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Strategische Planung der Ladeinfrastruktur: Der Schlüssel zur Transformation des Elektrotransports

Vor dem Hintergrund ehrgeiziger Nachhaltigkeitsziele steigt das Interesse an Elektromobilität im Transportsektor. Doch während fast alle großen Hersteller batterieelektrische Serienmodelle auf den Markt bringen, steht der Aufbau einer entsprechenden Ladeinfrastruktur noch vor großen Herausforderungen. Um die Ladeinfrastruktur effektiv zu gestalten und eine bedarfsgerechte Planung zu ermöglichen, müssen spezifische Anforderungen und Daten berücksichtigt werden.

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Dafür gibt es bereits verschiedene gute Ansätze. Im Juni hat die NOW GmbH den Plan für 350 LKW-Schnellladesäulen vorgestellt. Die Nachfragemodellierung zur Ermittlung idealer Ladestandorte basiert auf aktuellen Daten zum Nutzfahrzeugverkehr und Markthochlaufzahlen aus Gesprächen mit den Fahrzeugherstellern. Was die bedarfsgerechte Planung jedoch erschwert, ist, dass diese aktuellen Daten überwiegend aus dem Dieselbetrieb stammen. Für eine optimale Auslastung der Ladeinfrastruktur muss diese jedoch auf Basis der Bedürfnisse und Fahrprofile von Elektrofahrzeugen geplant werden, die sich stark unterscheiden.

Datenbasierte Planung für die Routen von morgen

Der erste Schritt ist es also, zunächst die Unterschiede im elektrischen Betrieb zu verstehen. Neben Faktoren wie Lieferfenstern, Schichtlängen und Fahrerruhezeiten müssen hier weitere Gesichtspunkte wie die Reichweite der elektrischen LKW, Nutzlastbeschränkungen durch schwerere Batterien, Ladestandorte und -zeiten oder Netzbeschränkungen berücksichtigt werden. All das in Einklang zu bringen, ist nur mit einem digitalen System und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) möglich. Dazu ist eine umfassende Sammlung und Analyse von Daten nötig – sowohl Betriebsdaten als auch Daten aus den Fahrzeugen, dem Fahrverhalten und den Ladestationen selbst.

Eine der größten Herausforderungen besteht in der Reichweite und den Ladezeiten der Elektro-LKW. Sie beeinflussen die gesamte Logistikplanung und erfordern eine präzise und dynamische Routenoptimierung. Die Reichweite hängt stark von verschiedenen Faktoren wie Beladung, Fahrverhalten und Wetterbedingungen ab. Im Gegensatz zu Diesel-LKW, die schnell an jeder Tankstelle auftanken können, benötigen Elektro-LKW längere und häufigere Ladezeiten, was die Planung komplexer macht. KI-gestützte Systeme können diese Variablen in Echtzeit überwachen und entsprechende Anpassungen vornehmen. Beispielsweise können sie voraussagen, wann und wo ein Fahrzeug geladen werden muss, basierend auf der aktuellen Batterieentladung und den Fahrbedingungen. Das hilft, unerwartete Ausfälle zu vermeiden und die Betriebszeiten zu maximieren. Solche Modelle, die mit Daten aus dem elektrischen Betrieb trainiert werden, können aber auch genutzt werden, um vorherzusagen, wo E-LKW zukünftig geladen werden müssen. So kann Ladeinfrastruktur bedarfsorientiert geplant werden.

Ein weiterer Aspekt ist die Synchronisation der Ladezeiten mit den gesetzlichen Ruhezeiten der Fahrer. Hier kommt KI ins Spiel, um optimale Lade- und Ruhezeiten zu planen. Das reduziert nicht nur die Standzeiten, sondern stellt auch sicher, dass die Fahrer ihre Pausen effizient nutzen. Für die Planung der Ladeinfrastruktur bedeutet das, dass Lademöglichkeiten innerhalb der Fahrzeiten erreichbar sein müssen und Fahrern Platz, Ruhe und Infrastruktur für ihre Pausen bieten.

Standortanforderungen: Mehr als nur Stromanschlüsse

Mithilfe digitaler Hilfsmittel wie KI und ML kann also festgestellt werden, wo Ladestationen zukünftig tatsächlich gebraucht werden. Darüber hinaus ist das lokale Stromnetz natürlich ein Faktor. Es muss sichergestellt werden, dass es die erhöhte Last bewältigen kann, indem beispielsweise Energiespeichersysteme zur Bewältigung von Nachfragespitzen eingebaut werden. Die Integration erneuerbarer Energiequellen, wie z. B. Solarzellen vor Ort, ist eine weitere Möglichkeit, einen Teil dieser Belastung zu verringern.

Im Idealfall befinden sich die Ladestationen außerdem getrennt von PKW-Bereichen wie Rastplätzen. Weil es derzeit keine spezifische LKW-Ladeinfrastruktur gibt, müssen Zugmaschine und Anhänger häufig getrennt werden, damit der Fahrer dann mit der Zugmaschine zur verfügbaren PKW-Ladestation fahren kann. Auf belebten Autobahnrastplätzen ist das ein enormes Sicherheitsrisiko.

Sind all diese Aspekte berücksichtigt und die idealen Standorte gefunden worden, stellt sich jedoch noch die Kostenfrage. Derzeit ist das Aufladen unterwegs wesentlich teurer als auf dem Firmengelände. Um die Preise für das Laden unterwegs zu senken, ist die Politik gefragt. An diesem Problem kann die Politik gemeinsam mit Unternehmen arbeiten, die die richtigen Daten zur Verfügung stellen können. Während die Politik dafür sorgen sollte, dass sich Subventionszahlungen auf die Preise für das Laden auswirken oder die Kosten für die Anbieter auf andere Weise gesenkt werden, z. B. durch die kostenlose Bereitstellung von Flächen, können Unternehmen mit wertvollen Daten und KI-basierten Analysen dabei helfen, die besten Standorte für die höchste Auslastung zu finden. Auf diese Weise lässt sich der größte Nutzen aus den Investitionen in die Ladeinfrastruktur ziehen.

Autor:
Robert Ziegler,
General Manager EMEA bei Einride*

*Einride ist ein schwedisches Technologieunternehmen mit Sitz in Stockholm, das ein Betriebssystem entwickelt hat, welches den Transport von Gütern mit elektrischen und autonomen Fahrzeugen ermöglicht.

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