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Nutzfahrzeugindustrie in Europa: 2025 droht weiteres Krisenjahr

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Nach einem bereits herausfordernden Jahr 2024 steht die Nutzfahrzeugindustrie in Europa vor einem noch schwierigeren Jahr. Während der Absatz mittelschwerer und schwerer LKW 2023 durch regulatorische Impulse – insbesondere die Einführung intelligenter Fahrtenschreiber der zweiten Generation – einen historischen Höchststand erreichte, deuten aktuelle Prognosen auf eine deutliche Abkühlung hin.

Laut dem aktuellen Marktbericht von S&P Global Mobility ist für das Jahr 2025 mit einem der stärksten Rückgänge der Zulassungszahlen auf den westlichen Märkten zu rechnen.

Die Analysten erwarten, dass die Zulassungen in Westeuropa um 4,2 Prozent auf rund 290.000 Fahrzeuge sinken werden. Hauptursachen seien regulatorische Vorgaben, schwaches Wirtschaftswachstum, rückläufige Auftragsbestände sowie eine zunehmende politische Unsicherheit in Schlüsselländern wie Deutschland und Frankreich.

Unsicherheit durch Politik und Konjunktur

S&P verweist auf das niedrige reale BIP-Wachstum in der Region und warnt vor zusätzlichen Investitionshemmnissen durch US-Zölle. Auch geopolitische Spannungen und ungelöste Krisen an den EU-Außengrenzen belasten das Marktumfeld.

Ein weiterer Faktor ist die fortschreitende Regulierung auf EU-Ebene: Neue Vorgaben zu CO₂-Emissionen und Sicherheitsstandards setzen Hersteller unter Druck. Zudem steht mit der Einführung der Euro-7-Abgasnorm ab 2028 (für neue Modelle) und 2029 (für alle neu zugelassenen Fahrzeuge) – eine weitere große Umstellung bevor.

Alternde Flotten stützen die Nachfrage – vorerst

Ein Lichtblick: Die alternden LKW-Flotten in vielen EU-Ländern könnten mittelfristig für stabile Nachfrage sorgen – insbesondere vor dem Hintergrund wachsender Anforderungen an Umwelt- und Sicherheitsstandards.

Zugleich warnt S&P vor kurzfristigen Marktschwankungen: Mit dem nahenden Inkrafttreten neuer Vorschriften sei erneut mit einem kurzfristigen Zulassungsschub zu rechnen, der die Absatzplanung erschwert und zu unregelmäßigen Marktbewegungen führen dürfte.

Im Gegensatz dazu werden die Meilensteine des Programms ‘Fit for 55’ (für 2030, 2035 und 2040) einen allmählichen Übergang zu emissionsarmen Fahrzeugen erzwingen, wobei hohe Strafen drohen. Kurz vor dem Inkrafttreten der nächsten Vorschriften ist mit einem vorübergehenden Anstieg der Zulassungen zu rechnen, was die Saisonalität stören und die Absatzplanung erschweren wird“ – heißt es in dem Bericht von S&P Global Mobility.

China bleibt außen vor – noch

Während chinesische Hersteller auf dem PKW-Markt zunehmend Marktanteile gewinnen, bleibt ihr Einfluss im Segment der schweren Nutzfahrzeuge marginal. Laut S&P entfielen im November 2024 rund 97 Prozent der Verkäufe von Fahrzeugen über 15 Tonnen (Klasse 8) auf die sieben führenden europäischen Hersteller. Der Marktanteil chinesischer Marken lag in dieser Klasse bei lediglich 0,02 Prozent.

Im mittleren Segment (6–15 Tonnen) konnten chinesische Anbieter mit 0,3 Prozent leicht höhere Anteile erzielen. Grundsätzlich aber bleibt der Markteintritt schwierig – nicht zuletzt wegen der hohen Kundentreue gegenüber etablierten Marken und einer Infrastruktur, die für alternative Antriebe bislang unzureichend ausgebaut ist.

Lediglich im Segment der mittleren LKW zwischen 6 und 12 Tonnen sehen die Analysten von S&P mittelfristig etwas Potenzial für neue Akteure: Geringere Markenbindung und regional begrenzte Einsatzbereiche könnten die Einführung neuer Technologien erleichtern und innovativen Herstellern den Marktzugang ebnen.

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