Foto: Siemens Mobility

E-Highway-Projekt auf der A1 im Norden Deutschlands: Ein Testbetrieb mit ungewisser Zukunft

In Norddeutschland, auf der Autobahn A1 zwischen Lübeck und Hamburg, wurde 2019 ein innovatives Projekt gestartet, das die Zukunft des Verkehrs und der Elektromobilität revolutionieren soll - der sogenannte „E-Highway“, bei dem LKW über Oberleitungen elektrisch angetrieben werden. Die aktuelle Förderperiode endet am 31. Dezember 2024, doch der Testbetrieb wirft Fragen auf und die Zukunft des Projekts bleibt unklar.

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Das zu 100 Prozent aus Bundesmitteln finanzierte Forschungsprojekt auf der A1 ist Teil einer größeren Initiative zur Entwicklung und Erprobung von Oberleitungs-LKW, die auf elektrischen Antrieben basieren. Diese LKW können während der Fahrt mit Strom aus den Oberleitungen betrieben werden, ähnlich wie bei elektrischen Straßenbahnen. Das Ziel: den CO2-Ausstoß im Schwerlastverkehr drastisch zu senken und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern.

Der Testabschnitt auf der A1 erstreckt sich über etwa fünf Kilometer, und mehrere LKW der Marke Scania und MAN fahren dort mit einer speziellen Oberleitungstechnik. Auf der Fahrbahn verlaufen stromführende Drähte, die die Fahrzeuge über eine Pantographen-Technologie mit Strom versorgen.

Förderzeitraum beendet

Das E-Highway-Projekt auf der A1 wurde mit rund 30 Millionen Euro vom Bund gefördert, um das System zu bewerten und der Politik Entscheidungsgrundlagen für einen möglichen Ausbau zu liefern. Der derzeitige Förderzeitraum endete am 31. Dezember 2024 – unnklar bleibt, wie es mit den Strommasten auf der A1 nun weitergeht.

Das Bundesverkehrsministerium kann keine Auskunft geben und verweist auf das Bundeswirtschaftsministerium, das den Rückbau der Infrastruktur nach den Feldversuchen erwartet. Allerdings liegt das Projekt in der Zuständigkeit der Autobahn GmbH, die ebenfalls keine klaren Aussagen trifft und auf das Bundeswirtschaftsministerium verweist.

Herausforderungen und Verlauf der Feldtests

Der Testbetrieb auf der A1 verlief jedoch nicht ohne Herausforderungen. Bereits 2022 gab es erste kritische Stimmen, die die wirtschaftliche Tragfähigkeit und den praktischen Nutzen des Projekts in Frage stellten. Obwohl die Technologie allgemein als vielversprechend angesehen wurde, stellten der kostspielige Ausbau der Infrastruktur und die Notwendigkeit, das System auf ein landesweites Netz auszuweiten, große Hindernisse dar.

Vor allem die Kostenfrage spielt eine zentrale Rolle. Berechnungen zufolge ist der finanzielle Aufwand für den Bau und die Instandhaltung von Oberleitungen und den notwendigen LKW-Umbau enorm. Fraglich ist auch, ob sich die Technik bei einem großflächigen Einsatz, zum Beispiel auf dem gesamten Autobahnnetz, wirtschaftlich rechnet. Gerade für kleine und mittlere Transportunternehmen kann die notwendige Umstellung auf die Technik schwierig sein.

Oberleitungs-LKW: Die Meinung bleibt gespalten

Dr. Till Gnann, der die Forschungsaktivitäten im BOLD-Projekt (Begleitforschung Oberleitungs-LKW in Deutschland) am Fraunhofer ISI koordinierte, fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen:

Im BOLD-Projekt wurde deutlich, dass der Bau einer Oberleitungsinfrastruktur für das deutsche Autobahnnetz im Langstrecken-Straßengüterverkehr technisch möglich, aber sehr herausfordernd ist. Die Frage ist vielmehr, welche Technologie sich letztendlich durchsetzen wird, wie lange der Bau der Infrastruktur dauern wird und wie lange sie aufgrund einer geringen Auslastung subventioniert werden kann. Damit das Oberleitungssystem und seine Markteinführung erfolgreich sind, müssen die Fahrzeuge und die Infrastruktur technologisch weiterentwickelt und ein Markt für Oberleitungs-Lkw geschaffen werden. Um dies zu erreichen, bedarf es eines klaren Signals und einer Entscheidung in naher Zukunft für die Verwendung von elektrischen Oberleitungs-Lkw durch die deutsche Bundesregierung. Dies würde Klarheit für Industrie, Forschung und Nachbarländer schaffen.”

Hinsichtlich der Kosten ergänzt Julius Jöhrens vom Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU):

Die Kosten für Schnellladesäulen und Oberleitungen liegen relativ nah beieinander und hängen von vielen Annahmen ab. Klar sei aber: Wasserstoff wäre noch weitaus teurer”, sagte Jöhrens, der am BOLD-Abschlussbericht beteiligt war.

Das Ende des Feldversuchs und die ungewisse Zukunft

Die Frage, ob die Technologie über den Testzeitraum hinaus fortgeführt wird, ist derzeit jedoch noch offen. Zwar gibt es auf politischer Ebene Stimmen, die das Potenzial des E-Highways als Teil einer nachhaltigen Mobilitätsstrategie sehen, aber auch skeptische Stimmen, die mehr Realitätssinn fordern.

Offen bleibt zudem die Frage, wie sich der E-Highway mit anderen Konzepten der Elektromobilität, wie der Batterietechnologie oder dem Wasserstoffantrieb, kombinieren lässt.  die Zukunft der Autobahn A1 bleibt also offen.

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