Ein weiteres Unheil kommt auf die Lieferketten zu. Welche Auswirkungen wird der erneute Pandemieausbruch in China haben?

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Als hätten die Lieferketten im letzten Jahr zu wenig gelitten, bleiben sie von dem Schicksal weiterhin nicht verschont. In der südchinesischen Provinz Guangdong, wo sich die wichtigsten Produktionsstätten des Landes befinden, ist das Coronavirus zurück und schränkt den Hafenbetrieb ein.

Ende Mai wurden bei Arbeitern im Hafen von Yiantian im südchinesischen Shenzhen Fälle von COVID-19 festgestellt. Die Hafenbehörden haben als Reaktion auf die Vorfälle strenge Einschränkungen eingeführt. Dadurch kam es zu erheblichen Verzögerungen bei der Einfahrt von Schiffen und beim Entladen von Containern.

Der Yantian International Container Terminal steht unter Quarantäne und wird von den lokalen Behörden einem Desinfektionsverfahren unterzogen, um die Ausbreitung des COVID-19-Virus einzudämmen. Wir erwarten in den kommenden Wochen Terminalüberlastungen und Schiffsverzögerungen von bis zu 14 Tage, meldet Maersk.

Das Unternehmen gab außerdem bekannt, dass deren 34 Schiffe von Verspätungen betroffen sind. Anfangs informierte die Reederei seine Kunden über eine Verzögerung von 7-8 Tagen. Aktuell ist die Rede von zwei Wochen.

Chinas Export-Herz schlägt langsamer

Die Hafenschließung ist ein weiterer Schlag für die ohnehin schon stark angeschlagenen Lieferketten. Als direkte Folge der Beschränkungen stecken im Hafen 200. 000 TEU Fracht fest. Darüber hinaus warteten 50-60 Schiffe Ende Mai und Anfang Juni auf die Einfahrt in den Hafen. Im Yantian International Container Terminal, der ein Fenster zur Welt und ein Ort für den Export von in der Region produzierten Waren ist, werden jährlich 13 Millionen TEU Güter umgeschlagen. Die als Shenzhen-Hafen fungierende Hafengruppe war 2020 der drittgrößte Containerhafen der Welt. Laut der chinesischen Tageszeitung „Global Times” ist der Hafen von Yantian für ein Drittel des Außenhandels Guangdongs und ein Viertel des Handels Chinas mit den USA verantwortlich.

In dieser Woche bleibt das Westterminal aufgrund von Beschränkungen geschlossen, während das Ostterminal nur zu 30 Prozent in Betrieb ist.
Aufgrund der langen Wartezeiten, versuchen die meisten Logistikunternehmen den Hafen von Yantian zu umfahren und ihre Schiffe in das nahe gelegene Shekou oder andere Häfen umzuleiten.

Wir beobachten die Situation weiterhin genau und tun unser Bestes, um die Auswirkungen auf die Lieferkette so weit wie möglich zu minimieren, betont Maersk in einer Meldung seinen Kunden gegenüber.

Die andauernden Beschränkungen, Staus und Verzögerungen in den Häfen werden sich auf das Exportvolumen aus China nach Europa und in die USA auswirken. Denn Shenzhen ist das wichtigste Produktionszentrum in China. Darüber hinaus ist die bloße Tatsache, dass die COVID-19-Pandemie in die Provinz zurückkehrt ist, eine schlechte Nachricht für die Verbraucher weltweit. Die Beschränkungen können sich auf das Produktionsniveau vieler Industriebetriebe in der Region auswirken. Dadurch werden Spediteure nicht nur um Platz auf Schiffen und Container kämpfen müssen, sondern auch um die nun in einem geringerem Maße produzierten Güter konkurrieren.

Begrabene Hoffnungen auf sinkende Preise

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die aktuelle Situation in den südchinesischen Häfen zusätzlich zum Anstieg der Raten im Seeverkehr beitragen wird. Diese brechen seit Anfang Mai sämtliche Rekorde, was auf die Blockade des Suezkanals zurückzuführen ist.
Ende Mai überstieg der Drewry-Containerratenindex auf der Route von Shanghai nach Rotterdam die Marke von 10 Tausend US-Dollar und erreichte das Niveau von 10.174 US-Dollar. Das sind etwa 485 Prozent mehr gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Noch im März lag der Index unter 8 Tausend Dollar.
Auch der Preisindex auf der Strecke Shanghai-Genua dürfte bald die Marke von 10.000 überschreiten – noch vor kurzem verzeichnete er einen Wert von 9.662 US-Dollar.
In der ersten Juniwoche, als die ersten Auswirkungen der Beschränkungen im Hafen von Yantian bereits sichtbar waren, stieg der Tarifindex auf der Strecke Shanghai-Rotterdam Woche für Woche um 3 Prozent, auf der Strecke von China nach Genua – um 2 Prozent. Höhere Anstiege wurden auf den nordamerikanischen Strecken verzeichnet – 4 Prozent auf der Strecke nach Los Angeles und sogar 6 Prozent nach New York. Die Hoffnungen der Branche, dass sich die Raten in der Urlaubssaison stabilisieren würden, machten die Probleme der südchinesischen Häfen zunichte.

Schwierigkeiten zu Weihnachten

Darüber hinaus macht sich die chinesische „Global Times” Sorgen um die Lieferung von Waren nach Europa und Nordamerika zu Weihnachten. Experten warnen, dass die Exportsaison für Weihnachtsartikel im August und September ist.Wenn die Probleme mit Containern bis dahin nicht gelöst sind, könnten globale Lieferketten Probleme haben, die Wünsche an den Weihnachtsmann zu erfüllen.

Foto: wallpaperflare.com

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