Schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie beunruhigte akuter Fahrermangel die europäische Transportbranche. Überdies ist das Durchschnittsalter in diesem Sektor sehr hoch, was die künftige Situation auf dem Markt noch schwieriger machen wird. Laut Schätzungen sind bereits gegenwärtig mehr als 20 Prozent aller LKW-Fahrerstellen europaweit nicht besetzt. Könnten autonome Nutzfahrzeuge wenigstens eine Teillösung darstellen? So eine Ansicht vertritt der Hersteller von fahrerlosen Udelv-Lieferwagen.
In ganz Europa herrscht seit einigen Jahren ein gravierender LKW-Fahrermangel und das Problem wird immer akuter, weil der Bedarf an Berufskraftfahrern in der Wirtschaft stetig ansteigt, aber gleichzeitig ist das Durchschnittsalter in diesem Gewerbe sehr hoch. Viele LKW-Fahrer werden in den kommenden Jahren pensioniert.
Allein in Deutschland werden bis zum Jahr 2027 beinahe 40 % der LKW-Fahrer in den Ruhestand gehen. Ähnlich sieht die Situation in Dänemark aus. Dort ist jeder zweite Trucker über 50 Jahre alt und fast jeder fünfte über 60 Jahre. Der dänische Transportarbeitgeberverband ATL schlägt Alarm.
– Es ist sehr besorgniserregend. Die Branche steht vor einer gigantischen Herausforderung bei der Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitern. Andernfalls wird es in einigen Jahren viel zu wenig Menschen geben, um die Lastwagen zu fahren, sagt ATL-Direktor Lars William Wesch gegenüber dem Portal transportmagasinet. Vor zehn Jahren waren 37 Prozent der Lkw-Fahrer über 50 Jahre alt. Jetzt sind es 50 Prozent, fügt er hinzu.
Auch die britische Road Haulage Association (RHA) scheint sehr beunruhigt zu sein. Vor einigen Tagen haben ihre Vertreter die britische Regierung aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um eine „wachsende Krise des Fahrermangels“ zu lindern. Einer ihrer Wünsche ist es, dass LKW-Fahrer in die Liste der bedrohten Berufe aufgenommen wird. So ein Schritt könnte es Ausländern erleichtern, als Trucker in Großbritannien zu arbeiten, so die RHA.
Autonome Nutzfahrzeuge als Teillösung des Problems für die Zukunft?
Der Hersteller von Mobileye-Cameras und fahrerlosen Udelv-Lieferwagen hat neulich angekündigt, 35.000 autonome Transporter bis zum Jahr 2028 auf den Markt zu bringen.
Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach autonomen Lieferungen deutlich angestiegen ist, weil Paketempfänger Bedenken hinsichtlich der Sicherheit haben, so Prof. Amnon Shashua, Präsident und CEO von Mobileye. Dies erzwingt Veränderungen in Transportunternehmen.
Laut Schätzungen von Intel, dem Eigentümer von Mobileye, beträgt die Zustellung auf der letzten Meile bis zu 53 Prozent der Gesamtkosten der Ware. Bis 2030 könnte das Volumen der Kurierzustellungen in Städten um 75-80 Prozent steigen, was bedeutet, dass die Gesamt anzahl der Lieferwagen um 36 Prozent erhöht werden müsste.
Angesichts der Statistiken zum Fahrermangel wird es schwierig sein, eine solche Flotte zu besetzen. Demnach könnten die autonomen Lieferwagen eine Lösung darstellen.
Die ersten Straßentests der Udelv-Transporter sollen bereits im kommenden Jahr in Frankreich und Israel beginnen. Auch der erste Großauftrag liegt bereits vor. Der US-Flottenbetreiber Donlen wird 1.000 autonome Lieferwagen anschaffen. Jedes Fahrzeug soll über 10 Kameras, 6 Radarsensoren sowie das LIDAR-System zur Tempomessung verfügen. So ein Transporter könnte eine Geschwindigkeit von sogar 104 km/h erreichen. Möglich wäre auch eine menschliche Fernkontrolle.
Foto: Udelv