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Das Abstimmungsergebnis im Verkehrsausschuss zum Mobilitätspaket ist kein Erfolg. Es setzt das Transportwesen in der EU um 20 Jahre zurück

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14.01.2019

Haben die Regelungen, die letzten Donnerstag von den EU-Abgeordneten angenommen wurden, tatsächlich, wie einige Experten sagen, weniger Bedeutung als die, die in den beiden abgelehnten Berichten enthalten sind? War das Plenum ein Erfolg? Ich denke nicht! Die neuen Vorschläge des Europaabgeordneten Ismail Ertug werden weitaus weitreichendere Folgen für das Transportwesen haben als die abgelehnten Regelungen zur Entsendung und zu Lenk-und Ruhezeiten.

Signifikante Einschränkungen des freien Warenverkehrs

Die Lösung, die den größten Eingriff in den EU-Markt darstellt, ist das neue Kriterium für den Berufszugang, das in Abänderung 24 vorgeschlagen wird. Dieses Kriterium bezieht sich auf die Realisierung der Beförderungen im Hoheitsgebiet oder innerhalb des Staates, in dem der Firmensitz ist.  Dies bedeutet, dass Frachtführer die Zahl der grenzüberschreitenden internationalen Transportdienstleistungen erheblich reduzieren werden müssen. Dadurch werden grundlegende Prinzipien des Binnenmarktes beschädigt. Aber auch anderen Aspekten des Mobilitätspakets steht Maciej Wronski vom Verband TLP kritisch gegenüber.

Der auf  gesamteuropäische Transportdienstleistungen  spezialisierte Beförderer wird bei Inkrafttreten der neuen Vorschriften automatisch diese Kriterien  nicht mehr erfüllen. Stellt sich während der Kontrolle heraus, dass er zu viele grenzüberschreitende Beförderungen und Kabotagebeförderungen durchgeführt hat, ist die für Genehmigungen zuständige Verwaltungsbehörde verpflichtet, seine Zulassungen zu widerrufen.

Die Anzahl dieser Transporte oder ihr prozentualer Anteil wird erst im Nachhinein durch die Auslegung der ungenauen Vorschriften des Europäischen Arbeitsamtes bestimmt werden, das Ertug in Abänderung Nr. 13 mit entsprechenden Kompetenzen in Bezug auf  die Kontrolle des Straßentransports versehen hat.

Alle 4 Wochen Rückkehrungspflicht

Die Verpflichtung, jedes Fahrzeug, das dem Unternehmen zur Verfügung steht, mindestens alle vier Wochen im Land mit dem Firmensitz des Transportunternehmens , welche in Abänderung Nr. 19 festgelegt ist, mindestens einmal zu entladen oder zu verladen, kann im Hinblick auf die oben genannten anderen Lösungen als eine weniger bedeutend betrachtet werden. Die Vorschrift wäre realisierbar, wenn nicht die Tatsache, dass Beförderungen über sehr große Entfernungen somit ausgeschlossen werden und europäische Transportunternehmen in naher Zukunft daran gehindert werden könnten, zum Beispiel auf Chinas Neuer Seidenstraße Güter auf der Strecke Europa-China zu befördern!

Es sei auch darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen die neuen Regelungen, selbst durch ein Fahrzeug  zum Entzug oder zur Widerrufung der Zulassungen führt und somit sogar die Liquidation des Unternehmens bedeuten kann.

Was soll ein Transportunternehmen tun, dessen Fahrzeug vorübergehend nicht in Gebrauch ist (z. B. weil es nur für den saisonalen Verkehr gedacht war oder weil es still steht, da nicht genügend Fahrer zur Verfügung stehen) . Die EU-Abgeordneten haben über solch eine Situation nicht nachgedacht!

Enormer Kostenanstieg

Die im angenommenen Bericht enthaltenen Vorschläge bedeuten auch zusätzliche, sehr hohe Kosten. Mit Abänderung 30 wird für jeden EU-Mitgliedstaat die Verpflichtung eingeführt, alle drei Jahre eine Kontrolle durchzuführen in Hinsicht auf diverse Zulassungen.

Beachten Sie bitte, dass es in der gesamten EU rund 550.000 Transportunternehmen gibt. Die vorgeschlagene Lösung bedeutet, dass die jeweiligen nationalen Kontrollbehörden für die Umsetzung dieser Regelung jährlich mindestens 1,5 Millionen Arbeitsstunden dafür aufbringen werden müssen. Ein ähnlicher Arbeitsaufwand wird auch auf alle Transportunternehmen zukommen.

Bei der Betrachtung von Bruttokosten für eine Arbeitsstunde in Höhe von 30 Euro bedeutet dies mindestens 45 Millionen Euro seitens der Haushalte der Mitgliedstaaten und 45 Millionen Euro  für Unternehmern.

Abänderung 34 führt im Gegenzug die Verpflichtung ein, Kopien von Arbeitsverträgen von beschäftigten Kraftfahrern in nationalen elektronischen Registern aufzubewahren und diese laufend im Fall von Änderung der darin enthaltenen Konditione zu aktualisieren,

Dies ist eine bizarre Lösung, denn die Implementierung dieser Regelung wird in der Praxis bedeuten,  dass Arbeitsverträge von mehr als 3 Millionen EU-Bürger zu sammeln sind. Die Kosten für die Eintragung und die Aktualisierung von diesen Daten könnten sich nach Schätzungen von TLP  im ersten Jahr auf sogar etwa 60 Millionen Euro und dementsprechend auf etwa 20 Millionen Euro im Folgejahr belaufen.

Foto: ELukacijewska/Twitter

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