Über 22.000 Kilometer, über 90 Prozent elektrisch gefahren und rund 16 Tonnen CO₂ eingespart – das sind die vorläufigen Resultate eines Praxistests, den DHL gemeinsam mit Scania durchgeführt hat. Im Mittelpunkt steht ein sogenanntes Extended Range Electric Vehicle (EREV), das Reichweite und Flexibilität im Schwerlastverkehr neu definieren soll.
Kombination aus Elektromobilität und Sicherheit
Das Fahrzeug basiert auf einem elektrisch betriebenen 40-Tonner von Scania und kombiniert einen 230-kW-Elektromotor mit einer 416-kWh-Batterie. Für zusätzliche Reichweite bei Bedarf sorgt ein kraftstoffbetriebener Backup 120-kW-Generator, der unabhängig vom Antrieb funktioniert und ausschließlich zum Laden der Batterie dient.
Im Testbetrieb fuhr der LKW laut DHL in 91,9 Prozent der Zeit emissionsfrei. Der Generator kam nur auf etwa 8 Prozent der Strecke zum Einsatz, beispielsweise bei niedrigen Temperaturen oder wenn Lademöglichkeiten eingeschränkt waren. Das Konzept sieht den Range-Extender bewusst nicht als permanente Antriebsquelle, sondern als strategische Absicherung.
Einsatzfähigkeit trotz Infrastrukturdefiziten
Der EREV wurde zwischen den Paketzentren Ludwigsfelde und Hamburg eingesetzt, mit einer typischen Streckenlänge von rund 250 Kilometern. Diese konnte der LKW laut DHL in der Regel ohne Generatorunterstützung absolvieren. Die Flexibilität des Systems erwies sich als entscheidender Vorteil: Trotz noch lückenhafter Ladeinfrastruktur blieb das Fahrzeug durchgehend einsatzbereit.
Das getestete Modell ist für ein zulässiges Gesamtgewicht von 40 Tonnen ausgelegt und bietet im Innenraum Platz für rund 1.000 Pakete. In der nächsten Generation soll die Batteriekapazität auf 520 kWh erhöht werden, was die rein elektrische Reichweite weiter ausbauen dürfte.
Politische Unterstützung bleibt aus
Trotz technischer Stärken und ökologischer Vorteile sieht DHL Handlungsbedarf bei den regulatorischen Rahmenbedingungen. Aktuell wird der EREV in der CO₂-basierten LKW-Maut und bei Flottengrenzwerten nicht von konventionellen Dieselantrieben unterschieden – was laut DHL dem tatsächlichen Emissionsprofil nicht gerecht wird. Das Unternehmen fordert daher eine eigene Emissionsklasse für Fahrzeuge mit reduziertem CO₂-Ausstoß auf Basis zertifizierter Realwerte.
Wir benötigen Lösungen, die heute schon einsatzfähig sind – nicht erst morgen“, erklärte DHL-CEO Tobias Meyer beim International Transport Forum in Leipzig.
Er forderte ein Umdenken in der Regulierung: Brückentechnologien wie der EREV könnten helfen, die Klimaziele des Verkehrssektors schneller zu erreichen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen entsprechend angepasst würden.
Zwischenbilanz: Viel Potenzial, wenig rechtliche Anerkennung
Die bisherigen Erfahrungen belegen, dass sich das EREV-Konzept sowohl ökologisch als auch operativ bewährt. Es bietet eine alltagstaugliche Lösung für den Übergang zur vollelektrischen Logistikflotte – vor allem in Regionen mit unzureichender Ladeinfrastruktur. Doch um diesen Ansatz in die Breite zu bringen, braucht es politische Unterstützung und passende gesetzliche Grundlagen.