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DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier: „Die Ausbreitung des Coronavirus wird der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr erheblich zusetzen”

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Angesichts der jüngsten Entwicklungen rund um das Coronavirus und einer aktuellen Umfrage der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China zum Thema erwartet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) auch Folgen für die deutsche Konjunktur.

Die Ausbreitung des Coronavirus wird der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr erheblich zusetzen, so die Einschätzung von DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier.

Der Experte verweist auf Produktionsausfälle bei Unternehmen in China, massive Reiseeinschränkungen und Einbrüche beim Handel zwischen China und asiatischen Nachbarländern, aber auch auf Nachfrageausfälle in Tourismus und Einzelhandel. Dies seien Szenarien, die auch auf die Wirtschaft in Deutschland und Europa zukommen könnten.

In einer ohnehin geschwächten Wirtschaftslage in Deutschland droht die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu einem wahren Konjunkturhemmer zu werden. Schon jetzt spürt die international stark vernetzte deutsche Exportwirtschaft, dass das Coronavirus den weltweiten Handel belastet und zahlreiche Unternehmen ihre Investitionsvorhaben an vielen Standorten zurückhalten, warnt Treier.

Die AHK Greater China hat am 27. Februar eine Blitzumfrage unter ihren Mitgliedsunternehmen durchgeführt,  der zufolge kein Betrieb von den Auswirkungen der Infektionswelle verschont geblieben ist.

Die Erfahrungen der über 5.000 deutschen Unternehmen in China zeigen uns, dass Mitarbeiter als Vorsorgemaßnahme ins Home-Office geschickt wurden und Messen sowie Geschäftsreisen abgesagt werden mussten.Für die Unternehmen hierzulande ist Gebot der Stunde, dass die Politik jetzt die richtigen Maßnahmen ergreift, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern, hofft Treier.

Produktion wird in China langsam wieder hochgefahren

Das Logistikunternehmen Dachser ist in Festland-China mit 19 Standorten vertreten und beschäftigt rund 650 Mitarbeiter. Wie wir auf Anfrage erfahren haben, sind bis auf das Büro in Wuhan nach den verlängerten Chinesischen Neujahrsferien alle Standorte wieder in Betrieb, wenn auch nur mit kleinen Besatzungen. Die Mehrzahl der Mitarbeiter arbeitet aber von zuhause aus.

Wir haben die einschlägigen Hygiene-Maßnahmen ergriffen, kein Mitarbeiter ist am neuartigen Sars-CoV 2 erkrankt. Die Industrieproduktion in China ist ebenfalls wieder angelaufen, allerdings noch mit deutlich verringerten Produktionsmengen. Aufgrund der Reise-Einschränkungen innerhalb Chinas ist insbesondere der überregionale LKW-Verkehr stark beeinträchtigt, das wirkt sich auch auf die Ver- und Entsorgung der Seehäfen aus. Die Frachtflüge von/aus China wurden wieder aufgenommen, allerdings sind die Kapazitäten nach wie vor knapp und entsprechend teuer, kommentiert Pressesprecher Dr. Andreas Froschmayer, Corporate Director Corporate Development, Strategy & PR, die aktuelle Lage.

Dringend benötigte Medikamente und medizinische Versorgungsgüter werden durch das Unternehmen mit einen eigenen Charter-Service von Frankfurt nach Shanghai transportiert.

Auch Deutsche Post DHL Group analysiert die Entwicklung der Lage in China sehr genau, um mögliche Auswirkungen so gering wie möglich zu halten und den Geschäftsbetrieb entsprechend anzupassen.

Angesichts des Covid-19-Ausbruchs in China hat die Regierung der Provinz Hubei eine Reihe strenger Kontrollmaßnahmen umgesetzt, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Unter anderem sind alle kommerziellen Flüge von und nach Wuhan ausgesetzt sowie alle Ausfallstraßen der Stadt abgeriegelt worden. Daher ist auch der Abhol-, Zustell-, und Lagerverwaltungsbetrieb von DHL in der Provinz Hubei aktuell ausgesetzt. Sobald die Notstandsmaßnahmen der kommunalen Behörden wieder aufgehoben worden sind, werden wir unseren Betrieb in der Provinz Hubei wieder aufnehmen. Als Reaktion auf den Ausbruch von Covid-19 wurden von den Behörden in anderen Provinzen und Städten zusätzliche Kontrollen und Bewegungsbeschränkungen eingeführt. Diese könnten in den kommenden Tagen ausgeweitet werden, sagte uns Hannah Braselmann von der Kommunikationsabteilung des Unternehmens.

Aufgrund von Problemen bei Transport, Verzollung und Zustellung hat sich das Unternehmen auch gezwungen gesehen den Versand von Paketen vorübergehend einzustellen.

Pakete, Päckchen und Warenpost International – dies betrifft nicht die Dienstleistungen von DHL Express – nach China einschl. Hongkong und Macau können aufgrund von Problemen bei Transport, Verzollung und/oder Zustellung im Zielgebiet bis auf weiteres nicht mehr angenommen werden. Sendungen in das Zielgebiet Taiwan können weiterhin transportiert werden. Briefsendungen nach China einschl. Hongkong, Taiwan und Macau werden bis auf weiteres angenommen und bearbeitet, allerdings ist aufgrund von aktuellen Einschränkungen beim Weitertransport nach und der Zustellung in China mit Verzögerungen zu rechnen, so Braselmann.

Lage in Norditalien sollte nicht unterschätzt werden

Was die Lage in Italien angeht, melden die von uns befragten Unternehmen bisher normalen Betrieb. Schwierigkeiten treten lediglich in Norditalien auf, wo in mehreren Gemeinden Sperrzonen eingerichtet wurden.

Vor dem Hintergrund der steigenden Zahl von Covid-19-Infektionen in Norditalien hat die Kommunalverwaltung eine Reihe strenger Kontrollen eingeführt, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Dazu gehört die Abriegelung mehrerer Gemeinden in der Regionen Lombardei und Venetien. Infolgedessen ist die Abholung und Zustellung durch Deutsche Post (bzw. ihre italienischen Partner) sowie DHL in den betroffenen Gemeinden der Region derzeit ausgesetzt. Sobald die Notstandsmaßnahmen der kommunalen Behörden wieder aufgehoben worden sind, werden wir unseren Betrieb in den betroffenen Gemeinden der Regionen Lombardei und Venetien wieder aufnehmen, sagt Braselmann.

Von Problemen mit der Abwicklung von Sendungen in Norditalien berichtet auch Dachser.

In Italien melden sowohl unsere eigene Tochtergesellschaft Dachser Italy (Lebensmittellogistik) mit rund 100 Mitarbeitern in Verona, als auch unser Netzwerkpartner Fercam (Industriegüter) normalen Betrieb. Lediglich vereinzelte Sendungen mit Ziel bzw. Abholung in den Ortschaften mit Zugangsbeschränkungen in der Nähe von Lodi, Lombardei, und Padua, Venetien, können nicht abgewickelt werden, so Froschmayer.

 

Trotzdem warnt Treier davor die Lage und die Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur nicht zu unterschätzen. Mit einem Handelsvolumen von über 125 Milliarden Euro ist Italien nämlich der fünftwichtigste Handelspartner Deutschlands und allein das Handelsvolumen Deutschlands mit der italienischen Provinz Lombardei fast so groß wie das mit Japan, betont der Experte.

Foto: pixabay/geralt/public domain

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