“Zu Beginn mussten wir auf die harte Tour lernen, wie wichtig es ist, Projekte direkt vertraglich abzusichern”

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Natalia Jakubowska,Trans.INFO: Beschreiben Sie Ihr Start-up in wenigen Sätzen.

Dr.-Ing. Sascha Feldhorst, Co-Founder und CEO von Motion Miners: Wir sind eine bunte Truppe aus verschiedenen Fachrichtungen und Nationalitäten – von Logistikprozessingenieuren über Hardwareentwickler bis hin zu Datenanalysten ist bei uns im Team alles zu finden. Wir ermöglichen eine automatisierte, anonyme und ganzheitliche Analyse der Effizienz und Ergonomie von manuellen Arbeitsprozessen mittels Sensoren und Machine-Learning. Unsere Technologie nennen wir Motion-Mining und mit ihrer Hilfe wird sichtbar, an welchen Stellen Zeit eingespart werden kann und wo es Verbesserungspotenziale gibt, sei es bei Arbeitsabläufen oder der Ergonomie.

Was macht es so innovativ?

Motion-Mining® ist eine von uns entwickelte Technologie zum automatischen Erfassen und Analysieren von manuellen Arbeitsprozessen. Wir ermöglichen eine anonyme und ganzheitliche Analyse der Effizienz und Ergonomie von manuellen Arbeitsprozessen z. B. in der Produktion, der Logistik oder in Krankenhäusern. Hierzu tragen die Mitarbeiter drei Sensoren und die Arbeitsumgebung wird mit Beacons ausgestattet. Die aufgezeichneten Daten werden in eine Plattform hochgeladen und mithilfe von Machine-Learning-Algorithmen in Prozesskennzahlen übersetzt. So kann der Kunde seine Arbeitsprozesse analysieren ohne selbst daneben zu stehen und die Prozessinformationen händisch zu erheben.Der Kunde profitiert von der Zeitersparnis während der automatischen Aufnahme und Analyse und hat so mehr Zeit und einen deutlich größeren Datenbestand für die Suche nach Optimierungspotenzialen und die Gestaltung von Verbesserungsmaßnahmen. Da in die Maßnahmengestaltung nicht nur die Effizienz, sondern auch ergonomische Aspekte einfließen, kommen die Prozessverbesserungen auch den Mitarbeitern zugute.

Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?

In unserer Vorgründungsphase haben wir einen EXIST-Forschungstransfer erhalten, da wir eine Ausgründung aus einem Fraunhofer-Forschungsinstitut sind. Zusätzlich finanziert sich die MotionMiners GmbH durch Umsätze aus unseren Beratungsdienstleistungen sowie seit Mai 2019 auch über die Weiterlizensierung der Motion-Mining®-Produktlösung. Da wir bisher auf externe Investoren verzichten konnten, würde man uns in der Start-up-Szene auch als „Bootstrapped“ bezeichnen.

Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Herausforderungen?

Zu Beginn mussten wir auf die harte Tour lernen, wie wichtig es ist, Projekte direkt vertraglich abzusichern. Das hatte zur Folge, dass einige unserer erbrachten Leistungen in den ersten Projekten nicht bezahlt wurden.
Eine unserer größeren technischen Herausforderungen war zudem das Anlernen der Machine-Learning-Algorithmen. Dies erwies sich als sehr zeitintensiv, da diese Verfahren von Projekt zu Projekt lernen und zu Beginn alle Aktivitäten angelernt werden müssen.

Wie hat sich das Projekt im Laufe der Zeit entwickelt?

Angefangen haben wir mit Beratungsprojekten zur Ermittlung von Effizienzoptimierungen vor allem in den Bereichen Produktion und Logistik. Mittlerweile haben die Ergonomiebewertungen einen beinahe genauso starken Stellenwert. Es sind auch viele neue Branchen und Anwendungsfälle, wie z. B. im Health-Care-Sektor (z. B. Krankenhäuser) hinzugekommen. Auch unser Portfolio konnten wir um ein Produktangebot ergänzen. Mit dieser Lösung können unseren Kunden selbstständig Motion-Mining-Analysen durchführen.
Zu Beginn haben wir als Gründer alle Aufgaben allein gestemmt. Mittlerweile arbeitet ein 28-köpfiges Team an den Projekten und der Weiterentwicklung unserer Technologie. Dies erlaubt uns immer komplexere Problemstellungen und Projekte erfolgreich zu lösen.

Was würden Sie rückblickend anders machen?

Wir gehören bei MotionMiners nicht zu den Menschen, die Fehler lange bereuen. Wir haben viele Fehler gemacht und hatten das Glück, dass bisher alle verschmerzbar waren. So konnten wir aus ihnen lernen und uns sowohl als Team als auch als Unternehmen weiterentwickeln.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up hätten?

Gärtner oder Tierpfleger

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

In fünf Jahren werden wir über Europa hinaus sowohl den amerikanischen als auch den asiatischen Markt bedienen und uns um den Auf- und Ausbau unserer Außenstellen kümmern. Durch mittlerweile 11 Projekte im Ausland, u. a. im asiatischen Raum, haben wir schon jetzt in einigen Ländern einen Fuß in der Tür. Außerdem werden wir weiterhin neue Branchen erschließen und unser Angebot auch Kunden außerhalb der Industrie zugänglich machen. Zusätzlich haben wir den Anspruch uns von einem Mess- und Auswertungswerkzeug hin zu einem Planungswerkzeug zu entwickeln.

Foto: MotionMiners

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