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Foto: AdobeStock/Markus Bormann

Insolvenzen nehmen europaweit zu. Schwere Zeiten nicht nur in Deutschland

Europa verzeichnet einen deutlichen Anstieg an Insolvenzen in der Transportbranche. Die Krisen der letzten Jahre sind eine zunehmende Herausforderung und ein Problem nicht nur für die Transport- und Logistikbranche in Deutschland, sondern auch europaweit. In Frankreich ist die Zahl der Insolvenzen auf dem Höchststand seit 1990, in Polen hingegen wurden allein in diesem Jahr bereits über 2.000 Unternehmensumstrukturierungen eingeleitet, um Insolvenz und Liquidation vorzubeugen.

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Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom 9. August 2024 ist die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland im Juli 2024 um 13,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen.

Die Zuwachsrate liegt damit wie schon in den Monaten Juni 2023 bis Mai 2024 wieder im zweistelligen Bereich, nachdem es im Juni 2024 mit +6,3 Prozent einen einstelligen Zuwachs gegeben hat.

Die meisten Insolvenzfälle gab es im Bereich Verkehr und Lagerei. Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im Mai 2024 in Deutschland insgesamt 5,6 Unternehmensinsolvenzen. Die meisten Insolvenzen je 10.000 Unternehmen entfielen auf den Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei mit 12,2 Fällen. Prognosen zufolge wird sich dieser Trend bis 2024 fortsetzen.

Europaweite Insolvenzwelle

Laut dem jüngsten Bericht der Vereinigung von Transport- und Logistikunternehmen in Frankreich (Union TLF) hat die Transportbranche mit einem anhaltend schwachen Geschäftsklima und steigenden Produktionskosten zu kämpfen, was zu einem alarmierenden Anstieg der Unternehmensinsolvenzen führt.

Seit 21 aufeinanderfolgenden Monaten liegt das Geschäftsklima im Straßengüterverkehrssektor aufgrund eines erheblichen Nachfragerückgangs unter dem Langzeitdurchschnitt, warnt TLF. Dieser anhaltende Abschwung wurde durch einen Anstieg der Produktionskosten um 5,4 Prozent im vergangenen Jahr (ohne den Kraftstoff zu berücksichtigen) noch verschärft, wie das französische Straßenamt berichtet.

Hinzu kamen noch eine Reihe von Problemen wie Proteste darunter auch der LKW-Fahrer gegen die Rentenreform, eine Krise in der Landwirtschaft und ähnlich wie auch in Deutschland wiederholte Hafenblockaden, die die Branche zusätzlich belasteten.

Die Folgen sind nach Angaben der Nachrichtenportale Ellisphere und L’Officiel des Transporteurs rund 603 eröffnete Insolvenzfälle von Transportunternehmen im zweiten Quartal 2024. Das ist ein Anstieg von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum und ein Anstieg von 73 Prozent in den letzten zwei Jahren.

Um diese Wirtschaftskrise zu bewältigen, fordert die französische Gewerkschaft TLF die Entscheidungsträger auf, unter anderem die Steuerbelastung für die Transportbranche zu senken und unwirksame Maßnahmen abzuschaffen.

Umstrukturierung polnischer Unternehmen um Insolvenz und Liquidation vorzubeugen

Die Krise in Frankreich spiegelt besorgniserregende Trends in anderen Ländern wider, darunter auch Polen und Großbritannien. In der ersten Jahreshälfte 2024 wurden in Polen 2261 Umstrukturierungsverfahren eingeleitet, im Vergleich zum Vorjahr waren es 2071. Noch vor acht Jahren, als die Vorschriften für Umstrukturierungsverfahren in Kraft traten, wurden nur 212 Umstrukturierungsverfahren eingeleitet.

Am stärksten betroffen war das Güterkraftverkehrsgewerbe, gefolgt vom Handel und dem Baugewerbe.

Die hohe Position des Transportgewerbes unter den von den Umstrukturierungsbemühungen betroffenen Sektoren ist auf mehrere Schlüsselfaktoren zurückzuführen. Während der Pandemiezeit haben viele Transportunternehmen stark in die Expansion investiert, um die wachsende Nachfrage nach E-Commerce-Dienstleistungen zu befriedigen. Inzwischen hat sich die Lage auf dem Transportmarkt jedoch deutlich verschlechtert. Rückläufige Auftragszahlen, sinkende Frachtraten und steigende Betriebskosten haben dazu beigetragen, dass sich die finanzielle Lage vieler Unternehmen verschlechtert hat. Infolgedessen sind die Unternehmen mit ernsthaften Zahlungsengpässen konfrontiert. Diese führen zu einem Liquiditätsengpass und zu Schulden, die die Unternehmen nicht begleichen können”, erklärt Maciej Maroszyk, Operations Director der Rechtsanwaltskanzlei TC.

Dem Experten zufolge kann die Umstrukturierung für viele Unternehmen die einzige Lösung sein, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden.

Das britische Transportgewerbe am Rande einer Krise

Die jüngsten Insolvenzzahlen aus dem Vereinigten Königreich zeigen, dass im vergangenen Jahr mehr Unternehmen Insolvenz angemeldet haben, als während der Finanzkrise 2008.

Besonders stark betroffen ist das Güterkraftverkehrsgewerbe. Im vergangenen Jahr mussten fast 500 und in diesem Jahr bisher mehr als 250 Transportunternehmer ihren Betrieb einstellen, was einem Anstieg der Insolvenzen um 10 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2008 entspricht.

Die britische Organisation Road Haulage Association (RHA) hat einen dringenden Aufruf an die Regierung gerichtet, Maßnahmen zu ergreifen, da die Betriebskosten eines 44-Tonnen-LKW im vergangenen Jahr um fast 10 Prozent gestiegen sind (ohne den Kraftstoff zu berücksichtigen), was die finanzielle Stabilität der UNternehmen stark belastet hat.

Mitarbeit: Dorota Ziemkowska-Owsiany, Pölös Zsófia

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