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Kommt die Kehrtwende beim Mobilitätspaket? Brüssel stellt Ruhezeitenregelung für LKW-Fahrer zur Debatte

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Ein neuer Bericht der Europäischen Kommission zur Lage sicherer LKW-Parkplätze bringt Bewegung in eine der umstrittensten Bestimmungen des Mobilitätspakets: das Verbot, regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten in der Fahrerkabine zu verbringen. Angesichts gravierender Infrastrukturdefizite denkt Brüssel über eine Lockerung nach – mit weitreichenden Folgen für Fahrer, Transportunternehmen und die gesamte Logistikbranche.

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Die Europäische Kommission veröffentlichte Mitte April eine umfassende Analyse zum Stand sicherer LKW-Parkplätze in der EU (SSPA – Safe and Secure Parking Area). Das Ergebnis ist alarmierend: In der gesamten Union fehlen aktuell rund 390.000 sichere Stellplätze für Lastwagen – bis 2040 dürfte die Lücke auf schätzungsweise auf 483.000 ansteigen. Besonders betroffen sind logistische Schlüsselstaaten Europas etwa in Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und Spanien.

Während viele Parkplätze zwar über grundlegende Sicherheitsmaßnahmen verfügen, erfüllen nur wenige die EU-Standards für zertifizierte Anlagen. Solche Zertifizierungen sind jedoch entscheidend für den Schutz von Fahrern, Fahrzeugen und Ladung – insbesondere auf den kriminell besonders gefährdeten Transitrouten Europas.

Gemeinsam mit Partnern wie IRU, DEKRA und ESPORG hat die Kommission daher ein Vier-Stufen-Modell für Sicherheitsstandards eingeführt: Bronze, Silber, Gold und Platin. Je höher der Standard, desto umfassender die Sicherheitsmaßnahmen – von Zäunen und Überwachung bis hin zu Kennzeichenerkennungssystemen.

Die Standards bewerten u. a. die Sicherheit von:

  • der Umzäunung (z.B. Zäune),
  • das Parkhaus selbst,
  • die Ein- und Ausgänge,
  • die eingesetzten internen und organisatorischen Verfahren.

Ein Bronze-zertifizierter Parkplatz darf beispielsweise nur teilweise überwacht werden, während ein Platin-zertifiziertes Parkhaus eine 24-Stunden-Überwachung durch Personal vor Ort bietet und darüber hinaus zusätzliche Technik wie Kennzeichenerkennungssysteme an den Ein- und Ausfahrten einsetzt.

Fahrerkomfort als Mindestanforderung

Neben Sicherheitsaspekten betont die EU auch die Bedeutung grundlegender Versorgung: Sanitäreinrichtungen, Verpflegung, Internet und Ruhebereiche müssen flächendeckend gewährleistet sein – unabhängig vom Sicherheitslevel des Parkplatzes.

Der Bericht empfiehlt strategische Investitionen, um bestehende, nicht-zertifizierte Anlagen nachzurüsten und schnellstmöglich EU-weit ein funktionsfähiges Netz zertifizierter Stellplätze (SVSP) zu schaffen.

Dies ist der schnellste und kostengünstigste Weg, um das Netz zertifizierter SVSP-Parkplätze in der EU zu erweitern. Gleichzeitig wird in dem Bericht betont, dass die Entwicklung der Infrastruktur Hand in Hand mit einer verbesserten Vernetzung und Digitalisierung gehen muss, die Parkplätze zugänglicher und attraktiver machen. Die Kommission hat im Rahmen des Programms „Connecting Europe“ erhebliche Mittel für den Bau oder die Modernisierung von rund 65 Parkplätzen bereitgestellt, heißt es in der EU-Mitteilung.

Die Autoren des Berichts gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2040 in der gesamten Europäischen Union ein voll funktionsfähiges, sicheres und nachhaltiges Parkraumnetz vorhanden sein wird.

Berufskraftfahrer sind das Rückgrat des europäischen Straßenverkehrs – sie sichern den Fortbestand der Industrie, die Belieferung von Supermärkten und die Mobilität der Bürger. Sie verdienen menschenwürdige Ruhebedingungen. Diese Studie liefert einen konkreten Fahrplan, und jetzt müssen wir gemeinsam daran arbeiten, ihn zu verwirklichen“ – kommentierte Apostolos Tzitzikostas, Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus.

Wenige Übernachtungsmöglichkeiten – unrealistische Erwartungen

Kritisch bewertet wird im Bericht auch die Verfügbarkeit von Unterkünften in der Nähe sicherer Parkplätze. Zwar existieren Hotels oft in weiterer Entfernung, doch LKW-Fahrer haben kaum Möglichkeiten, sie zu erreichen. Die Studie geht von maximal drei Kilometern Fußweg als zumutbare Distanz aus – eine Zahl, die laut Autoren in der Praxis kaum relevant sei.

Viele nahegelegene Hotels richten sich zudem an Geschäftsreisende oder Touristen, bieten keine auf Fahrer zugeschnittenen Dienstleistungen und sind schlicht zu teuer. Die mangelnde Flexibilität kollidiert mit den unregelmäßigen Arbeitszeiten im Fernverkehr. Verbesserungsvorschläge wie dynamische Preise und gezielte Kooperationen zwischen Autohöfen und Hotellerie könnten zwar helfen – eine flächendeckende Lösung bieten sie nicht.

Probleme gibt es auch beim Zugang zu Mahlzeiten, Parkplätzen und einer ruhigen Umgebung. Den Verfassern des Berichts zufolge könnten Maßnahmen wie eine dynamische Preisgestaltung in Zeiten geringerer Auslastung, auf die Bedürfnisse der Fahrer zugeschnittene Serviceangebote und die Zusammenarbeit zwischen Hotels und Autohöfen die Situation verbessern.

In Spitzenzeiten ist es schwierig zu erwarten, dass Hotels in der Lage sind, LKW-Fahrer unterzubringen, da Gäste, die mehr bezahlen und längere Aufenthalte buchen, Vorrang haben. In Zeiten geringerer Nachfrage könnten sie jedoch eine willkommene Ergänzung der Kundschaft sein. Dennoch ist dies keine nachhaltige oder verlässliche Lösung“, erklären die Autoren.

Neue Debatte ums Mobilitätspaket: Ruhepause in der Kabine bald erlaubt?

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission auch die aktuelle Regelung aus dem Mobilitätspaket zur Diskussion: das Verbot, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im LKW zu verbringen. Die Studie schlägt vor, das Verbot aufzuweichen – allerdings nur unter klaren Bedingungen: Erlaubt wäre die Kabinenruhe ausschließlich auf zertifizierten Gold- oder Platin-Parkplätzen. Ziel ist es, Investitionsanreize zu schaffen und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen realistisch zu verbessern.

Die SVSP bieten bereits grundlegende Dienstleistungen und ein hohes Sicherheitsniveau und stellen einen Raum für Ruhe und soziale Integration für die Fahrer dar. Die Überlegung, regelmäßige wöchentliche Ruhepausen in der Fahrzeugkabine zuzulassen – allerdings nur auf hochwertigen Parkplätzen (Gold- oder Platin-Kategorie) – könnte einen Investitionsschub bewirken und die Arbeitsbedingungen real verbessern. Dies würde jedoch eine Änderung der Rechtsvorschriften erfordern“, heißt es in dem EG-Bericht.

In Betracht gezogen wird zudem eine Verpflichtung, auf zertifizierten Stellplätzen zu übernachten – sofern keine geeignete Unterkunft verfügbar ist. Beide Optionen würden eine Änderung der geltenden Rechtslage erfordern.

Gewerkschaft schlägt Alarm: „Eklatanter Angriff auf das Wohl der Fahrer“

Die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) lehnt die Vorschläge entschieden ab. In einer scharfen Stellungnahme spricht sie von einem „eklatanten Angriff auf das Wohlergehen der LKW-Fahrer“ und kritisiert, dass Fahrer bereits heute bis zu drei Wochen am Stück in ihrer Kabine leben müssten – „oft ohne Zugang zu grundlegenden Annehmlichkeiten“.

Kein junger Mensch möchte drei Wochen von zu Hause weg sein und jede Nacht auf einem schmalen Bett neben einer stark befahrenen Autobahn schlafen, oft ohne Zugang zu grundlegenden Annehmlichkeiten“ – warnt die ETF.

Besonders deutlich ist die Kritik an der Methodik des Berichts:

Trotz 1.400 befragter Interessengruppen sei keine einzige Fahrervertretung eingebunden worden. „Eine eklatante Auslassung“, so die ETF – „sie untergräbt die Glaubwürdigkeit des gesamten Berichts.“

Auch inhaltlich attestiert die Gewerkschaft dem über 100 Seiten starken Dokument grundlegende Mängel. Es fehle an konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen für Fahrer.

Diese Studie darf nicht die Grundlage für die künftige Verkehrspolitik der EU bilden“, lautet das Fazit der ETF.

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