Interview: “Die Fragmentierung und Konservativität der Logistikbranche sind die größten Hindernisse”

Lesezeit 7 Min.

Das in Frankfurt am Main ansässige Start-up CargoSteps wurde im Jahr 2016 gegründet und bietet eine  offene Softwarelösung für die Logistik an. Das junge Unternehmen fokussiert sich vor allem auf den B2B Express- und Kuriermarkt. Im Gegensatz zu anderen nutzt CargoSteps keine Tracking Geräte, sondern steuert den Prozess über eine Webanwendung/API für Spediteure und eine mobile App für Fahrer. In unserem Interview erzählt COO Murat Karakaya, vor welchen Hindernissen Start-ups in Deutschland stehen und welche Pläne CargoSteps die nahe Zukunft hat.

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Womit genau beschäftigt sich Ihr Startup?

Murat Karakaya, Co-Founder & COO von CargoSteps: CargoSteps hilft Speditionen und Frachtführern ihre Kapazitäten auszulasten und ermöglicht dies auf Grundlage einer unternehmensübergreifenden Echtzeit Sendungsverfolgung mit proaktiven Statusmeldungen.

Hierdurch werden Leerfahrten vermieden, es wird dem Fahrermangel entgegengewirkt, CO2 wird eingespart, Disponenten sparen durch den Wegfall des Telefonierens und Schreiben durch das Tracking bis zu 70 Minuten pro Tag, ohne die Medienbrüche kommen weniger Kommunikationsfehler vor, Kleine und Mittelständler können ihren Kunden einen Service auf Augenhöhe zu den großen Logistikern bieten und es werden neue Arbeitsprozesse über mehrere Firmen jeder Größe hinweg ermöglicht. Der große weiße Fleck beim Vor- und Nachlauf auf der Straße wird beseitigt.

Durch die niedrigen Margen in der Logistik ist die Auslastung der Fahrzeuge ein entscheidender Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit, der durch eine Effizienzsteigerung der Disposition entscheidend beeinflusst wird. Auch der Bedarf der Kunden, des aus dem Privatbereich bekannten Tracking der Paketdienstleister auf den B2B Logistikmarkt zu übertragen, ist sehr hoch, wird weltweit immer wieder von den Speditionen verlangt und dies muss auch weltweit funktionieren.

Was ist einzigartig an Ihrer Idee? 

Wir fokussieren und vor allem auf den B2B Express- und Kuriermarkt, während andere sich auf den Generalcargo Markt konzentrieren.

Unsere Lösung ist für den firmenübergreifenden Einsatz konzipiert, so dass an einem Auftrag weltweit gleich mehrere Unternehmen vom Großkonzern bis hin zum 1-Mann-Kurier jeder beteiligt werden kann. Beim Tracking zum Beispiel beauftragt ein Industriekunde einen Spediteur, der den Auftrag an einen Transporteur weitergibt, der den Auftrag wiederum an einen Subunternehmer reicht, welcher dann die Fracht abholt und zu einer Airline bringt. Diese fliegt die Fracht und am Zielflughafen findet eine ähnliche Verkettung statt, bis die Fracht dann am Ablieferort ankommt.Zusätzlich nutzen wir, im Gegensatz zu anderen, keine Tracking Geräte, sondern steuern den Prozess über eine Webanwendung/API für Spediteure und eine mobile App für Fahrer. Hierdurch bekommen die Disponenten und Kunden mehr Informationen als nur die GPS Position, sondern Statusmeldungen, POD, etc. werden ohne zusätzliche Kommunikation zur Verfügung gestellt.

Diese unternehmensübergreifenden Arbeitsprozesse und Informationsflüsse erlauben ganz neue Anwendungen.Unsere Lösung ermöglicht Umsatzsteigerungen, höhere Margen, besseren Service, angenehmere Arbeitsbedingungen, stärkere Auslastung und all das bei weniger Arbeitseinsatz. Die Nutzung von CargoSteps steigert die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit.Aus den genannten Gründen nimmt die Zahl unserer Kooperationspartner stetig zu, was wiederum unser Wachstum beschleunigt.

Wann und wie sind Sie auf Ihre Gründungsidee gekommen? 

Einer der Gründer betreibt seit 2007 ein Transportunternehmen mit knapp 15 Mitarbeitern und ich habe während des Studiums 4 Jahre als Kurier und anschließend im Qualitätsmanagement in der Logistik gearbeitet, sodass der Bedarf für eine Lösung wie CargoSteps im eigenen Arbeitsalltag erkannt wurde. Wir sind Kindheitsfreunde und unterhielten uns ständig über die Probleme im Logistikalltag. Wir schrieben uns die Anforderungen an eine Lösung auf und gingen auf die Suche bei diversen Anbietern, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin fiel die Entscheidung es einfach selbst zu machen und wir suchten 2015 erfolgreich nach weiteren Partnern in der Softwareentwicklung, die an die Idee glauben und bereit waren gemeinsam ein Unternehmen zu gründen.

Seit dem Prototypen werden alle Entwicklungen im Unternehmen des Mitgründers getestet, so dass die Entwicklungszyklen schneller und am Markt orientiert erfolgen.

Woher kam das Kapital für Ihr Unternehmen? 

Eigenanteil, Seed Investment, Preisgelder, Fördermittel

Was waren die größten Hindernisse bei der Gründung Ihres Startups? 

Die Fragmentierung und Konservativität der Logistikbranche sind die größten Hindernisse. Sie erschweren die Marktdurchdringung, machen aber den Erfolg im Anschluss umso größer.

Was war der Wendepunkt, als die ersten Kunden auftauchten und Sie zu glauben begonnen haben, dass dies funktionieren würde? 

Erfolgreiche Kooperationen, Nutzer in mittlerweile 24 Ländern und durchgehend positive Rückmeldungen gaben uns Bestätigung das richtige Produkt für den Markt entwickelt zu haben. An den Erfolg haben wir jedoch von Anfang an geglaubt, weil wir direkt aus der Logistik kommen und den Markt kennen.

Was hätten Sie rückblickend in der Startphase anders gemacht? 

Wir hätten von Anfang an an den Integrationen mit Transport Management System Herstellern arbeiten und diese stärker forcieren sollen. Der direkte Vertrieb hat sich als sehr schwer und langwierig herausgestellt. Sie sind die Entscheidenden Multiplikatoren für den Vertrieb, senken die Barriere zur Nutzung durch Speditionen und bauen Barrieren für mögliche Konkurrenten auf. Des Weiteren hätten wir das Track & Trace Tool gleich zu Beginn kostenpflichtig anstatt kostenfrei anbieten sollen.

Welche Tipps würden Sie anderen Startup-Gründern geben, die gerade erst anfangen? 

Kaum ein Startup hat Erfolg über Nacht. Entscheidend ist es Zeit, Geduld und Ausdauer mitzubringen. Ebenso ist es wichtig stetig am Wachstum des eigenen Netzwerks zuarbeiten. Und nur mit einem starken und ausgewogenen Team wird man es schaffen die Idee zum Erfolg zu machen.

Was ist die größte unmittelbare Herausforderung für Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich selbst in 5 Jahren? 

Derzeit ist die größte Herausforderung die Wachstumsgeschwindigkeit von CargoSteps noch weiter zu steigern. Wir sind hier aber auf einem guten Weg. Allein im Monat Januar 2021 haben wir ein Gesamtwachstum des Unternehmens von 32% erreicht. Wir sehen uns in 5 Jahren an der Spitze des Marktes für Logistik-Digitalisierungslösungen, die auf unternehmensübergreifende Arbeits- und Informationsflüsse abzielen.

Was würden Sie tun, wenn Sie kein Startup-Unternehmen gründen würden? 

Mit dieser Frage habe ich mich bisher nicht auseinandergesetzt. Wenn ich spontan so darüber nachdenke, würde ich wahrscheinlich in einem Startup oder einer ähnlich ausgerichteten Abteilung eines Unternehmens anheuern, weil der Drive des Teams nicht gebremst wird und man immer an tollen Innovationen arbeiten kann.

Foto: Murat Karakaya, Co-Founder & COO von CargosSteps

Tags