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Schwieriger Jahresauftakt. Der Wirtschaftsaufschwung lässt auf sich warten

Diejenigen, die gehofft hatten, dass ein Wirtschaftsaufschwung im Jahr 2024 stattfinden wird, wurden schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der PMI-Index für den Euroraum steigt zwar, ist aber noch weit von guten Werten entfernt. Sowohl aus Deutschland als auch aus Polen gibt es keine guten Nachrichten.

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Der PMI-Index für die Industrie im Euroraum stieg im Januar dieses Jahres deutlich auf 46,6 Punkte an, gegenüber 44,4 Punkten im Dezember. Dies ist zwar das beste Ergebnis seit 10 Monaten, aber der Index der Eurozone liegt immer noch unter der neutralen Marke von 50 Punkten. Diese Situation besteht seit Juli 2022.

Die Teilindizes für die Produktion, die Auftragseingänge und die Käufe haben sich ebenfalls deutlich verbessert, obwohl sie immer noch unter der Marke liegen, die Wachstum bedeutet. Dennoch war der Rückgang der Produktionstätigkeit und der Auftragseingänge der schwächste seit April. In Bezug auf letztere ist der Rückgang der Exportaufträge, der schwächste seit April letzten Jahres, ebenfalls ein positives Zeichen.

Auch die jüngsten Zahlen zeigen bereits die Auswirkungen der Krise im Roten Meer. Zum ersten Mal seit einem Jahr haben sich die Lieferfristen wieder verlängert. Auf die Preise hat sich die Situation im Seeverkehr vorerst noch nicht ausgewirkt. Sowohl die Preise für Vorprodukte als auch die Preise für Fertigprodukte sind im Januar weiter gesunken. Laut S&P Global ist dies auf die Preisnachlässe zurückzuführen, die die Lieferanten von Vorprodukten den Herstellern aufgrund der geringen Marktnachfrage gewährten.

Januar war ein weiterer Monat, in dem in der Eurozone Arbeitsplätze abgebaut wurden. Dieser Trend setzt sich seit Juli letzten Jahres fort. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Beschäftigungsrückgang am schwächer ausfiel als in den letzten vier Monaten.

Die Beschaffungsaktivitäten der Hersteller sind weiterhin rückläufig, wenngleich nach einer Phase dynamischer Rückgänge in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu Beginn dieses Jahres eine Verlangsamung des negativen Trends zu beobachten ist. Die Unternehmen bauen die noch während der Pandemiezeit angehäuften Lagerbestände weiter ab – sie veräußern die Fertigprodukte schneller als die Vorprodukte.
Der Optimismus der Hersteller in der Eurozone für die nächsten 12 Monate ist auf dem höchsten Stand seit neun Monaten. Im Vergleich zu historischen Werten ist er jedoch immer noch nicht beeindruckend.


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Überraschender Spitzenreiter

Trotz der deutlichen Verbesserung des PMI-Index für die Eurozone knackte nur ein einziges Land die 50 Punkte-Marke: Griechenland erreichte im Januar dieses Jahres einen Indexwert von 54,7  – den besten Wert seit 21 Monaten. Jahre nach der denkwürdigen Wirtschaftskrise 2007-2008 und der Sparpolitik, die Griechenland von Deutschland und der EU aufgezwungen wurde,haben die Länder haben gewissermaßen die Rollen getauscht. Deutschland bildet aktuell mit 45,5 Punkten das Schlusslicht der Euro-Länder.

Neben Griechenland nähern sich nur noch Irland (49,5 Punkte) und Spanien (49,2 Punkte) der neutralen Marke. Knapp dahinter liegen die Niederlande (48,9 Punkte) und Italien (48,5 Punkte), die jeweils ihre besten Ergebnisse seit zwölf bzw. zehn Monaten verzeichnen. Besorgniserregend ist das bereits erwähnte schwache Abschneiden Deutschlands und Frankreichs (knapp 43,2 Punkte).

Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sich die jahrelange Rezession im Industriesektor der Eurozone im ersten Quartal dieses Jahres fortsetzen wird,  sagte Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburger Commercial Bank.

Die jüngsten Wirtschaftsdaten der Eurozone scheinen diese Befürchtungen zu bestätigen. Im Januar sank der Indikator der wirtschaftlichen Einschätzung (ESI) der Eurozone geringfügig auf 96,2 Punkte von 96,3 Punkten im Dezember 2023, so berichtete die Europäische Kommission.

Rückgänge in Deutschland auf Rekordniveau

Trotz Indizes in einigen Ländern der Eurozone auf einen Aufschwung der Industrie gibt die weiterhin schwache Lage des verarbeitenden Gewerbes in der größten europäischen Wirtschaft Anlass zur Sorge.

Obwohl der deutsche PMI-Index im Vergleich zum Dezember um 2,3 Punkte gestiegen ist und 45,5 Punkte erreicht hat (das beste Ergebnis seit 11 Monaten), ist das deutsche verarbeitende Gewerbe nach wie vor in einer schwachen Verfassung (bestes Ergebnis seit 11 Monaten), scheint das Ende der Rezession in Deutschland nicht in Sicht zu sein.

Zwar hat sich der Rückgang der Produktion, der Auftragseingänge und der Käufe (die sich auf dem besten Niveau seit dem letzten Frühjahr befanden) verlangsamt, doch gleichzeitig hat sich der Beschäftigungsabbau fortgesetzt. Das lässt auf wenig Lichtblicke in Zukunft hoffen. Unternehmen sind deutlich weniger optimistisch als im Dezember letzten Jahres.

Knapp 29 Prozent der Befragten erwarten in den nächsten 12 Monaten eine Verbesserung der Produktion, 26 Prozent rechnen mit einem Rückgang, Dr. Cyrus de la Rubia ist vorsichtig optimistisch.

Er weist darauf hin, dass sich der Rückgang der meisten Teilindizes in den letzen sechs Monaten deutlich verlangsamt hat.

Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass das Wachstum in den nächsten Monaten zurückkehren könnte, argumentiert er.

Obwohl die Auftragseingänge nun schon seit 22 Monaten rückläufig sind, was der längste Zeitraum seit Einführung der PMI-Indexmessungen im Jahr 1996 ist, sind die historischen Daten ermutigend. Der Teilindex der Auftragseingänge hat sich in den letzten fünf Monaten verbessert, und zwar sowohl bei Konsumgütern als auch bei Vorleistungen und Investitionsgütern. Historisch gesehen folgten auf eine solche Phase immer Phasen mit einem deutlichen Wachstum der Auftragseingänge. Dies war sowohl 1999 als auch 2009 der Fall.


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Prognosen der Bundesbank von Pessimismus gezeichnet

Auch die Bundesbank selbst bleibt wenig optimistisch, was die Möglichkeit einer baldigen wirtschaftlichen Erholung in Deutschland angeht. Die deutsche Zentralbank geht davon aus, dass sich die Abschwächung der hiesigen Wirtschaft auch im neuen Jahr fortsetzen wird.

Insgesamt könnte die Wirtschaftsleistung in Deutschland im ersten Quartal 2024 bestenfalls stagnieren, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht.

Zudem räumen die Experten der Notenbank ein, dass die Verfassung der deutschen Wirtschaft im Januar schwächer ausgefallen ist als in der Dezember-Projektion erwartet. In einer Mitte Dezember veröffentlichten Prognose ging  die Bundesbank davon aus, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland im Jahr 2024 0,4 Prozent erreichen wird. Für 2023 wurde ein Rückgang um 0,3 Prozent erwartet.
Erst im Jahr 2025 soll ein spürbares Wachstum eintreten.Dennoch sind ist das prognostizierte  Wachstum von 1, 2 Prozent im Jahr 2025 und von 1,3 Prozent im Jahr 2026 weit von den Erwartungen an die größte Volkswirtschaft der EU entfernt.

Handelspartner Polen schwächelt ebenfalls

Nach Angaben des Polnischen Wirtschaftsinstituts (PIE) hängen fast 10 Prozent des polnischen BIP vom Handel mit Deutschland ab. Nach Schätzungen des PIE machte die Nachfrage der deutschen Endverbraucher (private Haushalte, Unternehmen, Regierung und lokale Verwaltung) im Jahr 2020 6,6 Prozent des polnischen BIP aus. Weitere 2,4 Prozent entfielen auf den deutschen Export polnischer Wertschöpfung.

Auch aus Sicht des polnischen Transportgewerbes ist Deutschland ein äußerst wichtiger Markt. Auf Deutschland entfallen etwa 40 Prozent der Beförderungsleistung im polnischen grenzüberschreitenden Verkehr. Auf deutschen Straßen sind fast 20 Prozent der in Polen zugelassenen LKW unterwegs.
Wer nach den sehr optimistischen Werten im November letzten Jahres auf ein baldiges Ende der Konjunkturabschwächung hoffte, für den gab es  im Dezember ein böses Erwachen. Von 47,4 Punkten im Dezember fiel der PMI-Index für die polnische Industrie auf 47,1 Punkte. Dies ist der 21. Monat in Folge, in dem der Index unter der 50-Punkte-Marke liegt. Außerdem ist dies die zweitlängste negative Zeitraum in der Geschichte der Indexerhebungen in Polen.

Der Rückgang des Index wurde hauptsächlich durch stärkere Rückgänge bei den wichtigsten Teilindizes – Auftragseingänge und Produktion – verursacht. Die Auftragseingänge sanken zum 23. Mal in Folge und so rapide wie seit drei Monaten nicht mehr. Die Experten von S&P Global machen dafür die schwache Exportnachfrage, insbesondere aus dem deutschen Markt, die Konkurrenz aus Asien und auch die anhaltend hohen Lagerbestände bei den Kunden verantwortlich.

Ein weiterer Rückgang der Auftragseingänge im Februar würde die derzeitige Abschwächung der Nachfrage auf zwei volle Jahre ausdehnen, was die längste Zeitspanne in der Geschichte der Umfrage wäre, die bis ins Jahr 1998 zurückreicht.  erklärt Trevor Balchin, Wirtschaftsdirektor von S&P Global Market Intelligence.

Es war der 21. Monat in Folge, in dem das verarbeitende Gewerbe einen Rückgang verzeichnete – und damit der berüchtigte Rekord der bisher längsten Abfolge von Rückgängen in den Jahren 2000-2002. Hinzu kommt, dass dieser Produktionsrückgang der stärkste seit drei Monaten war.

Noch keine sichtbaren Auswirkungen auf die Handelsverflechtungen

Für den Auftragsrückgang wird ein Rückgang der Exportaufträge verantwortlich gemacht, der insbesondere auf die schwierige Situation in Deutschland zurückzuführen ist. Laut PIE waren im Jahr 2023 trotz der offensichtlichen Wirtschaftskrise in Deutschland keine negativen Auswirkungen auf die Importe aus Polen nach Deutschland zu verzeichnen. Das Institut beruft sich auf Daten, die ergeben, dass die Exporte nach Deutschland von Januar bis November 2023 schneller gewachsen sind als die Gesamtexporte (2,1 Prozent gegenüber 1,8 Prozent im Jahresvergleich). Lediglich im November 2023 war ein Rückgang zu verzeichnen, aber dann ging auch die Leistung der polnischen Exporte insgesamt zurück.

PIE erklärt, dass die anhaltend starken polnischen Exporte nach Deutschland auf ihren Kostenvorteil zurückzuführen sind. Die von der Krise betroffenen deutschen Unternehmen könnten sich von teureren Lieferanten abgewendet haben und auf polnische Halbfertigprodukte umgestiegen sein. Von Januar bis November 2023 war der Anteil der polnischen Exporte an den gesamten deutschen Importen mit 6 Prozent so hoch wie nie zuvor.

 

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