Angesichts schwächerer Investitionen, steigender Energiekosten und zunehmender Regulierung haben die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft am 18. September 2025 in Brüssel die EU-Kommission zu einem wirtschaftspolitischen Kurswechsel aufgefordert.
Die Initiative, vorgestellt im Rahmen eines Treffens mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, wird von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) gemeinsam getragen. In einer gemeinsamen Erklärung, warnen sie vor einem strukturellen Niedergang der europäischen Wettbewerbsfähigkeit.
„Europa steht massiv unter Druck. Hohe Energiepreise, ein hoher Fachkräftebedarf und unnötige Bürokratie bremsen Innovation und Investitionen“, heißt es in der Erklärung.
Geopolitische Spannungen, ein globaler Subventionswettbewerb und zunehmende Belastungen für Unternehmen würden die Lage zusätzlich verschärfen.
Fünf zentrale Forderungen für Europas wirtschaftliche Zukunft
Die Verbände fordern eine „europäische Wettbewerbsagenda“ mit fünf Kernpunkten:
1. Bürokratie abbauen
EU-Gesetze sollen künftig verpflichtende Wettbewerbsfähigkeits-Checks durchlaufen. Das „One in, two out“-Prinzip soll sicherstellen, dass neue Regeln alte ersetzen und die Belastung sinkt. Komplexe Verfahren – insbesondere im Umweltrecht – sollen vereinfacht werden.
2. Energie bezahlbar machen
Ein geplanter „Clean Industrial Deal“ müsse Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit verbinden. Dafür seien ein schneller Netzausbau, Technologieoffenheit und ein Schutz vor Carbon Leakage notwendig.
3. Binnenmarkt vertiefen
Der Binnenmarkt müsse spürbar gestärkt werden – etwa durch digitale Entsendeverfahren, vereinfachte Waren- und Dienstleistungsströme und die rasche Anerkennung von Berufsabschlüssen, um Fachkräfte leichter mobilisieren zu können.
4. Handelsabkommen abschließen
Europa müsse neue Freihandelsabkommen – unter anderem mit Mercosur, Indien, Australien und Indonesien – rasch finalisieren. Zugleich sollen Rohstoffpartnerschaften und diversifizierte Lieferketten die wirtschaftliche Resilienz stärken.
5. Mittelstand entlasten
Jede neue EU-Regelung solle einem verpflichtenden „KMU-Tauglichkeitstest“ unterzogen werden. Nur so könnten kleine und mittlere Unternehmen – das Rückgrat der europäischen Wirtschaft – innovativ und wettbewerbsfähig bleiben.
„Ein starkes Europa braucht einen starken Standort Deutschland“
Die Verbände fordern, dass auch die Bundesregierung ihre Rolle innerhalb der EU aktiver wahrnimmt.
„Ein starkes Europa benötigt einen starken Standort Deutschland. Umgekehrt gilt: Nur wenn die EU als Ganzes erfolgreich ist, kann auch die deutsche Wirtschaft wieder erfolgreich sein“, betonen BDA, BDI, DIHK und ZDH.
Die Organisationen rufen Brüssel und Berlin auf, ihre Zusagen zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts in konkrete Maßnahmen zu überführen – „denn der Wettbewerb wartet nicht auf uns“.