Während der diesjährigen Nuztfahrzeugmesse, der IAA Transportation, konnte man bemerken, dass der Wettbewerb auf dem europäischen LKW-Markt sich zuspitzt. Mehrere chinesische Nutzfahrzeughersteller präsentierten ihre batterieelektrischen und wasserstoffbetriebenen Modelle in Hannover. In derselben Halle konnte man sowohl den Fernstreckenstromer eActros600 von Daimler, als auch die Laster der in China führenden LKW-Hersteller Shaanxi Automobile Holding Group und Sinotruk besichtigen und vergleichen.
Auffälliges Design und rekordverdächtige Leistung
Imposant war auf der IAA Transportation der Stand der Shandong Heavy Industry Group, zu der der große chinesische LKW-Hersteller Sinotruk gehört. Der Messeauftritt der Chinesen mit mehreren Fahrzeuge von Sinotruk, Sitrak und Shacmoto stellte den Daimler-Stand nebenan in puncto Anzahl der Modelle in den Schatten.
Der futuristische, aerodynamische LKW Yellow River X7 von Sinotruk zog die Aufmerksamkeit auf sich. Sowohl die Zugmaschine als auch der Anhänger sind nicht rechteckig, sondern eher in Form eines Tropfens gestaltet. Dadurch ist der Luftwiderstandsbeiwert mit 0,286 um bis zu 40 Prozent niedriger als bei vergleichbar großen Lastkraftwagen. Dies führt zu einer Energieeinsparung von bis zu 10 Prozent.
Das auf der Messe gezeigte wasserstoffbetriebene Modell verfügt über 530 PS und 2.700 Nm Drehmoment und hat eine Reichweite von über 800 Kilometern.
Auf der Messe wurde ein Modell mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor vorgestellt, obwohl es das Fahrzeug auch in anderen Versionen von konventionellem bis zu elektrischem Antrieb gibt. Übrigens hat die Dieselversion des LKW vor kurzem einen Guinness-Weltrekord für das Fahren mit einer einzigen Tankfüllung aufgestellt – stolze 4.871 Kilometer.
Sitrak mit zwei Antreibsarten
Neben dem Yellow River stellte Sinotruk auch zwei Sitrak-Fahrzeuge vor – ein batterieelektrisches Fahrzeug und ein Brennstoffzellenfahrzeug. Der Sitrak HD EV mit einer 600 kWh-Batterie, 825 kW Motorleistung und 75.000 Nm maximalem Drehmoment bietet eine Reichweite von bis zu 450 Kilometern. Die Batterie kann zudem in nur 20 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen werden.
Die FCEV-Modellversion verfügt über ein 300 kW Sitrak-Brennstoffzellen-Kit, ein 100 kWh-Batteriepaket, das einen 4 x 275 kW-Motor antreibt. Die Reichweite dieses Fahrzeugs übertrifft die seines elektrischen Zwillings mit 1.250 Kilometern bei weitem. An Bord befinden sich acht Wasserstofftanks mit je 350 Litern bei 70 MPa.
Nicht mehr nur Busse
Sinotruk war nicht das einzige Unternehmen, das auf Fahrzeuge setzte, die optisch direkt aus der Zukunft kommen. Auch King Long, bisher als Bushersteller bekannt, präsentierte einen höchst futuristischen LKW. Obwohl Busse den größten Teil des Portfolios des Unternehmens ausmachen, wurde in Hannover auch der Merry Haul, eine Brennstoffzellen-Elektrozugmaschine, ausgestellt. Die 180 kW/220 kW starken Wasserstoff-Brennstoffzellen treiben eine 50 kWh-Lithium-Mangan-Batterie an. Der LKW verfügt über zwei Motoren mit je 265 kW. Das Fahrzeug hat eine Reichweite von mehr als 1.000 Kilometer.
SuperPanther Steyr
Das Technologieunternehmen SuperPanther Power Technology, das sich auf schwere E-LKW spezialisiert hat, wurde Anfang 2022 von Chao Liu gegründet. Im August 2024 schaffte das Unternehmen auf die Liste „Forbes Asia 100 To Watch 2024“, die jährlich Unternehmen in Asien auszeichnet, die sich durch ein starkes Wachstumspotenzial und innovative Ansätze auszeichnen.
SuperPanther wurde für vier seiner entwickelten Kerntechnologien auf der IAA mit dem Titel „World Innovation“-Preis ausgezeichnet:
- Intelligente Energiemanagementsystem (IEM)
- eAxle-System mit dezentraler, bedarfsgesteuerter Leistungsabgabe
- integrierte Hochspannungsdomänensteuerung 876V
- Ultra-Niedrigtemperatur-Wärmemanagementsystem (TMS)
Das Highlight während der Messe, war das eigenentwickelte Antriebssystem “eAxle-System”, bei dem der Motor tief in die Antriebsachse integriert ist, was nach Eigenangaben “signifikante Effizienzsteigerungen bei der Kraftübertragung und der dynamischen Steuerung” ermöglicht.
E-Trucks für Europa
Basierend auf der „Enabler“-Strategie von SuperPanther hat das Technologieunternehmen mit Steyr, einem Unternehmen mit langjähriger Erfahrung in der Produktion von Lastkraftwagen, zusammengearbeitet, um gemeinsam eine neue Serie von E-LKW für den europäischen Markt zu entwickeln.
Der Langstreckenstromer eTopas600, der mit einer Ladung eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern ermöglicht, wurde während der Messe ausgestellt und soll laut Eigenangaben bis Ende 2025 bei Steyr Automotive in Serie gehen.
Sowohl die eTopas- als auch die eEmerald-Serie basieren auf einer Elektrifizierungsplattform der nächsten Generation mit einem 876-V-Spannungssystem. In Verbindung mit dem MCS-Standard erreicht die 600er-Serie eine maximale Ladeleistung von 660 kW und ermöglicht eine Aufladung von 20 Prozent auf 80 Prozent in nur 38 Minuten.
Technische Daten – eTopas600:
Leistung eines einzelnen Motors: | (max./cont.) 346/197 kW |
Anzahl der Motoren: | 2 |
Batterien: LFP | |
Installierte Batteriekapazität: 621 kWh | |
Reichweite: bis zu 500 km | |
Ladeschnittstelle: CCS2 (2xCCS2, Option MCS) | |
Ladeleistung: max. 400 kW (660 kW mit 2xCCS2) | |
Ladezeit: (20-80%) ~ 58 min (38 min mit 2xCCS2) |
Shacmoto X6000
Die Shaanxi Automobile Holding Group wurde 1968 als Shaanxi Automobile Manufacturing in China gegründet, zu der die Tochter Shaanxi Heavy Duty Automobile Import & Export Co., Ltd. gehört. Das Vertriebs- und Servicenetz von Die SHACMOTO-Schwerlastkraftwagen erstreckt sich über Afrika, den Nahen Osten, Südostasien, Mittel- und Südamerika sowie Osteuropa und die GUS.
Während der Messe wurde ein Diesel-LKW für den Fernverkehr Shacmoto X6000 Extreme Power Edition und der X5000 mit LNG Antrieb ausgestellt.
Technische Daten – X6000 Extreme Power Edition:
Motor: | WP17H840E68 – Diesel |
PS-Leistung: | 840 |
Emission Standard: | EURO VI |
Getriebe: | 16-Gang-Getriebe |
Frontachse: | 7,3 Tonnen |
Hinterachse: | 13 Tonnen |
Fahrgestell (mm): | (970-870) x 270 (8+5) |
Konkurrenz für Daimler und Co.?
Die chinesischen LKW-Hersteller wollen auf den europäischen Markt vordrängen. Laut einem Daimler Truck Mitarbeiter, müssen die LKW aus China ernst genommen werden.
Ich denke, wir müssen uns da überhaupt nicht verstecken, aber ernst nehmen müssen wir die Konkurrenz [ Anm. d. Red.: Chinesen] schon. Wir haben ein tolles Produkt [Anm. d. Red.: eActros 600], wir haben gute Produkte und ein super Servicenetz. Also sehr fahrlässig wäre es, wenn man das jetzt auf die leichte Schulter nimmt. Insofern muss man sie beobachten“.
Laut des chinesischen Batterieherstellers CATL, wird der Einstieg auf den EU-Markt keine leichte Sache sein.
Die lokalen Hersteller sind sehr aktiv in der Elektrifizierung und fördern diese neue Technologie“, erklärte Akin Li, verantwortlich für das Auslandsgeschäft bei CATL, gegenüber Reuters.
Und um sich langfristig durchzusetzen, müsse man nicht nur technologisch überzeugen, sondern auch die wichtigen Flottenkunden gewinnen, ergänzte Li.
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Mitarbeit: Michał Pakulniewicz