst weiter steigen oder wenigstens auf hohem Niveau stagnieren werden.

Die steigenden Kraftstoffpreise werden auf jeden Fall zu einer weiteren signifikanten Verteuerung der Transporte führen“, sagt Alexander Tonn, Geschäftsführer Road Logistics von Dachser, voraus.

Einige Unternehmen stehen nahezu ohne Aufträge da

Für zusätzlichen Druck sorgen die weggebrochenen Russland- und Ukraine-Verkehre. Allerdings sind die einzelnen Marktteilnehmer von Krieg und Sanktionen sehr unterschiedlich betroffen. Für die Großen der Branche wie Dachser, DB Schenker oder Kühne + Nagel bleiben die Auswirkungen überschaubar, weil die Geschäfte in diesen Ländern nur einen Bruchteil der konzernweiten Umsätze ausmachen. Diese Unternehmen haben ihre Touren in diese Region fast völlig eingestellt.

Für manche Mittelstandsunternehmen wie Emons oder Lkw Walter sind die Folgen gravierender: Sie haben während der letzten Jahre systematisch in Osteuropa – Verkehre investiert und führen für große Kunden regelmäßige Transporte vor allem nach Russland durch. Auch solche Verkehre finden jetzt kaum noch statt, weil die Versicherungen wegen der Kriegsausschlussklauseln restriktiv, die Bezahlungmodalitäten wegen Währungsfragen unsicher und die Compliance – Prüfungen wegen der neuen Sanktionen enorm sind. Und für einige kleinere Speditionen und Transportunternehmen sind die Folgen katastrophal, weil sie vor dem Krieg fast ausschließlich mit Russland- und Ukraine – Touren Geld verdient haben und jetzt um die betriebliche Existenz fürchten müssen.

Ein Beispiel ist Wahl Trans – East in Maxdorf. Das Unternehmen hat sich auf Gefahr- und Spezialtransporte nach Russland spezialisiert und steht im Moment nahezu ohne Aufträge da.

Die Akquisition von neuen Kunden ist jetzt äußerst schwierig“, sagt Trans East – Gründer Christian Wahl. „Ich habe mich deshalb von vier meiner fünf Mitarbeiter getrennt.“

Besser sieht sich East Line Logistics aufgestellt. Die Spedition in Speyer gibt Sendungen auch in die zentralasiatischen Staaten auf, welche bislang im Russland-Transit erreicht werden.

Wer jetzt mit dem Lkw die Grenze zwischen Polen und Belarus überqueren will, muss bis zu fünf Tagen Wartezeit einplanen“, warnt Sergej Shcherba, Geschäftsführer der Spedition.

Weil in den letzten Märztagen junge Polen und Ukra-iner den Straßengüterverkehr nach Osten in Kukuryki bei Brest aus Protest gegen den Krieg blockierten, saßen viele Lkw – Fahrer tagelang fest. Hinzu kom-men aufwändigere Grenzabfertigungen. Auch Trucks, die für East Line nach Kasachstan fuhren, waren betroffen. Trotz der gesunkenen Nachfrage sind für solche Touren die Preise ebenfalls nach oben gegangen und kosten 20 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Erhöhte Nachfrage nach Transporten nach Zentralasien

Jetzt wittern Wettbewerber eine Chance, deren Routen bislang wegen der größeren Entfernungen und höheren Kosten. höchstens zweite Wahl waren. Wer Standorte in der Türkei hat, vermarktet diese als „Seidenstraßen-Hub“ für Touren in die zentralasiatischen Staaten. Über Routen am Kaspischen Meer kön-nen nicht nur die Kaukasus-Staaten Armenien, Aserbaidschan und Georgien, sondern auch Kasachstan, Usbekistan und weitere Staaten auf dem Weg nach China gut erreicht werden. Den Anfang machte dieser Tage Gebrüder Weiss. Der österreichische Logistikdienstleister eröffnete einen neuen Stützpunkt mit vier Mitarbeitern im Mittelmeerhafen Mersin im Südosten der Türkei.

Wir stellen eine erhöhte Nachfrage nach Transporten nach Zentralasien fest“, sagt Geschäftsführer Wolfram Senger-Weiss. Jeden Tag starten bereits Lkw von Mersin zu Seidenstraßendestinationen, Senger-Weiss rechnet mit einer schnell ansteigenden Nachfrage.

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