Quelle: Adobestock / Carl-Jürgen Bautsch

China und Indien investieren massiv in Hafeninfrastruktur

Maritimen Objekten kommt eine immer größere geopolitische und geoökonomische Bedeutung zu. Das haben auch globale Akteure begriffen und investieren seit einiger Zeit stärker in Häfen und Terminals.

Lesezeit 5 Min.

Der Wettbewerb um Häfen und Terminals hält an. Laut der letzten Ausgabe des „Transport & Logistics Barometer“, das die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland gemeinsam mit ihrer globalen Strategieberatung Strategy& verfasst hat, haben sich maritime Objekte in den letzten Jahren zu hoch begehrten Übernahmezielen entwickelt.

Wie PwC beziffert, entfiel im vergangenen Jahr jeder vierte Deal in Transport und Logistik auf die Schifffahrt einschließlich Hafeninfrastruktur-Deals. Die steigende Tendenz bei Käufen und Verkäufen im Bereich der Hafeninfrastruktur ist seit 2015 zu beobachten. Das Transaktionsvolumen summiert sich seitdem auf insgesamt rund 100 Milliarden US-Dollar. Als wahres Rekordjahr stellte sich 2022 heraus – verzeichnet wurden 20 Transaktionen, deren Dealwert bei 15,3 Milliarden Euro lag.

Woraus resultiert dieser starke Anstieg an Investitionen? Globale Akteure haben begriffen, dass Häfen ein Instrument der Macht sind und wirtschaftliche Unabhängigkeit sichern.

Maritime Infrastruktur ermöglicht die Teilnahme am Warenaustausch über die Weltmeere, sie ist also ein zentraler Zugang zum Welthandel. Häfen und Terminals sind häufig dort entstanden, wo bereits viel Wertschöpfung stattfindet oder dort, wo die Infrastruktur für den Weitertransport von Waren gegeben ist – sei es über Feeder- oder Binnenschiffe oder den Landweg. Wer Zugriff auf diese Knotenpunkte hat, kann damit zum Teil den Zugang zu einzelnen Volkswirtschaften oder Wirtschaftsräumen kontrollieren. Wie wichtig eine funktionierende maritime Infrastruktur ist, hat insbesondere die Zeit der Pandemie gezeigt, erklärt Burkhard D. Sommer, Stellvertretender Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland.

Handelsströme verschieben sich zugunsten des asiatischen Raums

Vor allem China und Indien treiben die Investitionen in maritime Objekte strategisch voran.

Die größte Anzahl von Transaktionen in diesem Segment fand im vergangenen Jahr in China statt, gefolgt von Indien. In Bezug auf die Preise sind jedoch einzelne Transaktionen in westlichen Ländern führend, beispielsweise der geplante Einstieg der MSC-Gruppe bei dem Hamburger Hafenbetreiber HHLA. Wenn es um Infrastrukturinvestitionen geht, um neue Häfen zu bauen oder bestehende erheblich zu erweitern, verzeichnen wir im Mittleren Osten und Afrika die höchste Aktivität. Dort entstehen derzeit unter anderem neue Containerterminals, so Sommer.

Im Zeitraum von 2015 bis 2023 wurden in China (einschließlich Hongkong) 74 Deals von 184 Deal insgesamt verzeichnet. Indien belegte Platz zwei, gefolgt von den Vereinigten Arabischen Emiraten, in denen acht Transaktionen angekündigt wurden – davon vier in den Jahren 2022 und 2023. Laut dem Experten ist die hohe Zahl an Investitionen in China vor allem auf die Konsolidierung von Hafenkapazitäten zurückzuführen, während in Indien das heimische Wirtschaftswachstum sowie das Bestreben, noch leistungsfähiger im Im- und Export von Waren zu werden, der Haupttreiber sind.

Europäische Ziele bleiben laut PwC zwar weiterhin attraktiv, wie der Einstieg der globalen Reederei MSC beim Hamburger Hafenbetreiber HHLA zeigt, jedoch verliert Europa kontinuierlich an Relevanz.

Insgesamt gesehen stellen wir fest, dass die Bedeutung des asiatischen Handelsraums steigt, während Europa an Bedeutung verliert. Dies zieht automatisch eine Veränderung der Handelsströme nach sich und damit auch eine Anpassung der (Hafen-)Infrastruktur, erklärt Sommer.

Damit Europa nicht den Anschluss verliert, plädiert der Experte daher für einen dringenden Ausbau der physischen und digitalen Hafeninfrastruktur.

Europa muss sowohl eine leistungsfähige Infrastruktur im Hafenbereich selbst als auch auch im Hinterland bieten. Hierfür ist es notwendig, in die physische Infrastruktur zu investieren, aber auch in Digitalsysteme, zum Beispiel zum Handling von Ladung oder zur optimierten Verkehrs- und Routensteuerung, um Zeit und Kosten beim Transport zu verringern. Im Bereich der physischen und digitalen Infrastruktur besteht in zahlreichen Ländern Europas erheblicher Investitionsbedarf, betont der Experte.

Machtkampf um Afrika

Unter den globalen Investoren sind vor allem der chinesische Staatskonzern COSCO und das indische Firmenimperium Adani Group führend. Während die Beteiligung der fremden Investoren an chinesischen und indischen Terminals aufgrund diverser Einschränkungen eher gering ausfällt, ist Europa bisher dagegen, was ausländische Investitionen anbelangt, viel offener gewesen. So kontrolliert China in Europa bereits mehr als 20 Häfen darunter Piräus, Rotterdam, Antwerpen oder Le Havre.

Eine ähnliche Disproportion ist auch in Afrika sichtbar, wo sich China zunehmend Einfluss als Investor sichert. Mittlerweile ist China an 61 Hafenprojekten in 30 afrikanischen Ländern beteiligt. Europa dagegen zeigt nur geringe Aktivität.

Es ist erkennbar, dass gerade in Afrika häufig Investitionen aus Asien heraus erfolgen, während europäische Unternehmen sich dort kaum an Hafeninfrastruktur beteiligen. Zugleich war man in Europa in der Vergangenheit gegenüber Investitionen aus dem außereuropäischen Ausland sehr offen. Dies hat sich in den letzten Jahren verändert, da man die kritische Bedeutung von Hafeninfrastruktur für die einzelnen europäischen Länder erkannt hat und nun bereit ist, diese zu schützen. Letztlich geht es auch um die Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit im gesamten europäischen Wirtschaftsraum, sagt Sommer abschließend.

Tags