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Studie: Wie viele Schnellladestationen werden für den Langstrecken-LKW-Verkehr in Europa benötigt?

Wie viele Schnellladestationen werden in Europa benötigt? Diese Frage beantwortet eine gemeinsame Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und Amazon, die die optimale Anzahl und Standorte öffentlicher Schnellladestationen für den Langstrecken-LKW-Verkehr in Europa ermittelt.

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Damit Elektro-LKW im Fernverkehr eingesetzt werden können, wird ein entsprechendes Netz an Schnellladestationen entlang der europäischen Autobahnen benötigt. Dazu hat die Europäische Union eine Verordnung ((EU) 2023/1804 ) über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe erlassen, die Mindestziele für die Infrastruktur entlang des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) festlegt.

Laut der gemeinsamen Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe und des Onlineversandhändlers Amazon, die mit Hilfe des Open-Source-Tools “Chalet” von Amazon 20.000 potenzielle Standorte für LKW-Ladestationen entlang europäischer Autobahnen analysiert, könnten bei einem Anteil von 15 Prozent batteriebetriebener LKW im Fernverkehrsbestand 1000 optimal ausgewählte öffentliche Megawatt-Ladestationen ausreichen, um 91 Prozent des erwarteten Langstreckenverkehrs von E-LKW abzudecken.

Die Erkenntnisse überraschen auf den ersten Blick, da die Anzahl geringer ausfällt als die in der EU-Verordnung für alle Mitgliedstaaten vorgelegten Mindestinfrastrukturziele, laut der es in Deutschland bis 2030 insgesamt rund 300 LKW-Ladestationen und europaweit mehr als 2.000 geben soll.

Optimales Ladenetz für den EU-Fernverkehr

Um ein optimiertes LKW-Ladenetz zu entwickelt, das den erwarteten Ladebedarf mit einer Mindestanzahl an Ladestationen deckt, basiert die Studie auf Berechnungen des europäischen LKW-Verkehrsaufkommens im Jahr 2030, öffentlich zugänglicher Standorte in Europa und bereits vorhandenen LKW-Haltestellen.

Weiter heißt es, dass die Studie auch “Kapazitätsbeschränkungen im Hinblick auf Platzverfügbarkeit sowie Netzanschluss berücksichtigt und berechnet einen optimierten, schrittweisen Netzausbau entlang der Strecken mit der höchsten Nachfrage in Europa”. Bei ihren Berechnungen gingen die Autoren zudem konservativ vor, “sie nahmen kein Depotladen an und legten eine Praxisreichweite von nur 400 Kilometer zugrunde, die einige neue Batterie-LKW-Modelle bereits heute überschreiten.”

Was die optimalen Standorte für LKW-Ladestationen in Europa anbelangt, empfiehlt die Studie, den Fokus auf stark befahrene Strecken an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu legen. Wenn das Ladenetz später ausgebaut wird, können sukzessive Standorte auf weniger stark befahrenen Strecken hinzukommen.

Studienautor und Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI, Priv.-Doz. Dr. Patrick Plötz, weist allerdings auf einen wichtigen Punkt hin:

Diese neuen Standorte müssen aber eine ausreichende Netzleistung haben, wobei einige eine Kapazität von bis zu 12 Megawatt benötigen werden, um bis zu 20 MCS-Anschlüsse versorgen zu können. Dies verdeutlicht die Herausforderungen beim Energiebedarf und der Netzinfrastruktur, den die Elektrifizierung des europäischen LKW-Güterfernverkehrs mit sich bringt. Mehrere europäische Regierungen arbeiten aber bereits aktiv an genau diesen Herausforderungen.“

Dies ist auch der Ansatz der Bundesregierung, die vorab Netzanschlüsse in Auftrag gibt, bevor die eigentlichen Ladestationen ausgeschrieben werden.

Ein strategisch geplantes Netz auf der Grundlage von Megawatt-Ladestationen, könnte die Verbreitung batteriebetriebener LKW in Europa stark fördern.

Unsere Untersuchung legt nahe, dass Industrie und Politik die weitere Entwicklung und Einführung von Megawatt-Ladesystemen wie MCS beschleunigen müssen. Denn dies ermöglicht etwa Logistikunternehmen, die keine Möglichkeit zum Depotladen haben, ihre Flotten zu elektrifizieren. Durch öffentliche MCS-Stationen könnten Herausforderungen etwa bei der Stromversorgung oder durch den Erwerb entsprechender Immobilien vermieden werden, die oft eine große Hürde für die Anschaffung von batteriebetriebenen LKW sind”, so Patrick Plötz abschließend.

Die Studie “Optimized demand-based charging networks for long-haul trucking in Europe” steht in englischer Sprache auf der Webseite des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) zum Download bereit.

Die vorgestellte Studie ist Teil des HoLa-Projekts, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen der Förderrichtlinie Elektromobilität mit insgesamt 12 Millionen Euro gefördert und das Hochleistungsladen von Elektro-LKW erforschen soll.

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