AdobeStock

EU-Ausnahme für E-Lieferwagen: Kein Tachograph, kein Tempolimit?

Lesezeit 3 Min.

Die EU plant, 4,25-Tonnen-Elektrolieferwagen von der Pflicht zum Einbau von Tachographen und Geschwindigkeitsbegrenzern auszunehmen. Damit soll ein zentrales Hindernis bei der Elektrifizierung leichter Nutzfahrzeugflotten beseitigt werden.

Die Europäische Kommission bereitet einen Gesetzesvorschlag vor, der batterieelektrische Lieferwagen zwischen 3,5 und 4,25 Tonnen von der Ausstattungspflicht mit intelligentem Tachographen und 90-km/h-Begrenzer befreien soll. Die Initiative, die voraussichtlich am 10. Dezember vorgestellt wird, ist Teil eines umfassenden „Automotive Omnibus“-Pakets zur Vereinfachung von Vorschriften im Automobilsektor.

Die Ausnahmeregelung soll für Fahrzeuge gelten, die ursprünglich zur Kategorie N1 (bis 3,5 Tonnen) gehören, aber aufgrund des zusätzlichen Batteriegewichts in die Klasse N2 (3,5–12 Tonnen) rutschen. Ziel ist es, diese Fahrzeuge nicht den strengeren N2-Vorgaben zu unterwerfen. Die Maßnahme soll Wettbewerbsnachteile gegenüber Dieselmodellen verhindern und die Elektrifizierung von Flotten fördern – ohne dabei die Verkehrssicherheit zu beeinträchtigen.

Teil eines größeren Pakets

Die Ausnahmeregel ist Teil eines umfangreicheren Maßnahmenbündels, das die Kommission im Dezember vorstellen will. Dazu zählen unter anderem:

  • das „Automotive Omnibus“-Paket,
  • eine Überarbeitung der CO₂-Standards für Pkw und Lieferwagen,
  • die Strategie „Battery Booster“,
  • sowie die Initiative „Greening Corporate Fleets“.

Das Paket geht auf Zusagen zurück, die beim Strategischen Dialog mit der europäischen Automobilindustrie im September getroffen wurden. Schwerpunkte waren Wettbewerbsfähigkeit, Entbürokratisierung und der Übergang zur emissionsfreien Mobilität.

Euro-7-Regelung: Vereinfachte Prüfanforderungen geplant

Im selben Paket sind auch Anpassungen der künftigen Euro-7-Abgasnorm für schwere Nutzfahrzeuge geplant. Die neuen Vorschriften sollen die Realbetriebsmessungen (RDE) künftig nicht mehr für jeden Fahrzeugtyp, sondern nur noch auf Fahrzeugebene vorschreiben – ähnlich wie unter Euro VI. Ziel ist es, Doppelprüfungen und Kosten zu vermeiden, ohne die Umweltziele aufzugeben.

Überarbeitung der CO2-Vorgaben

Parallel dazu führt die Kommission eine Folgenabschätzung zur Verordnung (EU) 2019/631 durch, die CO2-Standards für neue Pkw und Lieferwagen regelt. Im Fokus stehen mögliche Vereinfachungen, Flexibilitäten und die Rolle alternativer Antriebstechnologien. Eine Überarbeitung ist für das zweite Quartal 2026 geplant.

Was kommt als Nächstes?

  • 10. Dezember 2025: Veröffentlichung des Gesetzespakets, inklusive Ausnahmeregeln für E-Lieferwagen und Euro-7-Vereinfachungen.
  • Danach: Beratung durch Europäisches Parlament und Rat.
  • Die Revision der CO₂-Vorgaben folgt separat – mit einem Entwurf im 2. Quartal 2026.

Auswirkungen auf Flottenbetreiber und Hersteller

Sollte die Ausnahme verabschiedet werden, könnten E-Lieferwagen bis 4,25 Tonnen für Betreiber deutlich attraktiver werden: Weder Tachographen noch Tempolimits wären dann nötig. Auch die durch das Batteriegewicht entstehende Nutzlastreduzierung würde weniger stark ins Gewicht fallen.

Für Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge könnte die Vereinfachung der Euro-7-Prüfung zu geringeren Compliance-Kosten führen – ohne Abstriche bei den Umweltzielen.

Insgesamt steht das Vorhaben exemplarisch für den Versuch, regulatorische Anforderungen mit der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Transport- und Automobilindustrie in Einklang zu bringen.

Tags: