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Investitionen in Zeiten des Krieges

Nachdem der erste Schock über den Ausbruch des Krieges überwunden war, begannen die Menschen, sich Gedanken über den Wiederaufbau des Landes zu machen. Die Kriegshandlungen in der Ukraine dauern noch an, aber in der ganzen Welt wird bereits aktiv über Investitionen diskutiert. Aber lassen sich die Begriffe „Investition“ und „Krieg“ miteinander vereinbaren? Die Teilnehmer des Kiewer Investitionsforums, das am 28. November in Brüssel stattfand, bejahten diese Frage.

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Advantage Ukraine

Ungeachtet des Krieges bleibt die Ukraine ein attraktiver Markt für ausländische Investoren. Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, gingen bei der Plattform Advantage Ukraine, die vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei der Eröffnung der New Yorker Börse am 6. September vorgestellt wurde, innerhalb eines Monats (Stand: Anfang Oktober) mehr als 250 Anträge für künftige Investitionen im Land ein. Im Dezember hat sich die Zahl der Angebote verdoppelt.

In den drei Monaten, in denen die Investitionsplattform Advantage Ukraine in Betrieb ist, gingen mehr als 500 Anfragen zu Investitionsmöglichkeiten in der Ukraine sowie zu Projektvorschlägen und Handelskooperationen ein“ – berichtete der Pressedienst des Wirtschaftsministeriums der Ukraine.

Das Ministerium wies darauf hin, dass mehr als hundert Anfragen von strategischen und Portfolio-Investoren aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, Belgien, Dänemark und Korea eingegangen seien.

Nach dem Sieg der Ukraine wird unser Land zu den besten der Welt gehören, was die Möglichkeiten für Investoren angeht“ – sagte der stellvertretende ukrainische Wirtschaftsminister Oleksandr Hryban auf dem Ukrainischen Infrastrukturforum in London, berichtet das Regierungsportal. – Wir tun aktuell alles, um sicherzustellen, dass der Prozess der Investitionen in den Wiederaufbau der Ukraine bereits jetzt beginnt, ohne auf das Ende des Krieges zu warten…. Wir sind zuversichtlich, dass ein massiver Zustrom ausländischer Direktinvestitionen unvermeidlich ist. Darüber hinaus sehen wir große Chancen in der Mobilisierung der Ressourcen von Exportkreditagenturen, auch zur Absicherung von Kreditrisiken bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten.“

Infrastruktur- und Logistikprojekte gehören zu den zehn attraktivsten Bereichen für Investitionen.

Warum in die Infrastruktur und Logistik der Ukraine investieren?

Folgende Informationen wurden auf der Investitionsplattform Advantage Ukraine veröffentlicht:

Die geografische Lage der Ukraine macht das Land zu einem wichtigen Transitkorridor für den Handel. Die Logistik ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige, mit einem ausgedehnten Schienen- und Straßennetz, See- und Binnenhäfen sowie Flughäfen.“

Außerdem sind die Verkehrsknotenpunkte der Ukraine für alle Verkehrsträger zugänglich. Gleichzeitig wird der Großteil des Güterverkehrs auf der Straße abgewickelt. Im Schienenverkehr werden die meisten Tonnen pro Kilometer befördert. Der Löwenanteil der Ausfuhren entfällt auf die Häfen – 70 Prozent der Exporte laufen über sie.

Wer heute in den Wiederaufbau der Ukraine investiert, investiert in ein Land, das in Zukunft Mitglied der EU sein wird, das Teil unseres Rechtsraumes und unseres Binnenmarktes sein wird“ – erläuterte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz den Investoren die Notwendigkeit, in den Wiederaufbau der Ukraine zu investieren.

Positive Entwicklungen, die das Geschäftsklima in der Ukraine verbessert haben:

  • Verleihung des Status eines EU-Beitrittskandidaten an die Ukraine;
  • Abschaffung der Zölle und Kontingente für ukrainische Ausfuhren;
  • „visumfreier“ Güterverkehr
  • Aufnahme der ukrainischen Logistikrouten in die indikativen Karten des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V).

Negative Faktoren, die das Investitionsklima beeinflussen:

  • russische Aggression gegen die Ukraine in großem Maßstab;
  • Angriffe auf das ukrainische Energiesystem;
  • Korruption.

Diese Investitionen stehen am Schnittpunkt dreier Krisen: der Klimakrise, der Energiekrise und der durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine verursachten Krise“ – erklärte Eugene Murtagh, CEO der Kingspan Group, gegenüber dem Portal epravda.

Es gibt jedoch auch eine Reihe von Nachteilen: Herausforderungen für die Ermittlungsbehörden und das Justizsystem, sehr bürokratische Genehmigungsverfahren, systemische Korruption und die traditionelle Schließung bestimmter Branchen für ausländische Investitionen gab es bereits zuvor. Nach dem 24. Februar kamen das militärische Risiko und die damit verbundene Möglichkeit der Zerstörung oder Beschlagnahmung von Eigentum, beschädigte Infrastruktur, logistische Schwierigkeiten, höhere Gewalt bei den Zahlungen sowie die Unmöglichkeit, ausländische Kredite und Versicherungen zu erhalten, hinzu.

Attraktivitätsindex der Investitionen

Der Beginn eines allgemeinen Krieges in der Ukraine senkte in der erste Jahreshälfte den Index der Attraktivität von Investitionen in der Ukraine um einen halben Punkt – auf 2,17 Punkte. Die zweite Hälfte des Jahres 2022 brachte eine gewisse Erholung auf 2,48 Punkte, was dem Niveau von 2020 entspricht, als die Covid-19-Pandemie in ihre aktive Phase eintrat – berichtet der Pressedienst der European Business Association (ESB).

Die Bewertung der aktuellen Lage des Investitionsklimas ist nach wie vor die niedrigste von allen Komponenten des Index. Die Hälfte der Topmanager schätzt das Investitionsklima als eher ungünstig ein. In den vergangenen sechs Monaten ist die Zahl der Befragten, die das Investitionsklima als äußerst ungünstig einschätzen, leicht zurückgegangen – von 53 Prozent auf 37 Prozent. 8 Prozent schätzen diesen Faktor neutral ein, weitere 5 Prozent sehen ihn positiv“ – stellt das ESB fest.

Die European Business Association unterstreicht, dass sich die Dynamik des Investitionsklimas in den letzten sechs Monaten im Vergleich zum vorangegangenen Zeitraum etwas abgeschwächt hat. Obwohl 45 % der befragten Topmanager auf eine negative Dynamik hinwiesen, waren 33 % der Meinung, dass sie keine wesentlichen Veränderungen des Geschäftsklimas bemerkt haben. 22 % stellten eine Verbesserung fest.

In den Prognosen für 2023 gehen 32 Prozent der Topmanager davon aus, dass sich die Situation in der ersten Jahreshälfte weiter verschlechtern wird, während 46 Prozent erwarten, dass sich das Investitionsklima nicht wesentlich ändern wird. Rund 22 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass sich die Situation verbessert.

99 Prozent der Unternehmen der European Business Association planen, trotz des Krieges im Jahr 2023 weiterhin auf dem ukrainischen Markt tätig zu sein, und 63 Prozent werden sogar während des Krieges in der Ukraine investieren. Nur 17 Prozent gaben an, dass neue Investoren von einem Engagement in der Ukraine profitieren würden.

Wir sehen eine gewisse Abschwächung der negativen Einschätzungen des Investitionsklimas, die sich vor allem aufgrund optimistischerer Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate verbessern“ – kommentiert Anna Derevyanko, Geschäftsführerin des ESB, die Umfrageergebnisse. „Obwohl die Situation nach wie vor äußerst schwierig ist, haben die meisten Unternehmen einen gewissen Gleichgewichtszustand erreicht, der zumindest die Kontinuität der Arbeit und im besten Fall Rentabilität und Wachstum gewährleistet. Der Grad der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit unserer Tätigkeit ist ungewöhnlich hoch, ebenso wie die Widerstandsfähigkeit und Loyalität gegenüber der Ukraine“.

„Rebuild Ukraine”

Prognosen zufolge wird der Anteil der Investitionsfinanzierung im Jahre 2023 steigen. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) plant, mehr als 1,5 Milliarden Euro in Projekte in der Ukraine zu investieren – zitiert Interfax-Ukraine Herrn Matteo Patrone, Geschäftsführer der EBWE in Osteuropa und im Kaukasus.

Gedanken über den Wiederaufbau der Ukraine macht man sich bereits in verschiedenen Ländern. Am 24. Oktober 2022 wurde das Thema des Wiederaufbaus der Ukraine auch auf dem 5. Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin angesprochen. Wie wichtig das Problem ist, zeigt die Teilnahme der Regierungschefs und Minister beider Länder sowie zahlreicher Leiter von Ministerien und Unternehmen. Während des Krieges fand eine solche Veranstaltung in Deutschland zum ersten Mal statt. Auf dem 5. Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum kündigte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz den Beginn einer deutsch-ukrainischen Wirtschaftspartnerschaft an.

Putins Krieg hat uns geeint“ – sagte Olaf Scholz und fügte hinzu: „Derzeit sind rund zweitausend deutsche Unternehmen auf dem ukrainischen Markt tätig. Einige von ihnen entwickeln ihre dortige Geschäftstätigkeit sogar während des Krieges“.

Langfristig betrachtet die deutsche Regierung die Ukraine als einen „Premium-Handelspartner Deutschlands“ – sagte Robert Habeck, Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland. Er ist der Ansicht, dass die Ukraine, sofern die Reformen erfolgreich umgesetzt werden, Russland in vielen Bereichen erfolgreich ersetzen könnte. Darüber hinaus stehen den deutschen Unternehmen, die trotz des Krieges in die ukrainische Wirtschaft investieren wollen, die üblichen staatlichen Instrumente zur Exportförderung, Investitionsversicherung und der Gewährung von Bürgschaften weiterhin zur Verfügung.

Deutsche Bahn und Ukrsalisnyzja

Die Zusammenarbeit zwischen DB und UZ begann lange vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine, als die beiden Unternehmen gemeinsam an der Modernisierung und Reform des ukrainischen Eisenbahnsystems arbeiteten.

Aktuell hilft die Deutsche Bahn beim Wiederaufbau der ukrainischen Eisenbahnen, unterstützt und kooperiert im internationalen Güterverkehr, hilft bei der Erhöhung der Kapazitäten der Terminals und bietet Beratungsleistungen für die Umsetzung europäischer Eisenbahnmanagementstandards an, wozu die Chefs beider Unternehmen ein Memorandum unterzeichneten. Dieser Vertrag hat die Zusammenarbeit zwischen DB und UZ auf eine neue Ebene gehoben.

Im Rahmen des Memorandums haben sich DB und UZ auf drei Hauptrichtungen geeinigt, auf die sich ihre Aktivitäten konzentrieren wollen.

  1. Europäische Integration. Die ukrainischen Rechtsvorschriften müssen mit den europäischen Standards in Einklang gebracht werden.
  2. Wiederaufbau der Eisenbahninfrastruktur. Um zu gewährleisten, dass Projekte weiterhin aus EU- oder internationalen Treuhandfonds finanziert werden können, müssen Großprojekte überprüft und nach Prioritäten geordnet werden. Zudem müssen diese Projekte im Einklang mit den EU-Standards errichtet werden.
  3. Verbesserung der Koordinierung im Bereich des Güterverkehrs. Notwendig ist die Schaffung stabilerer Korridore zu den europäischen Seehäfen und den Logistikknotenpunkten in der EU.

Außerdem wird an der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens gearbeitet, das Güterzüge organisieren soll, die regelmäßig von der ukrainischen Grenze zu bestimmten deutschen Häfen oder Logistikknotenpunkten kursieren könnten. Laut Wolodymyr Schemaev, stellvertretender Direktor der Abteilung für Investitionstätigkeiten der UZ, würde das Joint Venture eine genauere Planung sowie die Einrichtung spezieller Routen ermöglichen, was die Standzeiten an den Grenzübergängen minimieren könnte. Die ausländischen Partner würden einen Frachtstrom von Millionen Tonnen erhalten, den sie bisher nicht bedienen konnten.

Die Gründung eines Joint Ventures ist keine neue Idee. Zuvor wurde ein ähnlicher Vorschlag in Bezug auf die Polnischen Staatsbahnen PKP gemacht. Die deutschen Kollegen untersuchen die Angelegenheit aktuell unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung des Kartellrechts durch das potenzielle Joint Venture und der wirtschaftlichen Aspekte der Unternehmung“ – sagte Wolodymyr Schemaev, stellvertretender Direktor der Abteilung für Investitionsaktivitäten der UZ, in einem Interview mit CTS.

Die Deutsche Bahn prüft derzeit die Möglichkeit, ukrainische Getreidewagen auf bereitgestellten 1435-mm-Drehgestellen im EU-Schienennetz einzusetzen.

Die DB arbeitet derzeit an einem Beratungsprojekt, das die Frage beantworten soll, welche Länder ukrainische Getreidewagen auf umgebauten 1435-mm-Drehgestellen auf ihrem Schienennetz zulassen können“ – betonte der Vertreter der UZ.

Wolodymyr Schemaev erklärte, dass die Deutsche Bahn derzeit im Auftrag von Ukrsalisnyzja eine Untersuchung unter den Betreibern der Eisenbahninfrastruktur durchführt. Die Beamten erwarten, dass die Ergebnisse in Kürze bekanntgegeben werden.

Aktuell konzentriert sich die Zusammenarbeit auf den Ausbau und die Modernisierung der Güterverkehrskorridore für den Umschlag zwischen den Breit- und Normalspur.

Bei einem Treffen der Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (GEB) im Juli in Wien sagten die Eisenbahnunternehmen Soforthilfe zu und forderten ausreichende Mittel für den Wiederaufbauplan der Ukraine“ – wurde bei Ukrsalisnyzja berichtet.

Der Beamte betonte, dass man sich darauf geeinigt habe, in den nächsten zwei Monaten einen Arbeitsplan bis mindestens Ende 2023 zu erstellen und eine gemeinsame Gruppe zu den genannten drei Entwicklungsrichtungen zu bilden.

Koordinationszentrum

Ein Zentrum zur Koordinierung der internationalen Anstrengungen zum Wiederaufbau des vom Krieg verwüsteten Landes wird demnächst in Kiew eingerichtet. Auf dem 5. Deutsch-UkrainischenWirtschaftsforum wurde der künftige Leiter der Agentur für den Wiederaufbau der Ukraine vorgestellt. Es ist Oleksandr Rodnianskij junior, Professor an der Universität Cambridge, Wirtschaftswissenschaftler und Berater des Präsidenten der Ukraine.

Das Format, nach dem die Organisation arbeiten wird, ist noch nicht klar. Beide Optionen – ein Fonds mit eigenen Mitteln oder eine Agentur nach dem Vorbild der in Indonesien nach dem Tsunami von 2004 eingerichteten Agentur – haben sowohl Vor- als auch Nachteile.

Wann und wie?

Der Krieg in der Ukraine hat nicht nur regionale, sondern auch globale Auswirkungen“ – betonte die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. „Der Krieg zerstörte die »Friedensdividende«, die wir drei Jahrzehnte lang genossen hatten“.

„Es ist nicht Russland, das die Ukraine bekämpft. Dies ist ein Kampf der Tyrannei gegen die Demokratie“ – sagte Sergiy Tsivkach, Generaldirektor von UkraineInvest, auf der Konferenz „Unterstützung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus der Ukraine: Finanzinstrumente aus Polen und Europa“ in Kiew. „Die demokratischen Länder vereinigen sich, um der Ukraine zu helfen“.

Auf die Frage, ob Interesse an Investitionen in der Ukraine bestehe, antwortete Victor Hartwall, der Vorstandsvorsitzende von K. Hartwall Invest Oy Ab, Eigentümer des Leopolis Hotel Lwiw [Lemberg]:

Das Interesse ist sicherlich vorhanden, aber es gibt auch Fragen über das »Wann und wie?« und »Welche Art von Investition?«. Das heißt, dass die Investoren ihre Pläne wahrscheinlich schrittweise umsetzen werden, indem sie zunächst in die Anfangsphase der Projekte oder Unternehmungen investieren und dann, wenn der Krieg vorbei ist, diese Investitionen vertiefen. Es gibt also Interesse, aber auch gewisse Bedenken“.

 

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