Die jüngsten Praxistests der Elektro-LKW eActros 600 von Mercedes-Benz Trucks und eTGX von MAN zeigen die Leistungsfähigkeit batterieelektrischer Schwerlastfahrzeuge unter winterlichen Bedingungen. Beide Modelle absolvierten anspruchsvolle Touren durch Europa und demonstrierten ihre Effizienz, Reichweite und Ladefähigkeit.
Reichweite & Strecke
- eActros 600: Der Mercedes-Benz eActros 600, mit einem Gesamtzuggewicht von 40 Tonnen – legte auf seiner 16-tägigen „European Testing Tour Winter 2025“ rund 6.500 Kilometer durch zehn Länder zurück (Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Österreich) mit Temperaturen zwischen -18 und 9 Grad Celsius.
- eTGX: Der MAN eTGX, mit einem Gesamtzuggewicht von 32 Tonnen – absolvierte während seiner „Polar Express“-Tour vom 20. bis 26. März über 3.000 Kilometer vom Polarkreis nach München. Seine Route führte durch Schweden, Dänemark und Deutschland.
Beide LKW zeigen, dass Langstreckenfahrten mit batterieelektrischen Fahrzeugen auch bei winterlichen Bedingungen realisierbar sind.
Energieverbrauch & Effizienz
eActros 600:
- Trotz erschwerter Bedingungen blieb der Energieverbrauch auf einem akzeptablen Niveau. Ein repräsentativer Streckenabschnit, der nach Kaltstart bei einer Durchschnittstemperatur von -2 Grad Celsius und auf Reifen der Energieeffizienzklasse B auf schneefreier Fahrbahn absolviert wurde zeigte einen Mehrverbrauch von etwa 25 Prozent im Vergleich zu Sommerbedingungen, wobei aerodynamische Faktoren und Rollwiderstand eine große Rolle spielten.
- Durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit zwischen 64 und 77 km/h, Verbrauch wurde nicht angegeben. Er ähnelt jedoch dem des eTGX, der aus Tests anderer Unternehmen im Winter abgeleitet wurde, und liegt bei durchschnittlich 105 kWh pro 100 km.
- Geringer Einfluss der Innenraumklimatisierung auf die Reichweite (-2 bis -5 Prozent).
eTGX:
- Durchschnittsverbrauch über die gesamte Tour: 106 kWh pro 100 Kilometer.
- Bis zu 800 Kilometer tägliche Fahrleistung mit Zwischenladen.
- Potenzielle CO2-Einsparung: 400 Tonnen pro 500.000 km, sofern mit Grünstrom geladen.
Batteriekapazität & Ladeinfrastruktur
Beide LKW-Hersteller setzen auf leistungsstarke Batterien mit hoher Reichweite von bis zu 500 Kilometern ohne Nachladen. Während der Testfahrten haben beide Hersteller ausschließlich öffentlich zugängliche Ladesäulen genutzt.
eActros 600:
- Drei Batteriepakete mit insgesamt 621 kWh (Lithium-Eisenphosphat-Technologie).
- Lademöglichkeiten über CCS (400 kW) oder den MCS-Standard (bis zu 1 MW).
- App „Mercedes-Benz Trucks Remote 3.0“ zur Überwachung des Ladevorgangs.
eTGX:
- Modulares Batteriesystem mit vier, fünf oder sechs Batteriepaketen.
- Lademöglichkeiten über CCS (375 kW) oder den MCS-Standard (bis zu 1 MW).
- App MAN Charge & Go für einfache Ladeabrechnung und Streckenplanung.
Herausforderung bleibt die Ladeinfrastruktur
Beide Hersteller zeigen, dass der Schwerlastverkehr elektrisch werden kann – jedoch bleibt die Ladeinfrastruktur eine große Herausforderung.
Auch wenn es weiterhin herausfordernd ist, speziell für LKW ausgelegte Lademöglichkeiten zu finden, so haben wir insbesondere in Skandinavien einige hochmoderne Ladeparks vorgefunden, an denen wir unsere Trailer nicht absatteln mussten und ausreichend Ladeleistung und eine gute Infrastruktur für die Lenkzeitpausen vorhanden war“, sagt Jochen Gottstein, Manager Testing Energy Consumption & Range bei Daimler Truck, der auf der gesamten Tour dabei war.
Insbesondere im Winter, bei sehr kalten Temperaturen und Schnee, ist das für die Fahrerinnen und Fahrer eine große Erleichterung.
Grundsätzlich müssen wir aber auch eingestehen, dass das eher die Ausnahme war und die Ladeinfrastruktur in den meisten Fällen, die wir gesehen haben, noch ausbaufähig ist“, so Gottstein weiter.
Der Polarexpress von MAN wurde von den in der Truck Szene bekannten Influencern André Brockschmidt (Bauforum 24) und Christina Scheib (Trucker Babes) begleitet. Christina Scheib, die im Fernverkehr mit ihrem schwarz-pinken MAN TGX unterwegs ist, betonte dass die App äußerst praktisch ist. Sie erklärte, dass die Anwendung Informationen zur Reichweite und zum Ladezustand des Fahrzeugs bereitstelle. Besonders hilfreich sei die Möglichkeit, eine Route einzugeben und direkt angezeigt zu bekommen, wo der E-Truck geladen werden könne.
Dass ein MAN-Truck schon heute vom Polarkreis bis nach München rein elektrisch fahren und sich ausschließlich auf öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur verlassen kann, sieht Friedrich Baumann, Vorstand für Sales & Customer Solutions bei MAN Truck & Bus Deutschland, als ein positives Zeichen.
In ganz Europa ist hier allerdings auch noch viel zu tun“, betont er. „Um eine umfassende Antriebswende im Fernverkehr mit Millionen von LKW Wirklichkeit werden zu lassen, braucht es noch große Anstrengungen und Investitionen in den Ausbau der dafür nötigen Hochleistungs-Ladeinfrastruktur.“