Im zweiten Quartal 2025 hat sich die Lage auf dem weltweiten Transportmarkt weiter verschärft. Besonders restriktive US-Handelsmaßnahmen haben sowohl den See- als auch den Luftfrachtverkehr durcheinandergebracht. Für europäische Transportunternehmen bedeutet das unvorhersehbare Hafenumschläge, instabile Luftfrachtvolumina und eine schlechte Planbarkeit künftiger Nachfrage, so die Analyse von Transport Intelligence (Ti Insight).
Trotz stagnierender Welthandelsströme verschärfen neue Zölle, veränderte Kapazitätsstrategien und ein fragiles wirtschaftliches Umfeld die Lage entlang der Lieferketten. Laut dem aktuellen **Ocean and Air Freight Rate Tracker** von Ti Insight für Q2 2025 führen geopolitische Spannungen und unsichere Nachfrage nicht zu langfristiger Stabilität, sondern zu kurzfristigen Volumen- und Preisanpassungen. Für europäische Spediteure – häufig das letzte Glied in der globalen Lieferkette – resultiert daraus eine zusätzliche Belastung für das Binnentransportnetz.
Seefracht: Markt stabilisiert sich leicht – Nachfrage bleibt schwach
Der Global Headhaul Index von Ti Insight lag im Mai 2025 bei 138,1 Punkten – ein Rückgang um 82,3 Punkte seit Februar und ein Minus von 73,2 Punkten im Jahresvergleich. Nach dem drastischen Einbruch infolge von Überkapazitäten und Lagerbestandskorrekturen Ende 2024 hat sich der Rückgang zuletzt deutlich verlangsamt (April: –1,0 Punkte, Mai: –0,5 Punkte). Dies könnte auf einen vorläufigen Boden im Markt hindeuten, wenngleich die Nachfrage weiterhin schleppend ist.
Die Reedereien reagieren laut Ti Insight mit „taktischen Maßnahmen“ auf die Überkapazitäten – etwa durch **Blank Sailings und geänderte Fahrpläne, um künstlich Verknappung zu erzeugen und die Raten zu stabilisieren. Dieses Vorgehen sorgt zwar für temporäre Preiskonsolidierung, nicht aber für ein dauerhaftes Gleichgewicht.
Besonders kritisch: Ein pauschaler US-Zoll von 50 Prozent auf EU-Importe, der ab dem 1. Juni 2025 gelten soll, sorgt bereits jetzt für Unsicherheit auf den Transatlantikrouten. Ti Insight warnt vor Buchungsrückgängen und weiteren Blank Sailings, da Unternehmen mögliche EU-Gegenmaßnahmen fürchten. Das ohnehin fragile Seefrachtumfeld gerät dadurch weiter ins Wanken.
Ein kurzer Nachfrageschub folgte nach einer temporären US‑China-Einigung, als Buchungen um 275 Prozent sprunghaft anstiegen – aus Sorge vor einer erneuten Eskalation. Doch dieser Impuls konnte den übergeordneten Nachfragetrend, besonders aus Europa, nicht umkehren.
Die Unternehmen scheinen nach der Entladung überfüllter Lager wieder vorsichtig zu restocken. Teilweise verschiebt sich zudem Fracht von der Luft- auf die Seefracht – insbesondere auf Asienrouten – seitdem die US-de-minimis-Grenze für zollfreie Einfuhren aufgehoben wurde.
Für das 3. Quartal rechnet Ti Insight mit geringerer Volatilität – jedoch könnten neue politische Maßnahmen oder Zolleskalationen diese Ruhe jederzeit wieder stören.
Luftfracht: Raten sinken leicht – Unsicherheit bleibt hoch
Während Luftfrachtraten im Vergleich zum Vorjahr weiterhin hoch sind, verzeichnete das zweite Quartal 2025 erste Rückgänge. Laut Ti Insight fielen Headhaul-Raten (Exportstrecken) von April bis Mai um 5,9 Prozent, von 2,87 auf 2,70 US-Dollar/kg. Auch Backhaul-Raten (Rückladungen) sanken um 4,1 Prozent auf 2,28 US-Dollar/kg. Im Quartalsvergleich blieb der Rückgang moderat – Headhaul-Raten lagen jedoch immer noch 44,4 Prozent über dem Niveau von Q2 2024.
Treiber dieser Entwicklung war unter anderem der Wegfall der US-de-minimis-Regel Anfang Mai, wodurch die Nachfrage nach Luftfracht aus China zunächst deutlich einbrach. Eine bilaterale Einigung zwischen den USA und China sorgte allerdings für eine schnelle Erholung um 19 Prozent, wodurch sich Spotpreise bei rund 4 US-Dollar/kg stabilisierten.
Auch auf den Asien–Europa-Routen gab es Bewegung: Exporte aus China stiegen Mitte Mai um 11 Prozent, aus Hongkong um 9 Prozent. Trotz des gestiegenen Volumens fielen die Raten China–Europa um 5 Prozent auf 3,71 USD/kg, während sie auf der Strecke Hongkong–Europa um 2 Prozent auf 4,39 USD/kg anstiegen.
Kapazitätsverschiebungen verschärfen die Situation zusätzlich: Verzögerungen bei der Auslieferung neuer Frachtflugzeuge und die anhaltende Abhängigkeit von Belly Capacity in Passagiermaschinen begrenzen die Flexibilität der Airlines. Viele Anbieter verlagern derzeit Kapazität auf margenstärkere Strecken – etwa von Südostasien in die USA –, da hier vor dem Ablauf eines Gegenzolls am 9. Juli ein starker Vorzieheffekt entsteht.
Die IATA prognostiziert für 2025 einen Rückgang der weltweiten Luftfrachterlöse um 5,2 Prozent, vor allem durch protektionistische Politik und sich ändernde Beschaffungsstrategien.
Ausblick für europäische Spediteure: Hoher Planungsdruck bleibt
Für europäische Logistiker bedeutet die volatile Luftfrachtlage: Abholungen und Zustellungen an Flughäfen bleiben schwer kalkulierbar. Die Nachfrage schwankt regional stark – kurzzeitige Volumenspitzen, etwa im E-Commerce oder Elektroniksektor, führen zu sprunghaft steigenden Anforderungen im Binnentransport. Gleichzeitig bleiben Rückladungen Richtung Asien verhalten.