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Interview: “Gerade in diesem Jahr mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie konnte jeder erleben, wie wertvoll stabile Lieferketten und gute Verspätungsprognosen sind.”

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Das in Potsdam ansässige Start-up Synfioo betreibt eine Online-Plattform, die die intermodale Ende-zu-Ende Überwachung und Störungsbenachrichtigungen für jeden einzelnen Transport in Echtzeit sowie die daraus resultierende, verlässliche Vorhersage von Ankunftszeiten (ETA) ermöglicht. Das junge Unternehmen verarbeitet Daten aller weltweiten Schiffs- und Flugzeugbewegungen sowie aller europäischen Frachtzüge und kann jeden LKW auf der Welt integrieren.

Natalia Jakubowska,Trans.INFO: Womit genau beschäftigt sich Ihr Startup?

Marian Pufahl, CEO und CO-founder von Synfioo GmbH: Synfioo bietet eine Online-Plattform, die komplexe, internationale Transportketten in Echtzeit überwacht und Störungen vorhersieht. Wir verknüpfen aktuelle Positionsdaten von LKWs, Schiffen, Zügen und Flugzeugen – und ermöglichen unseren Kunden damit, erstmalig völlig transparent ihre Lieferketten einzusehen. Zusätzlich haben wir mehr als 50 Datenquellen zu potenziellen Störungen, wie Staus, Unwetter, Wartezeiten, integriert. Mit unserer Künstlichen Intelligenz können wir damit sehr präzise vorhersagen, wann jede einzelne Lieferung an ihrem Ziel ankommt und durch welche Störungen sie verzögert wird. Unsere Kunden werden somit nie mehr von Störungen überrascht und können Verspätungen oftmals verhindern, noch bevor sie passiert sind. Gerade in diesem Jahr mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie konnte jeder erleben, wie wertvoll stabile Lieferketten und gute Verspätungsprognosen sind.

Was ist einzigartig an Ihrem Produkt/Ihrer Idee?

Logistik ist komplex. Wir machen diese Komplexität beherrschbar, indem wir mithilfe von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning Transparenz in die globalen Lieferketten bringen. Dafür analysieren wir diese von Anfang bis Ende. Wir verarbeiten Daten aller weltweiten Schiffs- und Flugzeugbewegungen sowie aller europäischen Frachtzüge und können jeden LKW auf der Welt integrieren. Außerdem haben wir über 50 Störfaktoren, wie Staus, Unwetter und Wartezeiten, in unserer Plattform in Echtzeit integriert. All diese Daten kombinieren wir mit den Daten unserer Synfioo-Nutzer zur Vorhersage der Ankunftszeit – Estimated Time of Arrival, ETA – für jeden einzelnen Transport. Alle Transportbeteiligten – Hersteller, Logistiker und Endkunden – werden bei Störungen informiert, erhalten Handlungsempfehlungen und können Daten austauschen. Die erprobte Software, das Know-how zu Transportabläufen und die leichte Anbindung an jedes System machen Synfioo zum Partner für viele namhafte Kunden.

Wann und wie sind Sie auf Ihre Gründungsidee gekommen?

Von 2012 bis 2015 haben wir Gründer als wissenschaftliche Mitarbeiter am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut in einem Forschungsprojekt gearbeitet. Das Ziel war es damals, eine umweltfreundlichere Logistik zu gestalten, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, Leerfahrten zu vermeiden und die Planungsalgorithmen zu verbessern. Wir haben dafür eine Software entwickelt, die in Echtzeit alle Störungseinflüsse für einen Transport erfasst und deren Auswirkungen prognostiziert – das war der Ursprung der heutigen Synfioo-Plattform. Als uns dann noch während des Projekts ein großes Speditionsunternehmen fragte, ob es diese Lösung als Produkt zu kaufen gäbe, haben wir das Potential erkannt. Direkt nach Ende des Forschungsprojekts haben wir dann Synfioo gegründet.

Woher kam das Kapital für Ihr Unternehmen?

Anfangs haben wir das Unternehmen aus unseren eigenen Ersparnissen und den Einnahmen aus dem ersten Kundenprojekt finanziert. Zusätzlich konnten wir ein Gründungsstipendium für die ersten Monate gewinnen. Heute wird Synfioo von Venture Capital Gebern unterstützt, unter anderem btov, Senovo und die Investitionsbank des Landes Brandenburg.

Was waren die größten Hindernisse bei der Gründung Ihres Startups?

Neben all den alltäglichen Herausforderungen der Unternehmensgründung –Finanzierung, bürokratische Hürden, Mitarbeitersuche etc. – war es für mich am herausforderndsten, mit viel Ausdauer immer wieder vielen verschiedenen Leuten das eigene Produkt zu erklären und viel Begeisterung zu ernten – aber kaum einer wollte Geld dafür ausgeben. Ein wenig naiv hatte ich erwartet, dass der Markt eine solche Idee viel schneller annehmen würde. Unzählige Pitches und Gespräche, Konferenzen und Messen, Meetups und Online-Präsentationen haben wir absolviert. Aber es hat sich gelohnt. Und natürlich hatten wir auch ein wenig Glück, dass wir uns nun 5 Jahre später mit dem Thema Supply Chain Visibility mitten in einem der dynamischsten Wachstumsmärkte befinden.

Was war der Wendepunkt, als die ersten Kunden auftauchten und Sie zu glauben begonnen haben, dass dies funktionieren würde?

Unsere erste wichtige Bestätigung durch Kunden bekamen wir damals noch einige Monate vor der Unternehmensgründung. Noch während des Forschungsprojekts haben wir unsere Idee einem großen Speditionsunternehmen vorgestellt – als dieses dann tatsächlich einen Vertrag mit uns abgeschlossen hat, waren wir überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Unser Unternehmen war zu diesem Zeitpunkt noch kaum mehr als eine Idee.

Was hätten Sie rückblickend in der Startphase anders gemacht?

Wir haben in den 5 Jahren seit Gründung von Synfioo extrem viel gelernt! Einiges von diesem Wissen hätte ich sehr gern schon in der Startphase gehabt. Dann hätten wir an manchen Stellen noch zielgerichteter und schneller agieren können. Ich glaube aber, dass wir in Summe mehr richtig als falsch gemacht haben.

Welche Tipps würden Sie anderen Startup-Gründern geben, die gerade erst anfangen?

Ich fand es rückblickend am wichtigsten, die Gründungsidee und die eigenen Annahmen in vielen Gesprächen zu testen und weiterzuentwickeln. Sucht das Gespräch mit Unbeteiligten und schärft Eure Idee! Dadurch konnte ich mir auch immer externe Bestätigung und Motivation holen, die einem über Rückschläge hinweg hilft.

Was ist die größte unmittelbare Herausforderung für Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich selbst in 5 Jahren?

Wir haben mittlerweile eine Teamgröße erreicht, in der sich die Rolle von uns Gründern komplett wandelt. Wir müssen Unternehmensstrukturen aufbauen, weitere großartige Mitarbeiter finden und Prozesse etablieren, damit unser Unternehmen für die nächste Wachstumsstufe gewappnet ist. In 5 Jahren werden wir dann einige Entwicklungsschritte weiter sein – und sind dann der führende europäische Anbieter für Supply Chain Transparenz.

Was würden Sie tun, wenn Sie kein Startup-Unternehmen gründen würden?

Mehr Zeit für meine Familie haben. 🙂 Und wahrscheinlich hätte ich weiter als Consultant gearbeitet. Sich mit verschiedensten Problemstellungen der Kunden zu beschäftigen und Lösungen erarbeiten zu dürfen, empfand ich in diesem Job immer als sehr spannend.

Foto: Marian Pufahl, CEO und CO-founder von Synfioo GmbH

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