Betreibung des Mautsystems – privat gegen staatlich

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Die Toll-Collect GmbH ist vorübergehend wieder in Staatshand. Der Vertrag  mit dem Joint Venture aus Telekom, Daimler und Cofiroute ist am 31. August abgelaufen.

Am 1. September hat der Bund die Toll Collect GmbH übernommen. Der Vertrag mit dem vorherigen Betreiber ist Ende August abgelaufen. Die Suche nach einem neuen Betreiber läuft; geplant ist, dass dieser am 1. März zum Einsatz kommt. Wie das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) informierte, war eine Verlängerung des Betreibervertrages vergaberechtlich nicht möglich. Auch wurde zur Weiterführung der LKW-Maut in Deutschland im Oktober 2016 ein europaweites Vergabeverfahren gestartet. Dieses konnte jedoch bis zum 31.08.2018 nicht  abgeschlossen werden.

Das BMVI betont auch, dass vor der Veröffentlichung der europaweiten Auftragsbekanntmachung  eine vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt wurde. Die Analyse hat ergeben,  dass der Betrieb des Mautsystems durch einen Privaten definitiv wirtschaftlicher sei als der Eigenbetrieb durch den Bund sei.

Wirtschaftlichkeit an oberster Stelle?

Anfang August machte die Toll Collect GmbH negative Schlagzeilen: Aus dem Gutachten der Prüfungsgesellschaft Mazars, die die Tätigkeit des Mautbetreibers in drei stichprobenhaft untersuchten Jahren kontrolliert hatte, ging hervor, dass Toll Collect 298 Millionen Euro zu viel abgerechnet hatte. Es ging in dem Fall um dem Bund zur Abrechnung vorgelegten Ausgaben für Sponsoring der Oldtimer-Rallye „Hamburg-Berlin-Klassik”, einen Ausflug der Toll-Collect-Chefs ins Brandenburger Luxushotel „Zur Bleiche” sowie die Unterstützung des Berliner Kinderheims Elisabethstift. Die Ausgaben wurden vom Mautbetreiber als „Marketingkosten” für die Maut definiert. Die Praktiken sollen sich über mehrere Jahre hingezogen haben.

Privat gegen staatlich

Auch in Polen steht demnächst ein Wechsel des Mautbetreibers in Aussicht. Die Kapsch AG wird das System nur noch über die nächsten zwei Monate betreuen. Zur großen Überraschung der Generaldirektion für Nationalstraßen und Autobahnen, die  schon vor  Monaten ein Vergabeverfahren gestartet hatte, hat der Infrastrukturminister Andrzej Adamczyk unerwartet im November 2017 bekannt gegeben, dass die polnische Regierung die Straßenverkehrsinspektion (ITD) beauftragt hat, sich mit dem Prozedere ab nun zu beschäftigen. Diese wiederum hat, ohne ein Vergabeverfahren einzuleiten, das Institut für Fernmeldewesen als künftigen Mautbetreiber gewählt. Momentan wird geprüft, ob diese Art von Auswahlverfahren rechtskonform war. Es ist aber jetzt schon bekannt, dass ITD allein nicht in der Lage sein wird, das System zu verwalten und daher gezwungen sein wird,  diverse Subunternehmen zu beauftragen. Probleme sind also quasi vorprogrammiert.

Die Wahl zwischen privat oder staatlich scheint schwierig zu sein – eins ist aber in beiden Fällen garantiert: Chaos.

Foto: Wikimedia.prg/Packa CC BY-SA 2.5

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