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Foto: Toll Collect

LKW-Maut ab 3,5 Tonnen und die Handwerkerausnahme stoßen auf Ablehnung [Update]

Seit gestern gilt die ausgeweitete Mautpflicht auf Bundesstraßen und Autobahnen. Die Regelung, die auch eine Handwerkerausnahme vorsieht, stößt im Transportgewerbe wegen der Ungleichbehandlung auf Ablehnung. Dem Bundesverkehrsministerium droht eine Klagewelle.

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[Update 3. Juli 2024, 12:00 Uhr]

Die ausgeweitete Mautpflicht auf Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen ist seit 1. Juli in Kraft. Die Bundesregierung erwartet dadurch Mehreinnahmen in Höhe von vier Milliarden Euro in den Jahren 2024 – 2027, davon sollen etwa 1,83 Milliarden Euro auf die CO2-Differenzierung entfallen.

Viele Transportunternehmen konnten die Mauterhöhung aus dem Vorjahr nicht vollständig auf ihre Kunden übertragen, was zu einem Anstieg der Insolvenzen in der Branche führte. Nun stellt die geplante Mauterweiterung eine weitere Herausforderung für die Transportunternehmer dar, was viele nicht akzeptieren, wenn sie sich die aktuelle Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ansehen, die verfällt.

Kleinere Transportunternehmen werden aufgeben

Der Spediteur und Geschäftsführer der Zippel Logistik-GmbH Christian Joerß aus Norddeutschland ist überzeugt, dass kleinere Fuhrunternehmen aufgeben werden.

Wir haben im Moment 40 bis 45 LKW, da reden wir von einer Mehrbelastung von 50.000 Euro pro Monat, also von 600.000 Euro im Jahr. Die müssen mit dem Kunden verhandelt und eingespielt werden”, sagte er gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk.

Auch der Spediteur Reinhold Vöge aus Weyhein in Niedersachsen ist seit mehr als 40 Jahren im Geschäft und seiner Meinung nach sei das „Transportgewerbe die Melkkuh Deutschlands“, sagte er gegenüber der Kreiszeitung. Zudem betonte er die Wettbewerbsverzerrung für die heimische Branche, durch die Transportunternehmen aus Osteuropa, die sich nicht an das Mobilitätspaket halten, die unter anderem auch unter die ausgeweitete Mautpflicht fallen. Hier sehe der Spediteur auch ein Schlupfloch.

 20 Prozent der Nutzlast kannste einfach absenken“, sagte Vöge gegenüber der Kreiszeitung. “Viele würden zur Zulassungsstelle gehen und sich dort etwa das zulässige Gesamtgewicht um 100 Kilogramm runterrechnen lassen, um unter die gesetzliche Gewichtsgrenze zu fallen“.

Obwohl eine Handwerkerausnahme beschlossen wurde, bedeutet die Ausweitung der Mautpflicht für viele Transportunternehmen zusätzliche finanzielle Belastungen, vor denen die Branche und die Verbände bereits warnten.

Höhere Kosten auch für Verbraucher

Auch Paketdienste sind seit dem 1. Juli mautpflichtig. Bereits mit der Mauterhöhung im Dezember rechnete der BGL vor, dass durch die höhere Maut für einen Vier-Personen-Haushalt Mehrkosten von 350 bis 400 Euro pro Jahr enstehen.

Der Bundesverband geht davon aus, dass die Paketdienste die Kosten weitergeben werden, zum Beispiel an die Handelsketten, die vermutlich ihre Warenpreise anpassen werden. Die Big Player wie Hermes, DHL und GLS machen derzeit keine Angaben zu einer eventuellen Preiserhöhung.

Neue Maut, die nicht für alle gilt ?

Transportiert ein Dachdecker mit einem 5-Tonner Materialien zur Dachbegrünung von seinem Betriebshof zum Kunden, dann ist das mautfrei. Transportiert ein Garten- und Landschaftsbau-Unternehmer aber mit dem gleichen Fahrzeug dasselbe Material von seinem Betriebshof zum Kunden, dann zahlt er Maut, schreibt der der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL).

Die fehlende Handwerkerausnahmen für Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus (GaLaBau) verstößt laut dem Bundesverband gegen das Grundgesetz, daher kündigt der Verband eine Klage der rund 20.000 betroffenen Betriebe des GaLaBau an.

Das ist ein neuer „Maut-GAU“ für das BMDV. Da ist eine Klagewelle durch die betroffenen Garten- und Landschaftsbaubetriebe gegen die nicht rechtskonforme Umsetzung eines Bundesgesetzes vorprogrammiert“, macht der BGL-Präsident Thomas Banzhaf seinem Ärger Luft.

Die GaLaBau-Verbände selbst sind nicht klagebefugt, doch um die Mitgliedsbetriebe weiter zu unterstützen, haben die GaLaBau-Verbände Ansprechpartner für die juristische Begleitung der Mitgliedsbetriebe zur erweiterten Mautpflicht. Kontaktdaten der Kanzlei können die Mitglieder bei ihrem Landesverband erfragen, heißt es abschließend.

Kontrollen werden ohne Übergangszeit durchgesetzt

Eine Übergangszeit, in der neu mautpflichtige Fahrzeuge nicht kontrolliert werden, ist nicht vorgesehen. Die Ausweitung der Mautpflicht auf Fahrzeuge mitmehr als 3,5 Tonnen tzGm wurde umfassend kommuniziert, sodass sich Mautpflichtige mit ausreichendem Vorlauf darauf einstellen konnten”, schreibt das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM).

Wird die Maut für mautpflichtige Fahrzeuge über 3,5 Tonnen tzGm nicht entrichtet, wird die nicht gezahlte Maut nacherhoben und der Verstoß als Ordnungswidrigkeit geahndet.

Wird die Maut vorsätzlich nicht entrichtet, werden beispielsweise grundsätzlich Geldbußen von 240 Euro (Fahrpersonal) und 480 Euro (Unternehmende) festgesetzt”, betont die BALM-Pressesprecherin Susanne Zollke.

Einzelheiten können dem Buß- und Verwarnungsgeldkatalog für Zuwiderhandlungen gegen das Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) entnommen werden.

BALM und Toll Collect raten

Bei Kontrollen durch das BALM müssen die Fahrzeuginsassen belegen können, dass die Fahrt die Voraussetzungen für die LKW-Maut-Befreiung erfüllt. Zum Beispiel durch eine Handwerks-/Gewerbekarte, die Kopie der Gewerbeanmeldung, Lieferscheine oder Kundenaufträge.

Daher empfiehlt der Mautbetreiber Toll Collect den Betrieben vorab ihre Fahrzeuge registrieren zu lassen, die unter die LKW-Maut-Ausnahme fallen. Toll Collect erklärt, dass diese Informationen genutzt werden können, um Straßenkontrollen durch das BALM und mögliche behördliche Verfahren zu minimieren und empfiehlt, nicht zum letzten Moment damit zu warten.

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