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Der Kampf gegen die CO2-Emissionen auf See kommt nur langsam voran. Lediglich 2 Prozent der Schiffe gelten als „grün”

Kaum 1 Prozent der weltweiten Flotte fährt mit alternativen Kraftstoffen. Bei neu in Betrieb genommenen Schiffen sieht die Lage etwas besser aus. Dennoch ist die Dekarbonisierung der weltweiten Schifffahrt noch in weiter Ferne und wird, wie der Bericht „Maritime Forecast to 2050“ des maritimen Risikomanagementunternehmens DNV zeigt, kostspielig sein.

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Die Autoren des Berichts gehen davon aus, dass die Dekarbonisierung der Schifffahrt zu erheblichen Kostensteigerungen führen wird. Ihren Berechnungen zufolge werden die Dekarbonisierungsmaßnahmen in der Seefracht im Jahr 2050 zu einem Kostenanstieg von 69 bis 75 Prozent für Massengutfrachter, zwischen 70 und 86 Prozent für Tanker und zwischen 91 und 112 Prozent für den Containertransport führen. Zudem machen die Autoren deutlich, dass diese Kosten an die Endverbraucher weitergegeben werden.

Bis zur vollständigen Dekarbonisierung der Seefracht ist es jedoch noch ein langer Weg. Nach Schätzungen der DNV-Experten wird der Schifffahrtssektor im Jahr 2030 voraussichtlich zwischen 9 und 55 Mtoe (Megatonnen Öläquivalent) an alternativen Kraftstoffen benötigen, je nach Energieeffizienz. Problematisch ist, dass die weltweite Produktion alternativer Kraftstoffe in diesem Jahr voraussichtlich nur zwischen 44 und 62 Mio. tRÖE betragen wird. Daher wird es für die Schifffahrt nahezu unmöglich sein, eine ausreichende Menge alternativer Kraftstoffe zu sichern.

Hinzu kommt, dass die Dekarbonisierung des Seeverkehrs noch in den Kinderschuhen steckt. Im Juni 2024 werden lediglich 7,4 Prozent der weltweit verkehrenden Schiffe (nach Bruttoraumzahl) mit alternativen Kraftstoffen angetrieben.

Was die aktuellen Bestellungen betrifft, sieht die Situation etwas besser aus. Eine Analyse der DNV-Experten zeigt, dass 49,5 Prozent der bestellten Bruttotonnage mit alternativen Kraftstoffen betrieben werden sollen. Im Vergleich zum Vorjahresbericht, der 6,5 Prozent bzw. 51,3 Prozent auswies, zeigt sich ein Anstieg des Anteils alternativer Kraftstoffe bei der aktuellen Tonnage, während bei der zukünftigen Tonnage überraschenderweise ein Rückgang zu verzeichnen ist.

Betrachtet man die Anzahl der Schiffe, ändern sich die Anteile deutlich: Derzeit werden weniger als 2 Prozent der Schiffe mit alternativen Kraftstoffen betrieben.

Dual-Fuel-Systeme bieten eine Lösung

Die Verwendung von Dual-Fuel-Systemen wird im Seeverkehr immer üblicher. Die Autoren des Berichts betonen, dass LNG der zweitbeliebteste Kraftstoff ist, was de facto bedeutet, dass weiterhin fossile Brennstoffe verwendet werden.

Laut DNV-Daten ist 30 Prozent der weltweiten Flotte für 80 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig wird festgestellt, dass Schiffe, die mit Methanol und Flüssiggas betrieben werden, sich zunehmend durchsetzen. Auch Ammoniak wird als möglicher Treibstoff diskutiert.

„Viele in der Branche warten noch ab, aber jetzt ist es an der Zeit, dass die Verantwortlichen in der gesamten Branche die Initiative ergreifen. Dies bedeutet, dass intelligente Entscheidungen getroffen werden müssen, um den Übergang zu einer umweltfreundlichen Schifffahrt zu beschleunigen“, so Knut Ørbeck-Nilssen, CEO Maritime bei DNV, der im Bericht zitiert wird.

Methanol für Containerschiffe

Aktuell sind 2.357 Schiffe mit alternativen Kraftstoffen unterwegs. Mehr als die Hälfte davon (1.239) wird mit LNG betrieben, das, wie bereits erwähnt, als getarnter alternativer Brennstoff gilt. Knapp 1.000 Schiffe sind Elektro- oder Hybridschiffe (hauptsächlich Fähren). 35 Schiffe werden mit Methanol betrieben, und eines mit Ammoniak.

Was die kommerzielle Flotte (Containerschiffe) betrifft, gewinnt Methanol zunehmend an Bedeutung. Derzeit kommt Methanol bei weniger als 0,09 Prozent der weltweiten Flottentonnage zum Einsatz (konkret bei 35 Schiffen). Bei den bestellten Schiffen macht Methanol jedoch bereits 9,68 Prozent der im Bau befindlichen Tonnage aus, also 234 Schiffe, von denen 173 Containerschiffe sind.

Die Betreiber von Containerschiffen haben außerdem 171 LNG-Schiffe bestellt (von insgesamt 832 bestellten Schiffen mit diesem Antrieb).

Ein Ersatz für die Dekarbonisierung

Wie ersichtlich, wird es noch lange dauern, bis Schiffe mit unkonventionellen Kraftstoffen die Mehrheit der Flotte stellen. Daher müssen Schiffseigner und -betreiber alternative Wege finden, um Emissionen zu reduzieren. Neue Technologien können hierbei unterstützen. Der Einsatz von Tracking-Technologien sowie von Informationssystemen und Künstlicher Intelligenz zur Optimierung des Frachttransports und der Schiffsbewegungen kann helfen, den derzeitigen Kraftstoffverbrauch zu senken.

„In den letzten Jahren wurden zahlreiche digitale Werkzeuge entwickelt, um den Betrieb zu optimieren und zu dekarbonisieren, entweder unabhängig oder in Kombination mit anderen digitalen Technologien. Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML), das Internet der Dinge (IoT), Konnektivität sowie Computersimulations- und Optimierungsplattformen entwickeln sich rasant“, betonen die DNV-Experten.

Die Experten von DNV sind optimistisch, dass Technologien, die den Treibstoffverbrauch reduzieren und ein effizientes Flottenmanagement ermöglichen, bis 2030 zu einer Verringerung der Emissionen um 4 bis 16 Prozent führen könnten. Das entspricht einer Einsparung von 40 Mio. tRÖE, was gleichbedeutend mit der Umstellung von 2.500 der größten Schiffe auf kohlenstoffneutrale Treibstoffe wäre.

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