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Ukraine-Krieg: Update der Informationen zu Unterbrechungen der Lieferketten (07/03)

Wir liefern Ihnen weiterhin die neuesten Nachrichten zum Thema Unterbrechung der globalen Lieferketten infolge des russischen Einmarsches in die Ukraine. Das heutige Update enthält Neuigkeiten aus der Mikrochip-, Automobil- und Bauindustrie sowie handelt von Befürchtungen über die Schifffahrtsrouten im Schwarzen Meer und hohe Kraftstoffkosten.

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Druck auf die Chip-Lieferkette

Laut der Financial Times „verursacht die Hektik, Lieferanten außerhalb Osteuropas zu finden, Engpässe und Preiserhöhungen, nicht nur bei Neon, sondern auch bei anderen Industriegasen wie Xenon und Krypton.“

Überdies wird in der britischen Wirtschaftszeitung auch Yoshiki Koizumi, Präsident der Fachzeitschrift Gas Review zitiert, der sagte: „Das Angebot an Neon, Xenon und Krypton wird definitiv knapper, weil Chiphersteller und Handelshäuser mehr Bestellungen aufgeben. Sie erwarten nämlich, dass es in der Zukunft unmöglich sein wird, so viel erhalten zu können, wie sie brauchen“.

Wie die FT erklärt, ist die Versorgung mit diesen Gasen von entscheidender Bedeutung, zumal sie beim Laser-induzierten Ätzen in Halbleitern verwendet werden. Ein weiteres Problem liegt in dem Wettbewerbsvorteil der Ukraine, wo mit überdurchschnittlicher Reinheit raffiniert wird. Derzeit sind nur wenige andere in der Lage so ein Niveau zu erreichen. FourKites, ein Anbieter für Supply-Chain-Visibility, hat das Update der Informationen zu Unterbrechungen der Lieferketten veröffentlicht. Dank seinen Visibility-Tools konnte FourKites die jüngsten Supply-Chain-Störungen sehr genau überwachen und hat seine aktuelle Übersicht an Trans.INFO weitergeleitet:

  • Zunahme verspäteter LTL-Sendungen: Unter LTL-Ladungen, die nach Osteuropa befördert werden, sind verspätete Frachten seit Beginn des russischen Angriffs um 20 Prozent gestiegen.
  • Stand am 02.März: die Exportverweilzeiten haben sich für alle europäischen Häfen seit dem 17. Februar um 25 Prozent erhöht; Die Transshipment-Verweilzeiten für europäische Häfen sind im gleichen Zeitraum um 43 Prozent gestiegen.
  • FourKites verzeichnete den größten Anstieg der Verweildauer im Bereich Seefracht bei Konsumgütern (CPG) und Food & Beverage (F&B), wo die Verweilzeiten in Europa für FourKites-Kunden zwischen dem 17. Februar und dem 2. März um 55 Prozent höher sind.
  • Die gegenwärtige Situation hat sich auf die Verweilzeiten in ganz Europa ausgewirkt, wobei die Verweilzeiten zwischen dem 17. Februar und dem 2. März in Westeuropa um 41 Prozent, in Osteuropa um 6 Prozent, in Südeuropa um 26 Prozent und in Nordeuropa um 17 Prozent gestiegen sind.
  • Die Seefrachtraten überschritten sogar die bisherigen Rekordhöhen. Jetzt wird mit einer 20- bis 40-fachen Erhöhungen der Seefrachtraten gerechnet. Auch die Luftfrachtpreise steigen.
    • Bereits jetzt beobachten wir extreme Preiserhöhungen – vor zwei Jahren kosteten Seetransporte von Shanghai nach Rotterdam weniger als 2.000 US-Dollar; unmittelbar nach dem russischen Überfall gaben einige Spediteure Preise von 54.000 US-Dollar für einen einzelnen Container an
  • Importe nach Russland: Das Volumen der Frachten nach Russland ist stark zurückgegangen – seit dem 2. März im Vergleich zum 17. Februar bereits um 17 Prozent Woche für Woche.
    • Dies lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen, von Sanktionen bis hin zu tückischen Routen. Viele Sender haben sich zurückgezogen, nachdem sie in den Häfen gefährlichen Bedingungen ausgesetzt waren, einschließlich der Vorfälle von Eigenbeschuss. Und da sich die öffentliche Meinung gegen den gewaltsamen Überfall herauskristallisiert, entscheiden sich sowohl Einzelhändler als auch große Marken dafür, keine Geschäfte mehr mit Russland zu machen.

15 Länder fordern bei der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation eine Dringlichkeitssitzung zum Thema Schwarzmeer-Schifffahrt

Es wurde ausführlich darüber berichtet, dass vor Odessa, dem wichtigsten Schwarzmeerhafen der Ukraine, am Donnerstag ein estnisches Frachtschiff gesunken ist. Stunden zuvor wurde ein Schiff aus Bangladesch in einem anderen Hafen von einer Rakete oder Bombe getroffen.

Angesichts dieser Zwischenfälle haben Australien, Belgien, Kanada, Zypern, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Malta, die Niederlande, Schweden, die Türkei, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten eine Dringlichkeitssitzung der der Weltschifffahrtsorganisation zum Thema Schwarzmeerschifffahrt einberufen.

Einem Bericht von swissinfo.ch zufolge wurden gestern Teile des Schwarzen Meeres und des Asowschen Meeres von der Internationalen Transportarbeiter-Föderation (ITF) und anderen Gremien zu Kriegsriskogebieten erklärt. Unter anderem bedeutet dies, dass Seeleute nicht verpflichtet sind, in die Region zu fahren.

Deutschland setzt sonntägliches LKW-Fahrverbot aus, um bei Hilfstransporten zu helfen

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat die Länder gebeten, Ausnahmen vom Lkw-Sonn- und Feiertagsfahrverbot zu erteilen. Die Ausnahmeregelungen sollen für Transporte in Richtung der ukrainischen Grenze zur unmittelbaren oder mittelbaren Unterstützung der Hilfeleistung für die ukrainische Bevölkerung gelten. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hat bestätigt, dass sonntägliches Lkw-Fahrverbot aufgehoben wurde, um Hilfstransporte in die Ukraine zu beschleunigen.

DSV setzt Transporte nach Russland und Belarus aus

Der DSV-Konzern folgte anderen Spedition- und Logistikunternehmen, indem entschieden wurde, dass Transporte nach Russland und Belarus eingestellt werden.

DSV hat beschlossen, die Transporte von und nach Russland und Belarus vorübergehend auszusetzen. Dies gilt für Lkw-, Bahn-, Luft- und Seetransporte. Das bedeutet, dass DSV keine neuen Buchungen in diese Länder annimmt mit Ausnahme von medizinischen und humanitären Lieferungen”, teilte das Unternehmen am Freitag mit.

Die gesamten Treibstoffkosten steigen um 37 Millionen US-Dollar pro Tag

Der Logistikberater Lars Jensen hat die Eskalation der Treibstoffpreise, welche seit Beginn der russischen Invasion zu beobachten war, auf LinkedIn kommentiert.

Er bemerkt, dass der globale Durchschnittspreis für schwefelarmen VLSFO-Kraftstoff 885,5 USD/Tonne erreichte, während er vor nur 2 Monaten 650 USD/Tonne betrug.

Reedereien verbrauchen jährlich rund 60 Millionen Tonnen Treibstoff. Das bedeutet, dass die gesamten Treibstoffkosten um 37 Millionen USD pro Tag gestiegen sind. Wenn man das globale Volumen betrachtet, entspricht dies 80 USD/TEU – mehr für das langfristige Trading, weniger für das kurzfristige Trading. Daher stehen erhebliche BAF-Erhöhungen bevor“, so der CEO von Vespucci Maritime.

Angesichts der hohen Kraftstoffkosten hat der britische Güterkraftverkehrsverband (RHA) die britische Regierung aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Natürlich können Frachtführer die Preise erhöhen. Das wird aber den allgemein eskalierenden Druck auf die Inflation für alle noch verstärken. Das wird unseren Unternehmen – und tatsächlich uns allen in Großbritannien – schaden, weil die Preise steigen werden. Bereits jetzt sind manche Geschäfte in ihrer Existenz bedroht. Aber die Regierung kann und sollte, unserer Meinung nach, etwas dagegen unternehmen“, teilte Rod McKenzie von der RHA mit.

Der Verband hat folgende Maßnahmen genannt, die von der britischen Regierung ergriffen werden könnten:

  • Einfrierung der Kraftstoffsteuer für weitere zwei Jahre
  • Einführung eines „Essential User“-Rabatts für Lkw- und Busunternehmen
  • Eine 12-monatige Verzögerung bei den Änderungen der Diesel-Reform mit einer schrittweisen Einführung danach
  • Größere Flexibilität bei der Lehrlingsabgabe aufgrund des akuten Arbeitskräftemangels
  • Fortsetzung der HGV Skills Bootcamps zur Ausbildung einer neuen Generation von Fahrern
  • Bereitstellung von mehr LKW-Parkplätzen – angemessen finanziert – um derzeitigen akuten Mangel zu beheben

Lieferketten in der Automobilindustrie von der Krise betroffen

Viele der weltweit größten Automobilhersteller haben angekündigt, die Produktion in Russland sowie den Export ihrer Fahrzeuge in dieses Land einzustellen.

Überdies wird berichtet, dass die Lieferketten der Hersteller, die in Russland weiter produzieren, von den SWIFT-Sanktionen betroffen seien. Dies, zusammen mit der Sperrung des russischen Luftraums und Störungen der Schifffahrtsrouten, hat Berichten zufolge „den Warenverkehr weitgehend verlangsamt“.

Auch die Baubranche leidet

Natürlich konnten auch die Lieferketten der Bauindustrie gegen den russischen Einmarsch in die Ukraine nicht immun bleiben.

Erin Roberts, Leiterin der globalen Bau- und Ingenieurpraxis von Ernst & Young, sagte gegenüber Construction Dive, dass der Krieg, der nach den Covid-Lockdowns kommt, „Verwüstungen“ in den Lieferketten anrichtet.

Leah Brooks, Wirtschaftswissenschaftlerin an der George Washington University, ist der Meinung, die Auswirkungen der Lieferkettenstörungen sowie die gestiegenen Treibstoff- und Materialkosten könnten dazu führen, dass Unternehmen große, komplexe Bauvorhaben aufgeben werden.

Überreste des größten Flugzeugs der Welt gefilmt vom russischen Staatsfernsehen

Vor Kurzem wurde ausführlich über die An-225 Mriya, das größte Transportflugzeug der Welt berichtet, das vom russischen Militär zerstört wurde. Folgende russische TV-Bilder zeigen die Überreste der Maschine:

Aufgrund der Sanktionen könnte Russlands BIP um 20 Prozent sinken

Nach Schätzungen des Polnischen Wirtschaftsinstituts (PIE) „wird das russische BIP im Jahr 2022 aufgrund der von der westlichen Welt verhängten Wirtschaftssanktionen um etwa 15 bis 20 Prozent sinken“.

Untersuchungen zur gegenseitigen Abhängigkeit der Wirtschaften Russlands und der EU zeigen, dass die russische Wirtschaft im Falle einer Vergeltung viel stärker unter solchen Sanktionen leiden wird als Europa“, hieß es in dem Bericht.

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