Wie die Außenwirtschaftsagentur Germany Trade & Invest (GTAI) mitteilt, müssen Importeure und Exporteure künftig ein sogenanntes Shipment Certificate über die Plattform SABER beantragen, bevor sie eine Zollanmeldung in Saudi-Arabien vornehmen.
Das Zertifikat ist ab sofort Voraussetzung für jede Einfuhrabfertigung – unabhängig davon, ob die Ware als „reguliertes“ oder „nicht reguliertes“ Produkt eingestuft ist.
„Ohne Zertifikat ist keine Zollabfertigung möglich“, erklärt Joanna Porath, Inhaberin der Zollagentur AC Porath. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den Anforderungen vertraut machen, um Lieferverzögerungen zu vermeiden.
Das SABER-System, betrieben von der Saudi Standards, Metrology and Quality Organization (SASO), verknüpft Importeur, Zollverwaltung und akkreditierte Prüforganisationen. Ziel ist die Stärkung der Produktsicherheit und die Standardisierung von Einfuhrverfahren.
Regulierte und nicht regulierte Produkte
Das saudi-arabische Konformitätsprogramm unterscheidet künftig zwischen regulierten und nicht regulierten Produkten.
- Regulierte Produkte – etwa Bauprodukte, Farben, Chemikalien und bestimmte Maschinen – müssen durch eine zertifizierte Prüfstelle bestätigt werden. Die technische Konformität wird anhand saudischer Vorschriften überprüft.
- Nicht regulierte Produkte gelten als risikoarm. Für diese reicht eine Selbsterklärung („self-declaration certificate“) in SABER, ergänzt durch eine technische Produktakte.
Laut GTAI ist die Maßnahme Teil eines umfassenden Programms zur Modernisierung des saudischen Marktzugangs. Sie soll gleichzeitig den Warenimport digitalisieren und Zertifizierungsprozesse vereinfachen.
Auswirkungen auf Transport- und Logistikunternehmen
Für europäische Speditionen und Logistikdienstleister, die regelmäßig Transporte nach Saudi-Arabien durchführen, bringt die Regelung zusätzlichen bürokratischen Aufwand mit sich.
Frachtführer müssen sicherstellen, dass die Versandzertifikate bereits vor der Verschiffung oder dem Abflug ausgestellt sind. Ohne gültige SABER-Registrierung drohen Verzögerungen in den Häfen Jeddah, Dammam und King Abdullah Port.
Nach Angaben von Eurostat betrug der Export der Europäischen Union nach Saudi-Arabien im Jahr 2024 rund 39,2 Milliarden US-Dollar. Zu den wichtigsten Produktgruppen zählen Maschinen, Chemieerzeugnisse, Fahrzeuge, Lebensmittel und Möbel – also Waren, die häufig auf dem Seeweg transportiert werden und unter die neuen SABER-Vorgaben fallen.
Auch polnische, deutsche und baltische Logistikunternehmen sind betroffen, da sie über Rotterdam, Hamburg oder Gdańsk regelmäßig Exporte nach Saudi-Arabien abwickeln.
Polnischer Export als Beispiel
Polnische Unternehmen zählen zu den größten europäischen Exporteuren von Halal-Geflügel, Keramikprodukten, Möbeln und Kosmetika in den Golfstaat. Diese Warengruppen gelten nach den neuen Vorgaben teilweise als reguliert und erfordern eine formelle Konformitätsprüfung.
„Für viele unserer Kunden im Lebensmittelsektor bedeutet das, dass die SABER-Registrierung künftig integraler Bestandteil der Lieferplanung wird“, sagt Porath. Der administrative Aufwand könne steigen, wenn Zertifikate nicht rechtzeitig vorliegen.
ATA-Carnet bleibt für Messen gültig
Für temporäre Einfuhren – etwa bei Messen, Ausstellungen oder Demonstrationen – bleibt die Nutzung des ATA-Carnets weiterhin möglich. Das von der Internationalen Handelskammer (ICC) anerkannte Zollverfahren ermöglicht eine vereinfachte, zeitlich begrenzte Einfuhr ohne zusätzliche Sicherheitsleistung oder Zollanmeldung.
„Mit dem ATA-Karnet sparen Unternehmen Zeit und vermeiden komplexe Zollformalitäten“, erläutert Porath. Das Verfahren ist besonders relevant für Logistik- und Maschinenbauunternehmen, die an saudischen Fachmessen teilnehmen.
Handlungsempfehlung für Exporteure
Zoll- und Außenwirtschaftsexperten empfehlen Unternehmen, ihre Produktklassifizierungen und Lieferketten frühzeitig zu überprüfen. Wichtig sei, zu klären:
- ob die exportierten Waren als reguliert gelten,
- ob die Konformitätsbewertung über eine akkreditierte Stelle erfolgt,
- und ob das Unternehmen bereits im SABER-System registriert ist.
Ohne die frühzeitige Beantragung des Shipment Certificates kann es an saudischen Grenzen zu mehrtägigen Verzögerungen und zusätzlichen Lagerkosten kommen.
„Die Einführung der SABER-Zertifikate ist eine strukturelle Reform“, betont Porath. „Sie soll die Einfuhrprozesse langfristig vereinfachen – kurzfristig bedeutet sie jedoch mehr Vorbereitung für alle Beteiligten in der Lieferkette.“
Hintergrund: EU-Saudi-Handel auf Wachstumskurs
Trotz wachsender Regulierung bleibt der saudische Markt für europäische Exporteure attraktiv. Laut der Europäischen Kommission erzielte die EU im ersten Quartal 2025 einen Handelsüberschuss von 0,73 Milliarden Euro im Handel mit Saudi-Arabien.
Die Importe des Königreichs aus der EU beliefen sich in den ersten drei Monaten des Jahres auf 52,2 Milliarden Saudi-Riyal (rund 13 Milliarden Euro).
Die wichtigsten saudi-arabischen Einfuhrhäfen – Jeddah Islamic Port und King Abdulaziz Port in Dammam – dienen zunehmend auch als Transitpunkte für Warenströme aus Europa nach dem Golf und Ostafrika, was die Bedeutung logistischer Compliance weiter erhöht.