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Protektionismus wird Normalität: Mit weltweit 1.291 neuen Handelsbarrieren im Jahr 2019 weiterhin nahe am Negativrekord von 2018

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26.11.2019

Die Macht des Welthandels schwindet weiter: 2019 dürfte der Handel von Waren und Dienstleistungen mit einem schmalen Plus von 1,5% das niedrigste Wachstum (Volumen) in der gesamten letzten Dekade verzeichnen. Beim Wert der gehandelten Waren dürfte für 2019 am Ende sogar ein Minus von -1,7% zu Buche stehen, das vor allem den Einbruch bei den Rohstoffpreisen geschuldet ist. Zu diesem Schluß kommt die aktuelle Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Euler Hermes. Insgesamt hat der schwache Welthandel 2019 für Exporteure zu Verlusten von 420 Milliarden US-Dollar (Mrd. USD) geführt.

Zu den größten Verlierern aufgrund des schwachen Welthandels 2019 gehört China mit Exportverlusten von –67 Mrd. USD.

Im eskalierenden Handelskrieg zwischen den USA und China kommt die Handelsumlenkung den kleinen und agilen Exporteuren am meisten zu Gute, erklärt Stefan Ruf, CEO von Euler Hermes Schweiz.

Grund für den schwachen Welthandel ist nach Ansicht der Euler Hermes Experten zum einen das deutlich langsamere Wachstum der Weltwirtschaft mit 2,5% im Jahr 2019 (+3,1% in 2018). Zudem können 2 Prozentpunkte (pp) bei den Einbußen über zwei Jahre (2019 und 2020) direkt auf die grossen Unsicherheiten und die höheren weltweiten Zölle durch den Handelskonflikt zurückgeführt werden.

Nach dem Negativrekord von 1.382 neuen Handelsbarrieren im Vorjahr verzeichnen wir auch 2019 weltweit wieder 1.291 neue Maßnahmen – Protektionismus wird zur Normalität, sagt Stefan Ruf.

Das Imperium schlägt auch 2020 nicht zurück

Auch 2020 wird das Imperium des Welthandels nicht gerade mit voller Wucht zurückschlagen. Das Schlimmste dürfte zwar vermutlich vorbei sein, allerdings erwarten die Euler Hermes Experten im kommenden Jahr ebenfalls nur magere 1,7% Wachstum des Welthandels. Der Handelskonflikt mit seinen Zöllen wird auch 2020 weiterhin die Geschehnisse prägen.

Der oberflächliche Mini-Deal zwischen den USA und China, der schwächelnde Handel von Dienstleistungen sowie ein vollgepackter politischer Terminkalender mit jeder Menge Unsicherheiten lassen wenig Hoffnung für einen großartigen Aufschwung, so Stefan Ruf. Das Wachstum der Weltwirtschaft verlangsamt sich noch weiter auf +2,4% (2019: 2,5%) – zudem müssen sich einige Exportnationen noch von den Verlusten im aktuellen Jahr erholen.

Trotzdem ist eine Eskalation zum Handelskrieg eher unwahrscheinlich, was nicht heißt, dass eine Deeskalation in Sicht ist.

Wir gehen davon aus, dass wir weiterhin in einem ‘Handelskonflikt-Szenario’ bleiben, sagt Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe und der Allianz. Eine Eskalation zum Handelskrieg erscheint aktuell eher unwahrscheinlich, eine großartige Deeskalation zeichnet sich nach unserer Einschätzung allerdings auch nicht ab. Die USA werden vor den Wahlen vermutlich auf eine weitere grosse Zollrunde verzichten, aber eine Rückkehr zum Niveau der Ära vor Präsident Trump ist auch nicht sehr wahrscheinlich.

Die Euler-Hermes-Experten gehen weiterhin von einem durchschnittlichen Zollsatz in den USA von rund 8% aus (mit einer gewissen Volatilität) sowie von negativen Auswirkungen über zwei Jahre (2019/2020) von 0,5pp auf das Wachstum der Weltwirtschaft und 2pp des Welthandels.

Verschoben ist nicht aufgehoben: Zölle auf europäische Autos nur vertagt

In Europa dürften insbesondere die sowieso schon gebeutelten Autobauer bangen. Zwar hat Präsent Trump die Entscheidung über Zölle auf europäische Automobile auf 2020 vertagt, eine Entwarnung ist dies jedoch keinesfalls:

Verschoben ist nicht aufgehoben, sagt Subran. Die Europäische Zentralbank (EZB), Deutschland und die EU insgesamt standen schon mehrfach in Trumps Twitter-Kritik. Die Sorge, dass er in rund sechs Monaten Zölle auf europäische Autoexporte ankündigen, ist also alles andere als unbegründet. Zumal eine weitere Eskalation der Zölle auf chinesische Einfuhren zum Eigentor werden könnten, da sie die amerikanischen Endverbraucher direkt treffen würden. Im Wahljahr wahrscheinlich keine so gute Idee. Da ist ein Fokus auf Europa wesentlich wahrscheinlicher.

Foto: Pixabay

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