Quantum Systems, nach eigenen Angaben Europas Marktführer für KI-gesteuerte unbemannte Systeme, hat die Übernahme des Münchner Start-ups Fernride bekanntgegeben. Laut Pressemeldung vom 17. Dezember 2025 will das Unternehmen mit dem Schritt seine Fähigkeiten im Bereich der Bodenautonomie stärken und eine übergreifende Systemlösung für Luft- und Bodeneinsatz schaffen.
„Fernride hat eine der fortschrittlichsten und skalierbarsten Plattformen für autonome Bodensysteme entwickelt“, sagte Martin Karkour, Chief Revenue Officer bei Quantum Systems.
Ziel sei die Integration in die bestehende KI-Software MOSAIC UXS, die für multi-domain Einsätze entwickelt wurde.
Auch Fernride-Co-Gründer und CEO Hendrik Kramer zeigte sich überzeugt:
„Europa braucht dringend souveräne Autonomielösungen. Gemeinsam mit Quantum Systems können wir unsere Technologie auf ein neues Level heben.“
Laut Kramer soll der Einsatz im Verteidigungsbereich forciert werden, die dort gewonnenen Erfahrungen könnten in Zukunft auch wieder für die zivile Logistik nutzbar gemacht werden.
Kaufpreis bleibt ungenannt, Bewertung deutlich gefallen
Zu finanziellen Details der Transaktion äußerten sich beide Unternehmen offiziell nicht. Das Handelsblatt berichtet unter Berufung auf Insider, dass der Kaufpreis im niedrigen zweistelligen Millionenbereich liegen soll. Zum Vergleich: Noch im September wurde Fernride bei einer Finanzierungsrunde mit 145 Millionen Euro bewertet.
Bereits im Herbst hatte Fernride angekündigt, das Geschäft mit ferngesteuerten Zugmaschinen für Hafeneinsätze aufzugeben. Die Hälfte der Belegschaft musste gehen, das Unternehmen konzentriert sich seither ausschließlich auf autonome Militärlogistik.
„Vielleicht kann man es manchmal gar nicht allein schaffen und muss realistisch sein, in welcher Struktur man Dinge beschleunigen kann“, sagte Kramer im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Marktzugang im Militärsektor als kurzfristiges Ziel
Quantum Systems, das 2025 nach mehreren Aufträgen der Bundeswehr zum „Unicorn“ aufstieg, will Fernride schnell in laufende Projekte integrieren. Laut Unternehmensangaben sind erste gemeinsame Produkte für das erste Halbjahr 2026 geplant. Gespräche mit zwei europäischen Streitkräften laufen bereits.
Besonders relevant: Fernride war das erste Unternehmen in Europa, das eine TÜV-Zulassung für autonome LKW erhielt, ein wichtiger technologischer Vorsprung. Laut Quantum Systems sollen die Kompetenzen in Containerterminals, Yard-Operations und Verteidigungslogistik gebündelt und auf neue Anwendungsfelder übertragen werden.
Rückkehr in die zivile Logistik nicht ausgeschlossen
Auch wenn der Fokus zunächst klar auf dem militärischen Bereich liegt, soll der zivile Markt mittelfristig nicht aus dem Blick geraten. „In Zukunft wird diese Erfahrung auch zurück in die zivile Logistik übertragen“, heißt es in der offiziellen Mitteilung von Fernride.
Die Konkurrenz schläft indes nicht: Mit Arx Robotics und Rheinmetall sind bereits zwei weitere Schwergewichte im Bereich ferngesteuerter Bodenlogistik aktiv. Rheinmetall, als Hauptlieferant militärischer LKW für die Bundeswehr, arbeitet laut eigenen Angaben an „Retro-Kits“ zur Nachrüstung bestehender Fahrzeuge für Teleoperation.
Fazit: Rettung mit Potenzial, Integration bringt Stabilität und neue Chancen
Mit der Übernahme durch Quantum Systems bekommt Fernride die Chance auf einen Neustart unter neuen Vorzeichen, aber mit technologischer Substanz. In einem von geopolitischen Spannungen geprägten Marktumfeld sind schnelle Einsatzfähigkeit, Skalierbarkeit und militärische Verwertbarkeit entscheidende Kriterien. Ob Fernride auch langfristig wieder im zivilen Transportgeschäft mitspielt, bleibt offen die Voraussetzungen sind geschaffen.









