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Berlin: Lkw-Fahrer protestieren gegen Dumpingpreise und unfairen Wettbewerb. Ist temporäre Aussetzung der Kabotage möglich?

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Nach der ersten Demonstration im Juni findet heute in Berlin der zweite Anti-Kabotage-Protest der deutschen Lkw-Fahrer gegen niedrige Frachtpreise, unfairen Wettbewerb und Dumpinglöhne statt. Die Teilnehmerzahl scheint größer als bei der ersten Lkw-Demo zu sein. Diesmal ist auch EU-Parlamentarier Ismail Ertug dabei, der einen an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gerichteten Brief bezüglich der Kabotage vor Ort vorlesen will.

Rund einhundert Klein- und mittelständische deutsche Transportunternehmen schließen sich im Rahmen der BLV pro Initiative – Spedition und Logistik zusammen. Heute demonstrieren sie in Berlin zum zweiten Mal gegen das Preisdumping im nationalen Transport und mangelnde Kontrollen der zuständigen Behörden. Sogar 500 Lkw können heute durch die Straßen der deutschen Hauptstadt rollen Der Protest wird bis ca. 18.00 Uhr dauern.

Obwohl als Schwerpunkt der Demonstration der Stopp der Kabotage gilt, behaupten die Organisatoren, dass die Initiative nicht gegen osteuropäische Fahrer gerichtet wird. Ihrer Meinung nach handelt es sich nämlich generell um faire Wettbewerbsbedingungen für alle europäischen Frachtführer. Niemand sollte, nach ihrer Auffassung, unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Diese werden immer häufiger auf den immer stärkeren Preisdruck zurückgeführt, für den auch deutsche Verlader verantwortlich seien.

Für die heutige Demonstration wird sich auch EU-Parlamentarier Ismail Ertug einsetzen. Er will seinen Brief an den Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor Ort vorlesen, in dem es sich um die entscheidende Forderung der protestierenden Lkw-Fahrer handelt:
die Einführung des Kabotageverbots für eine Dauer von 6 Monaten aufgrund der negativen Auswirkungen von Covid-19 auf den Transportsektor.

Dabei beruft er sich auf Artikel 10 der EU-Verordnung 1072/2009, in dem die Marktstörung folgendermaßen definiert wird:

Das Auftreten spezifischer Probleme auf diesem Markt, die zu einem möglicherweise anhaltenden deutlichen Angebotsüberhang führen können, der das finanzielle Gleichgewicht und das Überleben zahlreicher Unternehmen im Güterkraftverkehr gefährden könnte;

In Bezug darauf stellt Ertug fest, dass:

In der aktuellen Situation wurden alle Voraussetzungen erfüllt um eine temporäre Aussetzung der Kabotage in Deutschland bei der Kommission zu beantragen.

Wie werden erst sehen, wie Andreas Scheuer und sein Ministerium auf diese Forderung reagieren wird, aber die Aussetzung der Kabotage könnte möglicherweise zusätzliche Probleme für die deutsche Logistik bedeuten. Man sollte doch nicht vergessen, dass es in Deutschland einen seriösen Mangel an qualifizierten Fahrern gibt. Dieser kann für die inländische Branche, für die den Einsatz der ausländischen Flotten unmöglich wäre, auch verheerende Folgen haben.

 

Foto: BLV pro Initiative / Facebook