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Firmenpleiten auf Zehnjahreshoch. Transportbranche mittendrin

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Hohe Kosten, sinkende Nachfrage und Finanzierungshürden bringen viele mittelständische Transportunternehmen in Schieflage. Die jüngsten Zahlen von Creditreform deuten auf einen tiefgreifenden Strukturwandel hin, mit massiven Folgen für die Logistikbranche.

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist im Jahr 2025 auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt gestiegen. Wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform mitteilt, wurden im laufenden Jahr 23.900 Firmeninsolvenzen verzeichnet, ein Anstieg um 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zwar fiel der Zuwachs damit schwächer aus als 2023 (+22,9 %) und 2024 (+22,5 %), doch die Gesamtlage bleibt angespannt.

„Viele Betriebe sind hoch verschuldet, kommen schwer an neue Kredite und kämpfen mit strukturellen Belastungen wie Energiepreisen oder Regulierung. Das setzt vor allem den Mittelstand unter massiven Druck und bricht auch vielen Betrieben das Genick“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.

Besonders betroffen sind Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten. Laut Creditreform machen sie über 81 Prozent aller Unternehmensinsolvenzen aus. Das betrifft auch einen großen Teil der deutschen Transport- und Logistiklandschaft.

Transport und Logistik: Insolvenzen setzen die Straße unter Druck

Obwohl die aktuelle Creditreform-Analyse keine spezifischen Branchenwerte für den Transportsektor ausweist, deuten mehrere Indikatoren auf eine stark angespannte Lage im Straßengüterverkehr hin. Nach Informationen aus Branchenkreisen und auf Basis ergänzender Auswertungen, etwa durch das Fachportal DVZ, stieg die Zahl der Insolvenzen im Straßengüterverkehr 2025 um 10,8 Prozent, von 622 auf 689 Fälle.

Besonders besorgniserregend ist die Risikoquote: Für Transportunternehmen liegt sie bei 392 potenziell insolvenzgefährdeten Firmen pro 10.000 Unternehmen ein Wert, der deutlich über dem branchenübergreifenden Durchschnitt von 72 liegt. Anders ausgedrückt: Nahezu jedes 25. Unternehmen in der Branche gilt laut Creditreform derzeit als akut gefährdet.

Hintergrund dieser Entwicklung ist unter anderem die stark mittelständisch geprägte Struktur der Branche. Laut Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) verfügen rund 96 Prozent aller Güterverkehrsunternehmen über weniger als 250 Mitarbeitende, viele davon sind Kleinstbetriebe mit nur wenigen Fahrzeugen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten, mit steigenden Betriebskosten, Kreditengpässen und rückläufiger Auftragslage, fehlt diesen Firmen oft der nötige Puffer, um temporäre Verluste oder Zahlungsausfälle aufzufangen. Insolvenzen in industriellen Kernbranchen wie dem Handel oder der verarbeitenden Industrie wirken somit direkt und verzögert auf ihre Transportdienstleister zurück.

Zahlungsrisiken wachsen, besonders im Industriekundensektor

Auch auf der Nachfrageseite wächst der Druck: Zwei der wichtigsten Auftraggeberbranchen Handel und verarbeitendes Gewerbe verzeichnen laut Creditreform hohe Insolvenzanstiege: +10,4 Prozent bzw. +10,3 Prozent. Das erhöht die Gefahr von Zahlungsausfällen, insbesondere für kleine Speditionen, die nur über geringe Liquiditätsreserven verfügen.

„Die Transportdienstleister sind zunehmend doppelt betroffen: Sie leiden unter den eigenen Kosten, etwa durch Dieselpreise, Mautanpassungen oder Fahrermangel und gleichzeitig unter wachsenden Risiken bei ihren Kunden“, heißt es aus Branchenkreisen.

Ein zusätzliches Problem ist die Finanzierungsseite: Steigende Zinsen, schwache Bonitätsbewertungen und das Schrumpfen von Eigenkapital infolge der letzten Krisenjahre erschweren vielen Betrieben den Zugang zu Liquidität.

Insolvenzverwalter: Scheitern gehört zur Transformation

Trotz der dramatischen Zahlen rufen Experten zu einer differenzierten Bewertung auf. Auf dem Deutschen Insolvenzverwalterkongress 2025 betonte Prof. Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW):

„Insolvenzen sind kein Makel, sondern begleiten den ökonomischen Umbruch und sind ein notwendiges Instrument für Erneuerung und wirtschaftliche Dynamik.“

Auch der Vorsitzende vom Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID), Dr. Christoph Niering, erklärte:

„Jede Insolvenz ist ein Einschnitt. Aber sie setzt auch Fachkräfte, Kapital und Know-how frei, die zukunftsfähige Geschäftsmodelle dringend brauchen.“

Der VID fordert deshalb ein „Ende der Stigmatisierung“ unternehmerischen Scheiterns und zugleich bessere politische Rahmenbedingungen für tragfähige Geschäftsmodelle in kritischen Branchen wie Logistik und Transport.

Blick nach vorn: 2026 bringt nicht zwingend Entspannung

Für das kommende Jahr ist keine Entspannung in Sicht. Laut Creditreform wird sich der Trend 2026 sogar weiter verschärfen, ehe möglicherweise 2027 ein Hochplateau erreicht wird. In ihrer Prognose warnt die Organisation:

„Die deutsche Wirtschaft verliert an Wettbewerbsfähigkeit. Hohe Kosten, Bürokratie und die anhaltende Konjunkturschwäche werden das Insolvenzgeschehen weiter antreiben.“

Immerhin: Geplante Investitionen der Bundesregierung in Infrastruktur und Verteidigung könnten ab 2026 positive Impulse geben vorausgesetzt, flankierende Maßnahmen wie Entlastungen bei Stromkosten, Bürokratieabbau und gezielte Mittelstandsförderung folgen.

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