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Foto: Daimler Truck AG

Brennstoffzellen-LKW: Ein steiniger Weg in die Zukunft?

Brennstoffzellen-LKW sind eine vielversprechende Option für den emissionsfreien Transport über lange Strecken, allerdings müssen noch einige Hürden gemeistert werden, damit der Durchbruch gelingen kann.

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Im September 2020 kündigte Daimler Truck in Berlin an, stark in die Wasserstofftechnologie zu investieren. Der CEO, Martin Daum, präsentierte dabei den Mercedes-Benz GenH2 Brennstoffzellen-LKW zum ersten Mal öffentlich, um die technologische Ausrichtung des Unternehmens zu betonen.

Die Entwickler von Daimler Truck haben den LKW nach den Merkmalen des traditionellen Mercedes-Benz Actros Fernverkehrs-LKW konzipiert, besonders im Hinblick auf Zugkraft, Reichweite und Leistung. Die Mercedes-Benz GenH2 Truck Modelle verfügen über ein Gesamtgewicht von 40 Tonnen und eine Nutzlast von etwa 25 Tonnen. Diese beachtliche Zuladung und die umfassende Reichweite werden durch zwei spezialisierte Flüssigwasserstofftanks und ein hochleistungsfähiges Brennstoffzellensystem ermöglicht.

Seit dem Jahr 2021 befinden sich erste Prototypen des Mercedes-Benz GenH2 Trucks in intensiven Tests. In diesem Jahr will Daimler Truck aber einen Schritt weiter gehen und den Brennstoffzellen-LKW im realen Kundenbetrieb einsetzen. Ab voraussichtlich Mitte 2024 werden fünf Unternehmen erste Erfahrungen mit dem GenH2 Truck sammeln. Die Sattelzug-LKW werden in Deutschland auf ausgewählten Routen und in unterschiedlichen Einsatzbereichen im Fernverkehr genutzt.

Unter diesen Unternehmen ist auch Spedition Wiedmann & Winz aus Geislingen an der Steige. Der GenH2 Truck wird bei dem Unternehmen im Kombinierten Verkehr (KV) zum Einsatz kommen und im täglichen Speditionsgeschäft schwere Seecontainer vom KV-Terminal zu unterschiedlichen Kunden befördern.


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Was muss passieren, damit der Durchbruch der Brennstoffzelle kommt

Brennstoffzellen-LKW nutzen eine Wasserstoff-Brennstoffzelle, die Wasserstoff im Zuge eines elektrochemischen Prozesses zu Strom umwandelt, der dann den Elektromotor des Fahrzeugs antreibt. Die Technologie spielt ihre Vorteile vor allem bei langen Strecken und schweren Ladungen aus, bei denen schnelles Nachladen notwendig ist. Ein Brennstoffzellen-Fahrzeug kann innerhalb weniger Minuten betankt werden und bietet eine ähnlich lange Reichweite wie herkömmliche Diesel-LKW – oft über 1.000 Kilometer.Allerdings steht die breite Nutzung von Wasserstoff in der Transportbranche noch vor einigen Herausforderungen, unter anderem einer unzureichenden Infrastruktur für Wasserstofftankstellen und den hohen Kosten der Produktion von “grünem” Wasserstoff, der mittels erneuerbarer Energiequellen gewonnen wird.

Die Wasserstoff-Technologie ist noch nicht vollständig wettbewerbsfähig. Wir sind der Ansicht, dass der Weg zum Klimaschutz über verschiedene Pfade führt. Einer ist die Elektromobilität, ein anderer sind Wasserstoffantriebe. Darüber hinaus halten wir auch alternative und synthetische Kraftstoffe wie HVO 100 oder eFuels für vielversprechend. Logistikunternehmen können sie sofort einsetzen und quasi über Nacht eine erhebliche CO2-Reduktion erreichen. Damit diese unterschiedlichen Technologien wettbewerbsfähig sind, müssen mehrere Faktoren gegeben sein: Es braucht eine flächendeckende Energie-Infrastruktur, die Energiepreise müssen wettbewerbsfähig sein. Und natürlich muss auch bei den Anschaffungspreisen für die Null-Emissions-LKW eine Kostenparität zu Diesel-Lkw gegeben sein. Weil sich das in der Anfangsphase für die Hersteller als schwierig gestaltet, ist die öffentliche Hand gefordert, hier entsprechende Anreize zu setzen. Ein Abschmelzen oder Kappen der Fördermittel ist das falsche Signal. Die Antriebswende gerät dadurch ins Stocken, sagt Dr. Micha Lege, Geschäftsführer von Wiedmann & Winz aus Geislingen an der Steige.

Das Tankstellennetz für Wasserstoffautos wird zwar stetig ausgebaut, fällt aber für LKW noch sehr dürftig aus. Lege bemängelt, dass das H2-Tankstellennetz nicht flächendeckend verfügbar ist und nur wenige der 100 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland für LKW geeignet sind.

Kommt flüssiger H2 zum Einsatz – wie beim GenH2 Truck angedacht –, wird die Versorgung noch anspruchsvoller: Eine erste öffentliche Tankstelle für flüssigen H2 hat Daimler Truck unlängst in Wörth eröffnet, eine zweite soll in Duisburg entstehen. Dank der Tankstelle in Wörth kann auch der GenH2 Truck von Wiedmann & Winz die notwendige Energie beziehen. Von Vorteil ist die hohe Reichweite von 1.000 Kilometern und mehr beim Einsatz von flüssigem Wasserstoff. Doch klar müssen beim Aufbau einer leistungsfähigen und flächendeckenden Tankinfrastruktur noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden, betont er.


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„Champagner der Energiewende“

Die Zukunft von Brennstoffzellen-LKW hängt von mehreren Faktoren ab. Um die Wettbewerbsfähigkeit von Brennstoffzellen-LKW zu steigern und den Übergang zu erleichtern, sind deshalb politische und wirtschaftliche Anstrengungen erforderlich, um die Investitionskosten und Betriebskosten erschwinglicher zu machen. Denn nicht nur die Anschaffungskosten sind gegenwärtig sehr hoch, aber auch die geringe Preiselastizität von Wasserstoff, die auf die konstant hohe Nachfrage seitens der Chemie- und Stahlindustrie zurückzuführen ist, macht die Technologie unwirtschaftlich. Nicht ohne Grund wird Wasserstoff als Champagner der Energiewende bezeichnet.

Es braucht eine Vielzahl an Maßnahmen, um Flottenbetreibern in der Anfangsphase zu unterstützen. Der Anschaffungspreis (Faktor 4 bis 5 gegenüber einem Diesel-LKW) ist eine Hürde. Doch auch die Betriebskosten müssen im Rahmen bleiben (aktuell ca. 12 bis 13 Euro pro Kilo Wasserstoff in Deutschland), und das Tankstellennetz muss dichter geknüpft werden. Trotz aller Herausforderungen beteiligt sich Wiedmann & Winz gerne an diesen ersten kundennahen Erprobungen, um frühzeitig Erfahrungen mit der neuen Technologie zu sammeln. Wir setzen seit jeher auf Innovationen und waren das erste Unternehmen, das mit FleetBoard auf Telematik und Digitalisierung im Transport gesetzt hat, so Dr. Lege.

Die breite Einführung von Brennstoffzellen-LKW steht noch am Anfang, und es sind erhebliche Investitionen, um die volle Tragweite dieser Technologie zu realisieren. Trotz der Herausforderungen sind die Aussichten vielversprechend. Mit fortgesetzten Investitionen und staatlicher Unterstützung könnte der Brennstoffzellen-LKW schon bald eine tragende Rolle im umweltfreundlichen Güterverkehr spielen. Die Beteiligung von Unternehmen wie Wiedmann & Winz zeigt, dass das Interesse und das Engagement der Transportbranche vorhanden sind.

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