Die Europäische Kommission hat Pläne aufgegeben, verbindliche Elektrifizierungsquoten für Lkw‑Flotten einzuführen. Damit zieht sie sich von einer der umstrittensten Vorschläge der letzten Monate im Rahmen der Initiative zur „Grünung von Unternehmensflotten“ zurück.
Diese Änderung ist Teil des Automobil‑Pakets, das die Kommission am 16. Dezember 2025 vorgestellt hat und das die aktuelle EU‑Strategie zur Dekarbonisierung des Straßenverkehrs skizziert – bei gleichzeitiger Betonung der Wettbewerbsfähigkeit der Auto‑ und Logistikbranche.
Das Paket ist besonders relevant für Transportunternehmen, weil es zwei sensible Themen adressiert: die Frage verpflichtender Flottenelektrifizierung und die Zukunft der CO₂‑Emissionsvorschriften.
Verpflichtende Quoten für Elektro‑Lkw gestrichen
In früheren politischen Diskussionen hatte die Kommission geprüft, ob Unternehmen zu festen Anteilen emissionsfreier Fahrzeuge verpflichtet werden sollen, auch bei Lkw. Dieser Vorschlag, der im Rahmen der „Grünung von Unternehmensflotten“ aufkam, stieß im Transportsektor auf erheblichen Widerstand.
Mehr als 5.000 Unternehmen protestierten formal gegen den Vorschlag und warnten, dass das Erzwingen von Elektro‑Lkw‑Anschaffungen ohne ausreichende Ladeinfrastruktur, Netzkapazität oder Fahrzeugverfügbarkeit die Transportkapazität und Wettbewerbsfähigkeit gefährden würde.
Im endgültigen Automobil‑Paket sieht die Kommission daher keine EU‑weite Verpflichtung vor, die Transportunternehmen dazu zwingt, einen bestimmten Anteil ihrer Lkw‑Flotten zu elektrifizieren. Schwerfahrzeuge sind ausdrücklich von solchen Pflichtanforderungen ausgenommen.
Stattdessen erkennt die Kommission an, dass die Rahmenbedingungen für eine großflächige Elektrifizierung von Lkw noch nicht gegeben sind, besonders was Lade‑ und Betankungsinfrastruktur, Netzanschlüsse und Fahrzeugangebot betrifft.
Wie geht es mit den CO₂‑Vorschriften weiter?
Obwohl die Kommission von der verpflichtenden Flottenelektrifizierung ablässt, bleibt CO₂‑Emission ein zentrales Element der EU‑Verkehrspolitik. Das Automobil‑Paket bringt dazu wichtige Klarstellungen:
- Es werden keine neuen CO2‑Emissionsgrenzen eingeführt, und
- die bestehenden CO2‑Standards für Pkw, Busse und schwere Nutzfahrzeuge bleiben unverändert.
Für Lkw bedeutet dies: Die bereits vereinbarten CO2‑Reduktionsziele gelten weiterhin, aber es wird keine zusätzliche Verschärfung durch dieses Paket eingeführt. Ebenso wichtig: Die Kommission verknüpft die Einhaltung der CO2‑Vorschriften nicht mehr mit Pflichtkäufen von Elektrofahrzeugen durch Flottenbetreiber.
Damit räumt sie einen Kernpunkt früherer Befürchtungen aus: Dass CO₂‑Politik mittelbar über Kaufzwänge für Elektro‑Lkw durchgesetzt werden könnte – unabhängig von der betrieblichen Umsetzbarkeit.
CO₂‑Ziele und Flottenpolitik getrennt denken
Eine der wichtigsten Botschaften des Automobil-Pakets ist, dass CO2-Regulierung und die Begrünung der Flotten als getrennte politische Werkzeuge behandelt werden.
Die Kommission setzt weiterhin auf:
- CO₂-Ziele der Fahrzeughersteller,
- Infrastrukturausbau, und
- finanzielle Anreize auf nationaler Ebene, um Emissionsreduktionen voranzutreiben, anstatt Kaufzwänge für Transportunternehmen zu verhängen.
In der Einschätzung der Kommission ist der Markt für emissionsfreie Schwerfahrzeuge derzeit noch eingeschränkt durch:
- unzureichende Lade- und Betankungsinfrastruktur,
- begrenzte Netzkapazität in vielen Regionen, und
- hohe Anschaffungs- und Betriebskosten.
Vor diesem Hintergrund würde ein erzwungener Flottenaustausch laut Kommission eher die Lieferketten stören, als die Emissionen zu senken.
Nationale Ziele statt Unternehmenspflichten
Anstelle verbindlicher Regeln für individuelle Unternehmen schlägt das Paket vor, dass die Mitgliedstaaten nationale Ziele setzen, um die Einführung von emissionsarmen und emissionsfreien Fahrzeugen in Unternehmensflotten zu fördern.
Diese Maßnahmen zielen hauptsächlich auf Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge ab, wo die Elektrifizierung bereits weiter fortgeschritten ist. Für Lkw ist der Ansatz auf unterstützende Maßnahmen beschränkt, wie Infrastrukturförderung und Anreizprogramme, wobei Investitionsentscheidungen den Betreibern überlassen werden.
Ein klarer politischer Rückzug – vorerst
Für den Straßentransportsektor ist die Botschaft klar: die verpflichtende Elektrifizierung von Lkw-Flotten auf EU-Ebene steht nicht mehr auf der Agenda.
Gleichzeitig bestätigt das Automobil-Paket, dass CO₂-Reduktion ein EU-Ziel bleibt, das jedoch vorerst durch bestehende Standards, Infrastrukturinvestitionen und nationale Unterstützungssysteme angestrebt wird, anstatt durch neue Verpflichtungen für Transportunternehmen.
Während die Kommission die Tür für zukünftige politische Überarbeitungen offen lässt, spiegelt das aktuelle Paket eine vorsichtigere und pragmatischere Haltung gegenüber dem Schwerlastverkehr wider, die von starkem industriellem Druck und ungelösten Infrastrukturherausforderungen geprägt ist.









