Die Krise hat längst kein einheitliches Gesicht mehr. Während große Player um Anschlussfinanzierungen kämpfen, scheitern viele kleinere Betriebe schlicht an den laufenden Kosten. Hohe Energiepreise, sinkende Frachtraten, Fachkräftemangel und teure Kredite schnüren die Margen ab – ein gefährlicher Mix, der selbst solide geführte Unternehmen ins Wanken bringt.
Traditionsbetriebe verschwinden vom Markt
Spedition Hermesmann stellt nach fast 70 Jahren Betrieb ein. Ein besonders bitteres Beispiel ist die Spedition Hermesmann aus Iserlohn-Letmathe (NRW). Das 1958 gegründete Familienunternehmen hat Ende September Insolvenz angemeldet und den Betrieb vollständig eingestellt, wie der Iserlohner Kreisanzeiger (IKZ) berichtet.
„Eine Fortführung des Betriebs ist ausgeschlossen“, bestätigte Insolvenzverwalter Dr. Moritz Sponagel. Die meisten Beschäftigten konnten inzwischen in andere Betriebe wechseln. Für die LKW-Flotte gebe es Übernahmeangebote.
Laut Christoph Brünger von der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) steht Hermesmann „beispielhaft für die schwierige Lage kleiner Speditionen“. Besonders hohe Betriebskosten, die Sperrung der Rahmedetalbrücke (A45) und der anhaltende Fahrermangel belasteten den Betrieb zuletzt massiv.
Weitere Insolvenzen in der Branche
Auch größere Logistikunternehmen bleiben nicht verschont. Im Duisburger Hafen hat die DCP Dettmer Container Packing GmbH Insolvenz angemeldet. Das Gemeinschaftsunternehmen der Dettmer Group und BLG Logistics beschäftigt über 230 Mitarbeitende an drei Standorten – darunter 24 in Duisburg, 133 in Bremen und 75 in Hamburg.
Laut Mitteilung der Unternehmen sei die Insolvenzfolge „anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten und einer fehlenden Fortführungsprognose“.
Trotz Unterstützung durch die Gesellschafter habe sich die Marktlage spürbar verschlechtert. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter soll nun Sanierungsoptionen prüfen. Auch die PCB Packing Betriebsgesellschaft in Bremen steht infolge enger Verflechtungen vor einer möglichen Insolvenz.
Spedition Leupold: Eigenverwaltung statt Aufgabe
Die Spedition Leupold GmbH aus Oberkotzau (Oberfranken) mit 161 Beschäftigten versucht, sich im Rahmen einer Eigenverwaltung zu sanieren.
Geschäftsführer Friedrich und Florian Leupold führen das Traditionsunternehmen in fünfter Generation fort.
Laut Rechtsanwalt Gunther Neef von der Kanzlei Neef/Schwarz + Kollegen seien steigende Kosten, Fachkräftemangel und die schwache Konjunktur ausschlaggebend gewesen. Während der Sanierung bleiben Löhne und Gehälter durch Insolvenzgeld gesichert.
Leupold ist Teil der Unternehmensgruppe Unitrans, einem Partnernetz von DHL Freight, was die Bedeutung des Falls für den Stückgutverkehr unterstreicht.
Forstmann: Teilrettung durch neuen Eigentümer
Für die Holger Forstmann Transporte GmbH aus Lotte fand sich eine Investorenlösung: Zum 1. Juli übernahm die Spedition W. Wienkämper aus Melle den Betrieb. Damit bleiben 44 der 74 Arbeitsplätze erhalten – vor allem im Fahrpersonal.
Isseltrans: Übernahme durch Waldbach-Gruppe
Die Isseltrans Spedition/Logistik GmbH aus Isselburg wurde bereits zu Jahresbeginn von der Waldbach-Gruppe übernommen.
Der Meller Logistikdienstleister sicherte alle 25 Arbeitsplätze sowie den Fuhrpark mit zehn ziehenden Einheiten.
Auch spezialisierte Anbieter geraten unter Druck
Auch der intermodale Bahnlogistiker Helrom ist betroffen. Das Frankfurter Unternehmen stellte am 14. Juli 2025 einen Insolvenzantrag, obwohl es kurz zuvor eine Finanzierung über 32,9 Millionen Euro abgeschlossen hatte.
Quantron: Rettung der E-LKW-Marke
Bereits im Frühjahr gelang die Sanierung des E-LKW-Pioniers Quantron AG. Nach Insolvenz zum Jahresbeginn übernahm die Andreas Haller Holding GmbH im April die Vermögenswerte und 35 Mitarbeitende.
Branchentrend: Mehr Pleiten, weniger Perspektive
Die jüngsten Insolvenzen verdeutlichen die strukturelle Krise der Branche:
- hohe Betriebskosten und Zinsen,
- sinkende Transportnachfrage,
- Fahrermangel und
- politische Unsicherheit.
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Sommer 2025 um über 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr – der höchste Stand seit zwölf Jahren. Im Bereich Verkehr und Lagerei lag die Insolvenzquote fast doppelt so hoch wie im Branchendurchschnitt.
Mehr Hintergründe zur Insolvenzwelle in der Transport- und Logistikbranche lesen Sie in unserem ausführlichen Artikel: Insolvenzen auf höchstem Stand seit zwölf Jahren, Logistikbranche besonders betroffen
Ein Blick über die Branche hinaus
Auch gesamtwirtschaftlich steuert Deutschland auf ein Insolvenzhöchstniveau zu. Laut einer Analyse von Statista dürfte die Zahl der Unternehmenspleiten in diesem Jahr über 24.000 Fälle erreichen – so viele wie seit zehn Jahren nicht mehr. Im Juli registrierte das Statistische Bundesamt mit fast 2.200 Verfahren den höchsten Monatswert seit Oktober 2013.
Die DIHK rechnet für das Gesamtjahr mit über 22.000 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. DIHK-Analyst Volker Treier spricht von einer „strukturellen Malaise“ und fordert steuerliche Entlastungen und weniger Bürokratie, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts wiederherzustellen.
Damit zeigt sich: Die Probleme der Transport- und Logistikbranche sind kein Einzelfall, sondern Teil einer breiten wirtschaftlichen Schwächephase, die den Druck auf Unternehmen in nahezu allen Sektoren erhöht.