Natalia Jakubowska, Trans.iNFO: Was genau macht Ihr Start-up?
Jakob Sadoun, Mit-Gründer und Geschäftsführer von Colonia Technologies GmbH: Wir bringen Logistikunternehmen ins 21. Jahrhundert. Unsere Vision ist es, die gesamte europäische Flotte von Sattelzugmaschinen und Sattelaufliegern in eine dezentrale und digital vernetzte Flotte zu bringen. Der Zugang zum Fahrzeug soll so einfach sein wie das Buchen eines Uber Taxis. Über unsere Sharing-Plattform erhalten Logistikunternehmen die Möglichkeit, Ihre ungenutzten Fahrzeuge gewinnbringend zu vermieten oder ihre Flotte kurzfristig aufzustocken. Wir machen den Straßengüterverkehr somit nachhaltiger und erhöhen gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit von Transport- und Logistikunternehmen.
Was für ein Problem wird durch Ihr Produkt gelöst? Welche Nachfrage wird damit gedeckt?
Das typische Logistikunternehmen hat eine sehr unbeständige Nachfrage und eine hohe Fluktuation von Fahrern. Diese volatile Lage erfordert somit eine starke Flexibilität in der Flotte. Für jeden Auftrag braucht das Unternehmen nicht nur die richtige Anzahl von Sattelaufliegern und Sattelzugmaschinen – sondern auch die richtige Kategorie an Fahrzeugen.
Auf der einen Seite berichten uns 65 Prozent aller Logistikunternehmen, dass sie Aufträge verlieren, weil sie keinen einfachen Zugang zum richtigen Fahrzeug haben. Auf der anderen Seite gelingt es einer Mehrheit der Unternehmen nicht, die eigene Flotte auszulasten. Der Grund: Statt flexibel gebucht zu werden, geht heute noch der große Teil aller Zugmaschinen und Auflieger in Deutschland in den traditionellen Verkauf und steht dann für Jahre in Zeiten niedriger Auslastung ungenutzt auf dem Hof. Das bedeutet ein hohes finanzielles Risiko. Wertvolles Kapital wird gebunden.
Hier kommen wir ins Spiel. Transport- und Logistikunternehmen können ihre ungenutzten Fahrzeuge über die Plattform schnell und sicher vermieten und somit neue Umsätze generieren. Dafür können sich Flottenbetreiber einfach auf unserem Portal registrieren und ihre verfügbaren Fahrzeuge einstellen. Über nur wenige Klicks können Interessenten dann das Fahrzeug zu dem vom Vermieter vorgeschlagenen monatlichen Mietpreis mieten.
Wir bieten unseren Kunden über die digitale Sharing-Plattform somit flexiblen Zugang zum richtigen Fahrzeug, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Im Mietpreis ist alles inklusive: von der Versicherung bis zum 24/7 Pannenservice. Da wir mit Partnern in ganz Deutschland arbeiten, können wir eine große geographische Abdeckung und eine sehr breite Auswahl an Fahrzeugen anbieten.
Was ist Ihre Zielgruppe?
Zu unseren Kunden gehören Speditionen, Frachtführer sowie alle Unternehmen mit hohem Transportbedarf, die über eine eigene Flotte verfügen. Auch der Einzelunternehmer, der als selbständiger LKW-Fahrer unterwegs ist, zählt dazu.
Inwiefern entspricht das Produkt den aktuellen Markttrends?
Im Fokus des Mobilitätwandels stehen Elektrifizierung, Digitalisierung und Sharing-Modelle.
Shared Mobility ist ein Zukunftstrend, der sich auch in der Logistik wiederfindet. Aufgrund der wachsenden aber auch stark volatilen Nachfrage nach Gütern aller Art wird der Bedarf an großen und flexibleren Flotten in Zukunft weiter steigen. Unsere Sharing-Plattform für Nutzfahrzeuge hilft Unternehmen mit eigenem Fuhrpark dabei, Ihre Flotte zukunftssicher zu machen.
Um die Nutzfahrzeugindustrie klimafreundlich zu gestalten, müssen alternative Antriebe her. Jedoch ist der Umstieg auf eine emissionsfreie Flotte für die meisten Betriebe noch sehr kostenintensiv. Fahrzeug-Sharing für Elektro-Fahrzeuge über Colonia ist für diese Herausforderung eine smarte Lösung. Flottenmanager können damit auf Elektrifizierung setzen, ohne Risiken einzugehen.
Und schließlich ist die Digitalisierung eine wesentliche Entwicklung, an der keine Flotte im 21. Jahrhundert vorbeikommt. Die Nutzfahrzeuge der Zukunft sind mit ihrer Umgebung voll vernetzt, Prozesse digitalisiert: Lösungen wie unsere Sharing-Plattform ermöglichen die erforderliche Schnelligkeit und Bedienerfreundlichkeit in der Abwicklung von Logistikprojekten.
Wann und wie sind Sie auf Ihre Gründungsidee gekommen?
Über unser familiäres Umfeld wissen wir, dass die täglichen Herausforderungen für Logistikunternehmen riesig sind. Während der Corona Pandemie ist uns aufgefallen, wie antiquiert der Zugang zu Nutzfahrzeugen ist. Jeder kann einen PKW über ein paar Klicks buchen. Warum funktioniert das nicht auch für LKW? Logistikunternehmen verlieren Aufträge, weil sie keinen einfachen Zugang zum richtigen Fahrzeug haben. Auf der anderen Seite haben andere Logistikunternehmen zu viele Fahrzeuge und ein Auslastungsproblem.
Welche Art von Wissen hatten Sie in diesem Bereich während der Gründung Ihres Start-ups? Und wie haben Sie Ihr Produkt überprüft?
Wir sind ein vielfältiges Gründerteam: Alvaro Hurtado, ein Programmierer, Kaspar Filipp, Politikwissenschaftler und Volkswirt und schließlich ich selbst, Betriebswirt.
Was uns alle eint: Wir haben den größten Teil unserer beruflichen Laufbahn damit verbracht, die Verkehrs- und Logistikwende voranzutreiben. Alvaro in Startups, Kaspar in der Beratung und Politik und ich in der Zusammenarbeit mit Herstellern von Nutzfahrzeugen. Die ersten Umsätze generierten wir mit einem Excel Spreadsheet und einem Mobiltelefon, indem wir Angebot und Nachfrage zusammengebracht haben. Basierend auf der Zusammenarbeit mit unseren ersten Kunden und Zulieferern haben wir unser digitales Produkt entwickelt.
Woher kam das Kapital für Ihr Unternehmen?
Mit dem Berliner Wagniskapitalgeber Atlantic Labs tauschten wir uns schon seit längerem über verschiedene Geschäftsmodelle aus. Somit war es keine Überraschung, dass wir uns mit Atlantic sehr schnell auf ein Investment in Colonia geeinigt haben. Parallel haben wir uns eine Reihe Angel Investoren an Bord geholt. Dabei handelt es sich um erfahrene Gründer und Führungskräfte, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Was hätten Sie rückblickend in der Startphase anders gemacht?
Für einige Entscheidungen hätte ich mir gerne mehr Zeit genommen. Zum Beispiel habe ich ein einfaches CRM-System ausgewählt, das aber langfristig für uns nicht alle Funktionen erfüllt. Nun müssen wir nach nur einem Jahr das System wechseln und das ist mit viel Aufwand verbunden.
Welche Tipps können Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben?
Mir hat es geholfen, mich gemeinsam mit dem Team auf wenige gut zu messende Kennzahlen zu einigen, die den Erfolg unseres Unternehmens definieren. Das hilft uns jeden Tag die wichtigsten Aktivitäten zu priorisieren.
Was ist die größte unmittelbare Herausforderung für Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich selbst in fünf Jahren?
Im Fokus steht die Weiterentwicklung der Funktionalität unserer Plattform. Dazu gehört unter anderem die Optimierung des Kunden- und Lieferantenerlebnisses über digitale Flottenmanagement- und Fintech-Lösungen. Gleichzeitig möchten wir unser Elektro-Fahrzeug-Angebot kontinuierlich weiter ausbauen und unserem Ziel, Logistik nachhaltig zu machen, näherkommen. Wir haben eine fabelhafte Ausgangslage mit großartigen Kunden. Besonders stolz bin ich auf unser fantastisches Team von motivierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Es ist sehr erfüllend zu sehen, wie sehr sich alle für unsere Vision ins Zeug legen.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up hätten?
Dann würde ich bei einem anderen Logistik-/Tech-Start-up arbeiten.