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Rund 60.000 LKW-Fahrer fehlen bereits. Transportlogistiker müssen umdenken

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22.05.2019

Laut neuesten Angaben des BGL fehlen in Deutschland bereits rund 60.000 LKW-Fahrer.

Wir stehen in Deutschland und Europa vor dem Versorgungskollaps, denn wir finden keine Fahrer mehr, sagte Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher beim Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung dem „Spiegel” gegenüber.

Ein Versorgungskollaps scheint immer wahrscheinlicher zu werden: 560.000 Fahrer sind über und rund 30.000 von ihnen gehen jedes Jahr in den Ruhestand. Im vergangenen Jahr haben zwar 3600 Lehrlinge  ihre Berufsausbildung begonnen, aber das ist viel zu wenig.

Transportlogistiker müssen digitaler denken

Der Fahrermangel ist eine Wachstumsbremse für die Transport- und Logistikdienstleister. Neben einer Aufwertung des wenig angesehenen Berufsbildes in der Öffentlichkeit kann eine durchgängige Digitalisierung entlang der gesamten Lieferkette der Ressourcenknappheit entgegenwirken. Zu diesem Ergebnis kamen auch die rund 30 Teilnehmer beim ersten Treffen des BVL Themenkreises „Digitalisierung der Transportlogistik“ in Berlin.

Was kann man tun, damit Berufskraftfahrer wieder zufriedener mit ihrer Arbeit sind? Wie lassen sich Wartezeiten bei der Be- und Entladung verringern und die Zahl der Stopps erhöhen? Und wie vermeiden Logistiker dauerhaft Leerfahrten? Mit diesen und anderen Fragen befassten sich rund 30 Expertinnen und Experten auf einem Treffen am 14. Mai 2019 im „hubraum“, dem Berliner Kreativzentrum der Deutschen Telekom. Sie kamen auf Einladung der Bundesvereinigung Logistik (BVL) erstmalig zusammen. Künftig will sich der sogenannte Themenkreis mehrmals jährlich zur Digitalisierung der Transportlogistik austauschen.

Ein branchenübergreifender und regelmäßiger Austausch eröffnet für alle Akteure interessante Blickwinkel und ermöglicht neue Formen der Zusammenarbeit. Denn die Digitalisierung bietet viele Ansatzpunkte für eine Optimierung der Transportkette. Es geht im Kern darum, respektvoller mit der Arbeitszeit der Berufskraftfahrer umzugehen, betonte Dr. Christian Grotemeier, Geschäftsführer der BVL.digital GmbH sowie Initiator und Sprecher des Themenkreises, in seiner Einführung. Deshalb müsse bei der Diskussion vor allem die Praxis im Mittelpunkt stehen.

In ihren Impulsvorträgen zeichneten Michael Gierke vom Bundesamt für Güterverkehr, Hendrik Janke von der Nagel-Group und Can Akin von der digitalen Spedition Cargonexx ein ähnliches Bild von der aktuellen Marktsituation: Der Mangel an Berufskraftfahrern, verbunden mit einem stetigen Wachstum der Gütermenge, führt zu Umsatzeinbußen bei den Logistikdienstleistern. Die Entwicklung erhöht zudem den Druck, die Supply Chain weiter zu optimieren.

Wir müssen die Prozesse in ihrer Gesamtheit betrachten und dürfen nicht in Silos denken, hob Hendrik Janke hervor. Dazu gehöre unter anderem der Abbau von Schnittstellen durch die Nutzung von Plattformen sowie die Bereitschaft, sämtliche Daten entlang der gesamten Lieferkette in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Denn damit können alle Akteure besser planen. Auch Can Akin mahnte zu einer deutlichen Effizienzsteigerung: „Bis zu 40 Prozent der LKW sind leer unterwegs, viele Abläufe werden noch manuell gesteuert und sind intransparent, berichtete der Chief Operating Officer des mehrfach ausgezeichneten Startup-Unternehmens von seinen Erfahrungen.

Austausch zwischen Fahrern ermöglichen

In drei Arbeitsgruppen entwickelten die Teilnehmer erste Vorschläge für den Umgang mit den wachsenden Herausforderungen – vor allem mit Blick auf den Fahrermangel. So könne eine nutzerfreundliche Smartphone-App nicht nur für den Fahrer wichtige Auftragsdaten zur Verfügung stellen, sondern auch zum Dialog beitragen. Denn gerade der persönliche Austausch mit Kollegen und die Pflege sozialer Kontakte seien für die Zufriedenheit der Fahrer, die häufig tagelang unterwegs sind, von großer Bedeutung. Außerdem könnten sie Rampen oder Rastplätze bewerten und so für mehr Gehör sorgen.

Eine Idee zur Steigerung der Effizienz in der Transportkette ist der offene und plattformübergreifende Austausch von Daten, der zu mehr Transparenz und besserer Planbarkeit führt – vor allem bei den Entladestationen. Mehr Kommunikation zwischen Fahrer und Verladestation, eine automatisierte Be und Entladung sowie eine durchgängig papierlose Quittung könnten zudem die Situation an den Rampen verbessern und Schnittstellen vermeiden.

Die Arbeitsergebnisse zeigen, dass es auf dem Weg zur Digitalisierung der Transportkette noch viel zu tun gibt, fasst Dr. Christian Grotemeier zusammen.

Bereits im September wollen sich die Teilnehmer zum nächsten Mal treffen. Dann wollen sie die Diskussionen vertiefen und weitere Lösungsvorschläge erarbeiten.

Unser Ziel ist es, Position zu beziehen und konkrete Initiativen auf den Weg zu bringen, erläutert Themenkreis-Sprecher Dr. Christian Grotemeier.

Eine dieser Initiativen ist eine gemeinsam mit T-Systems durchgeführte Studie, die untersucht, wie der Fahrzeug- und Fahrereinsatz durch mehr Transparenz in der Supply Chain optimiert werden kann. Die Ergebnisse der Untersuchung werden auf dem Deutschen Logistikkongress im Oktober in Berlin vorgestellt.

Foto:iStock

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