Bartosz Wawryszuk

Lkw-Kartell: Neue Beweise, neue Hoffnung für Transportunternehmen

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Eine intensive, mehrtägige Runde von Expertenanhörungen zu Fällen im Zusammenhang mit dem Kartell der Lkw-Hersteller hat in München begonnen. Dies ist ein weiterer Schritt im jahrelangen Kampf von Kunden um Entschädigung von Herstellern wie MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco, DAF und Scania, denen von der Europäischen Kommission nachgewiesen wurde, illegale Preisabsprachen getroffen zu haben. Obwohl seit der Aufdeckung des Kartells mehrere Jahre vergangen sind, laufen die Zivilklagen noch immer — und das Ende November könnte entscheidend sein.

Die 37. Zivilkammer des Landgerichts München I hat eine gemeinsame Beweisaufnahme vom 24. bis 28. November 2025 für 36 Verfahren zum Lkw-Kartell angesetzt. Aufgrund der großen Anzahl von Teilnehmern — über 100 Anwälte und Vertreter — wurde die Veranstaltung in die Wappenhalle in München-Riem verlegt.

Streit um wirtschaftliche Analysen

Das Gericht hat zwei Wirtschaftswissenschaftler beauftragt zu untersuchen, ob das Kartell zu Preiserhöhungen geführt hat und in welchem Ausmaß. Die Experten stützten sich auf Regressionsanalysen, doch ihre Schlussfolgerungen wurden von Herstellern und einigen Vertretern stark angefochten.

Die Anhörungen zielen darauf ab, wesentliche Zweifel bezüglich der Methodik und Qualität der Beweise zu klären.

Hersteller vs. geschädigte Parteien

Die Hersteller behaupten, dass das Kartell nicht zu realen Verlusten für die Kunden führte.
Die Kläger, darunter die Deutsche Bahn, die Bundeswehr und Transportunternehmen, betonen jedoch, dass die illegalen Absprachen einen direkten Einfluss auf die Preise hatten, was durch die Entscheidungen der Europäischen Kommission bestätigt wurde.

Erinnern Sie sich daran, dass die EG 2016–2017 Geldstrafen gegen Lkw-Hersteller verhängt hat wegen der Koordinierung der Fahrzeuglistenpreise und Zulagensätze für Emissionstechnologien von 1997–2011.

Folglich fordern tausende Transportunternehmen Entschädigungen und behaupten, sie hätten für Fahrzeuge überbezahlt. Der Gesamtanspruch in Deutschland beläuft sich auf etwa 500 Millionen Euro.

Neue Impulse aus Frankreich: Erste Entschädigung für Frachtführer

Im Oktober 2025 wurde das erste Urteil in Frankreich zugunsten der vom Lkw-Kartell Geschädigten gesprochen.

Das Handelsgericht in Bordeaux verordnete Daimler, über 7.700 Euro für jedes qualifizierte Fahrzeug zu zahlen — berichtete die Anwaltskanzlei Lex-Port.

Dies ist das erste Urteil in einem privaten Fall gegen einen Hersteller in diesem Streit in Frankreich. Die Kanzlei bezeichnet es als einen “doppelten Sieg”:

  • Entschädigung von Daimler wurde erlangt,
  • laufende Verfahren wurden vom Gericht in Lyon übernommen, das zuvor Entscheidungen getroffen hatte, die für Frachtführer ungünstig waren.

Das Urteil ist bedeutend für hunderte Unternehmen, die von 1997–2011 Lkw kauften.

Lex-Port betont, dass französische Gerichte Überzahlungen von etwa 9 Prozent akzeptieren, und die Anwaltskanzlei bereitet bereits weitere Klagen vor — dieses Mal gegen Scania.

Wie haben andere europäische Gerichte entschieden? Eine vielfältige Landschaft

Frankreich hat erst kürzlich sein erstes positives Urteil erlebt, aber in anderen Ländern haben die Verfahren sehr unterschiedliche Wege genommen.

Spanien war bisher das günstigste für Frachtführer. Spanische Gerichte haben wiederholt Entschädigungen von 9–20 Prozent des Fahrzeugwertes zugesprochen.
Wichtige Beispiele:

  • Cáceres (2020) — Überzahlung wurde auf 16,35 Prozent anerkannt,
  • Pontevedra — Iveco muss nahezu 40.000 Euro (ca. 9 Prozent + Zinsen) für drei Lkw zahlen,
  • Murcia — Volvo Group Spain muss 128.757 Euro für fünf Fahrzeuge zahlen (20,7 Prozent).

Diese Gerichte haben die Argumente der Hersteller, die angeblich Kosten auf Endkunden übergewälzt zu haben, zurückgewiesen.

In Deutschland gibt es trotz der Vielzahl von Klagen keine öffentlich bestätigten Fälle von Entschädigungen an Frachtführer. Richter verlangen detaillierte Beweise für jedes Fahrzeug, und viele Fälle werden abgewiesen oder verzögert.

Die Anhörungen in München werden bis zum 28. November fortgesetzt. Die folgenden Wochen werden zeigen, ob die Parteien bereit sind, sich zu einigen, oder ob das Gericht die Gutachten für glaubwürdig hält. Dann wird klar, ob die Verfahren an Fahrt gewinnen oder im Gegenteil, verzögert werden.

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