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Gefährdet die demografische Katastrophe die Transportbranche: Zu wenige junge Menschen wollen LKW-Fahrer werden

Die demografische Falle schnappt auch in der Transportbranche zu. Ohne Sofortmaßnahmen wird sich der Fahrermangel in den nächsten Jahren weltweit verdoppeln. Die Ergebnisse des jüngsten Berichts der IRU sind alarmierend: In den meisten der untersuchten Länder liegt der Anteil der Fahrer unter 25 Jahren bei 12 Prozent oder sogar darunter. Lediglich in China und Usbekistan macht die jüngste Altersgruppe mehr als 12 Prozent aller Fahrer aus - in China liegt der Anteil bei 17 Prozent und in Usbekistan bei 25 Prozent. Für die Umfrage hat die IRU 4.700 Speditionsunternehmen aus Europa, Asien und Amerika befragt.

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Dass junge Fahrer eine Minderheit darstellen, liegt daran, dass auch in der Transportbranche die demografische Falle zuschnappt. Allerdings ist die Situation schlechter als in anderen Wirtschaftszweigen. Der Anteil der unter 25-Jährigen, die im Transportgewerbe arbeiten, ist in allen untersuchten Ländern mit Ausnahme von Mexiko und den bereits erwähnten Ländern Usbekistan und China niedriger als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Dies bedeutet eine geringe Attraktivität des Berufs für junge Menschen. Parallel dazu ist in den meisten Regionen der Anteil von Fahrern über 55 Jahren sehr hoch – deutlich höher als der Durchschnitt in anderen Branchen und deutlich höher als der Anteil der unter 25-Jährigen. Dies bedeutet, dass der Fahrermangel in naher Zukunft noch zunehmen wird, da die zahlenmäßig begrenzte Gruppe junger Fahrer nicht in der Lage sein wird, die in den Ruhestand tretenden Fahrer zu ersetzen, heißt es in dem Bericht.

Europa erreicht Talsohle

Vor allem in Europa ist die Situation dramatisch, wo das durchschnittliche Alter der Fahrer bei 47 Jahren liegt. Bereits ein Drittel der LKW-Fahrer ist 55 Jahre und älter. Das ist deutlich mehr als der Anteil dieser Altersgruppe an der erwerbstätigen Bevölkerung in Europa. Hinzu kommen verhältnismäßig wenig junge Fahrer – lediglich 5 Prozent der LKW-Fahrer sind in Europa unter 25 Jahre alt.

Ebenfalls in Russland ist die Situation schwierig – lediglich 4 Prozent der Fahrerstellen sind mit jungen Fahrern besetzt. Die Ältesten machen dagegen 31 Prozent aller LKW-Fahrer aus.
Etwas besser ist die Lage in Ländern wie Argentinien, China und Mexiko, die mit je 16 Prozent, 14 Prozent und 13 Prozent einen viel geringeren Anteil an Fahrern über 55 Jahren haben.
Die Zukunft sieht wenig optimistisch aus, allerdings gibt es Positivbeispiele, wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten, wo der Trend umgekehrt wurde und der Anteil der jungen Fahrer unter 25 Jahren von 6 Prozent im Jahr 2020 auf mehr als 8 Prozent im Jahr 2022 angestiegen ist.


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Frauen gegen Fahrermangel

Eine Möglichkeit, den eskalierenden Mangel an LKW-Fahrern zu beheben und den demografischen Wandel in der Transportbranche umzukehren, besteht darin, mehr Frauen für den Beruf zu gewinnen. In fast allen untersuchten Ländern machen Frauen weniger als 6 Prozent aller LKW-Fahrer aus. Das ist deutlich weniger als in anderen Berufen in der Transportbranche. Lediglich in den USA sind 8 Prozent aller Fahrerstellen von Frauen besetzt. Zum Vergleich: In Europa beträgt dieser Anteil 4 Prozent und in China 6 Prozent.

In Deutschland könnte der Fahrermangel jährlich um rund 20.000 Fahrer zunehmen

Der Mangel an qualifiziertem Fachpersonal bereitet auch der Logistik-und Transportbranche in Deutschland Kopfzerbrechen. Eine Anfang 2023 veröffentlichte Konsortialstudie zur „Begegnung von Kapazitätsengpässen in der Logistik mit Schwerpunkt Fahrpersonal“ unter der Leitung der Professoren Wolfgang Stölzle von der Logistics Advisory Experts (Spin-off der Universität St. Gallen), Thorsten Schmidt von der Technischen Universität Dresden und Christian Kille vom Institut für Angewandte Logistik der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) hat anhand eines eigens für die Studie entwickelten Modells den Mangel an Fahrpersonal auf Basis aktueller Statistiken quantifiziert und berechnet, dass aktuell mehr als 70.000 LKW-Fahrer fehlen und dass der Fahrermangel jährlich um rund 20.000 Fahrer zunehmen wird. Wie die Experten betonen, ist dieser Mangel damit relativ gesehen größer als in der Pflege oder der Erziehung. Darüber hinaus hat die Studie ergeben, dass durch den Fahrermangel im Jahr 2022 zusätzliche Kosten für die deutsche Wirtschaft in Höhe von ca. 10 Milliarden Euro entstanden sind.

Langsam, aber sicher machen sich auf dem Arbeitsmarkt auch die Folgen des demographischen Wandels bemerkbar. In den nächsten zehn Jahren werden in Deutschland voraussichtlich 7,3 Millionen Menschen in Rente gehen. Wenn bei gleichbleibender Nachfrage nach Fachkräften weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten, droht eine deutliche Verschärfung der Fachkräfteengpässe. Das belegt eine repräsentative Studie des KOFA von 2022.
Stark geprägt von einer möglichen Verschärfung des Fachkräftemangels könnte auch die Logistikbranche sein. Der Anteil der Älteren liegt hier bei 32,4 Prozent. Sollten diese Personen in den kommenden zehn Jahren in den Ruhestand gehen, könnte das den Arbeitsmarkt kräftig beeinträchtigen.

Zusammenarbeit: Natalia Jakubowska

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