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Foto: Deutsche Post DHL Group

Kurzinterview: „Herausfordernd ist und bleibt die Verfügbarkeit von alternativen Technologien”

In unserer neuesten Interview-Reihe haben wir Unternehmen gefragt, wie sie zum Thema Klimaziele stehen.  Zum Auftakt gibt Dr. Andreas Mündel Einblicke in die Klimastrategie von DPDHL.

Lesezeit 5 Min.

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Halten Sie dieses Zeitmaß in der Transport-und Logistikbranche für realistisch?

Dr. Andreas Mündel, Senior Vice President Strategy & Operations Programs and Head of CleanOPS Office bei DPDHL: Wir begrüßen diese sehr ambitionierten Ziele. Ein Zusammenspiel aller beteiligten Stakeholder und die Förderung von Brückentechnologien wie Biokraftstoffe, Bio-LNG oder Bio-CNG (also Biogas) und HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) sind hierfür jedoch essentiell, weil viele grüne Alternativen, wie zum Beispiel Brennstoffzellenfahrzeuge und batterieelektrische LKWs, erst langsam marktreif werden, noch sehr teuer sind und die Infrastruktur dafür noch nicht gut genug entwickelt ist.

Wie hat sich in letzter Zeit das Verständnis von Nachhaltigkeit in der Branche verändert?

In der Branche und auch bei uns im Konzern wird das Nachhaltigkeitsthema zunehmend ganzheitlich entlang der drei ESG-Dimensionen betrachtet. Daher haben wir uns als Konzern mit dem Launch unseres ESG-Fahrplans im März 2021 neben ambitionierten Umweltzielen auch Ziele in den Bereichen Soziales und Governance gesetzt. Im sozialen Bereich ist es unser Ziel, „bester Arbeitgeber für alle“ zu sein. Im Bereich Governance wollen wir das vertrauenswürdigste Unternehmen in der Logistik sein, so z.B. indem wir in den mehr als 220 Ländern und Territorien, in denen wir tätig sind, Compliance noch mehr zu einem zentralen Thema machen.

Welchen Stellenwert haben Klimaneutralität und Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen? Welche Maßnahmen haben Sie bereits umgesetzt?

Nachhaltigkeit ist schon lange ein fester Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Wir haben bereits seit 2008 CO2-Reduktionsziele und uns 2017 als weltweit erstes Logistikunternehmen das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null zu reduzieren. In Anbetracht unseres wachsenden Geschäfts ist dies natürlich ambitioniert.
Mit den neuen Umwelt-Zwischenzielen wollen wir bis 2030 unsere logistikbezogenen Emissionen basierend auf der Well-to-Wheel (WtW)-Messlogik und im Einklang mit der „Science Based Target initiative” (SBTi) auf 29 Millionen Tonnen (Scope 1, 2 und 3) reduzieren. Dabei sollen in die Berechnungen der Scope 3-Emissionen auch alle Emissionen von der Herstellung bis zur Bereitstellung der Energie für den Transportbereich einbezogen werden. Das sogenannte Offsetting, also die Kompensation unserer Emissionen irgendwo durch Zertifikate für Projekte anderer, spielt bei der Berechnung übrigens bewusst keine Rolle.

Für die Erreichung der Zwischenziele bis 2030 hat der Konzern ein Bündel von Maßnahmen in Höhe von bis zu 7 Milliarden Euro verabschiedet, mit dem primär die Nutzung nachhaltiger Technologien und Kraftstoffe in unseren Flotten und Gebäuden ausgebaut werden soll. In dem Zusammenhang haben wir bereits im letzten Jahr verkündet, als erstes Unternehmen der Welt zwölf Elektrofrachtflugzeuge des Typs „Alice” zu bestellen, und erst kürzlich sind wir eine wegweisende Kooperation mit bp und Neste über die Lieferung von über 800 Millionen Liter nachhaltiger Flugzeugkraftstoffe eingegangen.

Was waren die größten Herausforderungen? Welche Fehler sollte man vermeiden?

Herausfordernd ist und bleibt die Verfügbarkeit von alternativen Technologien. Wir wollten beispielsweise schon vor vielen Jahren damit beginnen, unsere Zustellung auf der letzten Meile zu dekarbonisieren. Also haben wir uns den Markt angeschaut und mit den großen Autoherstellern über elektrische Zustellfahrzeuge gesprochen. Damals gab es jedoch keine Optionen, weil es nicht genug Nachfrage am Markt gab. Schließlich begannen wir selbst unsere eigenen elektrischen Lieferfahrzeuge zu bauen. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir kein Automobilhersteller mehr sein müssen, denn alle großen Produzenten haben erkannt, dass es einen Markt dafür gibt. Wir können jetzt elektrische Lieferfahrzeuge extern kaufen, was wirtschaftlich sinnvoller ist.
Unsere größte Herausforderung bleibt der Flugverkehr, der zwei Drittel unseres CO2-Fußabdrucks ausmacht. Noch gibt es keine technologische Lösung für alternative Langstreckenflugzeuge, daher fokussieren wir uns aktuell auf Investitionen in nachhaltige Flugzeugkraftstoffe, um unsere Emissionen im Luftverkehr zu reduzieren.

Wie sensibilisieren Sie Kunden und Partner für das Thema?

Natürlich muss man immer wieder gute Argumente bringen und erläutern, warum grüne Lösungen aktuell oftmals noch teurer sind oder mit längeren Versandzeiten einhergehen. Primär sehen wir jedoch, dass die Nachfrage nach grünen Alternativen immer größer wird. Daher haben wir uns auch dazu verpflichtet, für alle Kernprodukte und -dienstleistungen grüne Alternativen zu entwickeln. Als der weltweit führende Logistikdienstleister mit einer starken Beteiligung an der gesamten logistischen Wertschöpfungskette wollen wir mit unserem Engagement für umweltfreundliche Produkte einen echten Wandel für die gesamte Logistikbranche vorantreiben. Beispielsweise können unsere Kunden dank unseren neuen GoGreen Plus-Produkte jetzt ihre Seetransporte durch Insetting dekarbonisieren, indem sie sich bei ihren Sendungen für Sustainable Marine Fuels (SMF) entscheiden.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Transport und Logistik

 

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