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Droht der digitalen Transformation eine Regulierungsbremse ?

Der Verkehrssektor muss sich modernisieren und klimaneutral werden. Er muss dabei wettbewerbsfähig bleiben, insbesondere mit Blick auf andere starke Regionen in der Welt wie USA oder China. Auch in Deutschland sind mittlerweile viele Start Ups in Sachen Mobilität unterwegs und kreieren neue Apps für Reisende oder Plattformen für den Güterverkehr. Das DVF hat mit dem Positionspapier „Digital Bewegt! Intelligent. Vernetzt. Mobil.“ analysiert, wie es um die Digitalisierung in Deutschland steht und wo nachgebessert werden muss.

Lesezeit 6 Min.

Für den Mobilitätssektor ist die Digitalisierung nicht nur zur Effizienzsteigerung nötig, sondern auch für das Erreichen der Klimaziele und zur Gewinnung neuer Kunden, beispielsweise im ÖPNV. An einigen Stellen ist die Verkehrsbranche mit digitalen Prozessen schon sehr weit, etwa beim Thema autonomes Fahren oder Informationssystemen und Plattformen.

An anderen Stellen findet man Deutschland eher auf den hinteren Plätzen: der jährliche OpenSignal-Report ist für Deutschland mit Platz 50 von 100 hinsichtlich der alltäglichen 4G-Verfügbarkeit unverändert vernichtend. Neben Infrastrukturinvestitionen und einer zielgerichteten Förderkulisse braucht Deutschland vor allem einen maßstabsgerechten Rechts- und Regulierungsrahmen, der sich mit der Branche entwickelt und Leitplanken setzt.

Den Rechtsrahmen betreffend muss daher an drei wesentlichen Handlungsfeldern gearbeitet werden, damit sich die digitale Transformation im Verkehrsbereich schneller durchsetzen kann:

1.Innovationsgerechten Rechtsrahmen schaffen

Beim Rechtsrahmen steht der Föderalismus auf der digitalen Bremse. Es gibt zwar zentrale Vorgaben für den Datenschutz oder die digitale Abrechnung von Ladestationen für E-Autos. Die Auslegung der Vorschriften erfolgt aber auf regionaler Ebene. Es kann nicht sein, dass unterschiedliche Bewertungen von Eichämtern oder Landesdatenschutzbehörden intelligente Mobilität verhindern und zu einem Wildwuchs an Vorgaben führen. Die aktuell je nach Bundesland unterschiedliche Einschätzung der Zulässigkeit von Cloudangeboten wie MS- Office365 für den Behörden- oder Schulbetrieb zeigt die Reibungsverluste der derzeitigen Strukturen.

Hier ist eine Stärkung der Bundesinstitution für den Datenschutz nötig, ebenso wie ein starkes internationales Engagement Deutschlands wie beim Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA). Gleichzeitig muss ein System der gegenseitigen Anerkennung von datenschutzbezogenen Zulassungen und Freigaben geschaffen werden, wie wir es aus der Verkehrsmittelzulassung im Fahrzeugbau kennen. Ein Anonymisierungsverfahren muss so nur einmal zugelassen werden und kann flächendeckend zum Einsatz kommen.

Das gleiche gilt für das Eichrecht. Der bisherige unwirtschaftliche Flickenteppich an Lade- und Abrechnungssystemen ist das Ergebnis der aktuellen regionalen Eichbürokratie. Verbindliche Umsetzungsvorschriften des Bundes und eine zentralisierte Zulassung von Ladesäulen müssen künftig den geplanten Rollout der Ladeinfrastruktur fördern und nicht ausbremsen.

Damit verbunden sein muss ein digitales Antrags-, Zulassungs- und Genehmigungswesen, ganz im Sinne eines umfassenden e-Governments. Ansätze wie Building Infrastructure Modelling (BIM) oder digitale Kanäle zur Fahrzeugzulassung, Fahrerlaubnisverlängerung, Fachkundeprüfung oder Sicherheitsüberprüfung beschleunigen die Prozesse extrem und damit auch Innovationszyklen, Fertigungszeiten und Personalverfügbarkeit. Dies muss auf der Personalseite aber auch von der öffentlichen Hand entsprechend unterstützt werden.

2. Behördliche Prozesse bündeln

Eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung eines guten Innovationsklimas sind klar definierte Rahmenbedingungen, eine transparente Förderkulisse sowie schlanke Prozesse und eindeutige Zuständigkeiten seitens der öffentlichen Hand.

Die Verantwortlichkeiten des öffentlichen Sektors sind jedoch mit Blick auf die Ausschreibung, Förderung und Umsetzung digitaler Innovationen und Projekte nicht eindeutig geregelt, sondern oftmals auf unterschiedliche Ressorts verteilt. Dies führt bei Unternehmen zu Intransparenz im Rahmen von Ausschreibungsverfahren, Zulassungsprozessen oder Förderprogrammen. Bereits im Vorfeld eines Projektes oder einer Ausschreibungsbeteiligung erfordert es erhebliche Ressourcen, um einen Überblick über die Auflagen und die Förderkulisse zu erhalten. Hinzu kommen knappe administrative Kapazitäten sowie unzureichende digitale Strukturen auf Seite der Behörden. Dadurch vergrößert sich die ohnehin weite Zeitspanne zwischen Planung, Ausschreibung und Umsetzung und erschwert eine Beteiligung für viele Unternehmen zusätzlich.

Die Zuständigkeiten und Kompetenzen der öffentlichen Hand müssen zusammengeführt werden, um Planungs-, Genehmigungs- und Zulassungsprozesse im Bereich digitaler Innovationen im Mobilitätssektor zu straffen und Förderinitiativen transparenter und zugänglicher zu gestalten. Zudem sollte der Modernitätsfonds mFUND verstetigt und in seinen Förderschwerpunkten erweitert werden, z. B. mit Blick auf KI, Robotik und Bauausführungstechnik. Die Rahmenbedingungen in Ausschreibungen müssen innovationsfreundlich ausgestaltet werden und Incentivierung vorantreiben, etwa durch öffentliche Anschubfinanzierung für Einsatz innovativer Schlüsseltechnologien und Konzepte. Von eminenter Bedeutung ist, dass die administrativen Kapazitäten und digitale Kompetenzen der Behörden erweitert werden.

3. KI-Einsatz vorantreiben und Datensilos öffnen

KI ist nur so gut, wie die Datenbasis ihrer Algorithmen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist, die vorhandenen Datenschätze zu heben und zusammenzuführen. Alleine schon die alltäglichen Fahrplanabfragen geben ein Bild, wie viele Personen regelmäßig von A nach B wollen. Die EU macht Druck, die Datensilos zusammenzuführen. Es ist einerseits wichtig, die Systeme offen zu gestalten und die Systeme über Softwareschnittstellen (API) zu vernetzen. Andererseits gibt es berechtigte wirtschaftliche und datenschutzrechtliche Interessen, den Zugriff auf Daten zu regulieren. Der Rahmen dafür ist mit der delegierten EU-Verordnung 2017/1926, der EU PSI-Richtlinie, dem Personenbeförderungsgesetz und der Mobilitätsdatenverordnung des Bundes an vier verschiedenen Stellen geregelt. Das ist unübersichtlich und führt zu Widersprüchen und Wettbewerbsverzerrungen, die ausgeräumt werden müssen.

Der Logistiksektor ist hier besser aufgestellt: Der elektronische Frachtbrief e-CMR ist nun endlich auch in Deutschland offiziell zulässig, die EU-Vorgaben für elektronische Frachtinformationen e-FTI befinden sich in der Feinabstimmung zwischen Politik und Wirtschaft. Dabei drängt die Logistikbranche zurecht darauf, bestehende Datendrehscheiben und Plattformen miteinander zu vernetzen, damit das Rad nicht neu erfunden wird. Ebenso wichtig ist, dass der Datenaustausch mit Behörden wie dem Zoll in beide Richtungen funktioniert.

Fazit: Deutschland muss bei der Digitalwende mehr Dynamik entfalten. Das DVF fordert deshalb, im Rahmen eines Digitalpakts für intelligente Mobilität die notwendigen Kompetenzen zusammenzuführen und ein Maßnahmenpaket umzusetzen. Auf der politischen Seite muss ein Kompetenzteam aller betroffenen Ressorts zusammenwirken. Das kann nur funktionieren, wenn ein Digitalministerium oder eine Staatsministerin des Bundeskanzleramtes dort das letzte Wort haben. Denn es geht darum, die Digitalwende im Mobilitätsbereich in eine breite Anwendung zu führen.

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