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LKW-Fahrer in Großbritannien planen einen Streik. „Unsere Zeit ist gekommen, jetzt wollen auch wir gehört werden!”

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Trucker wollen für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Sie schließen sich über soziale Medien zusammen und haben angekündigt, zunächst eine Petition an die Behörden zu schicken. Wenn das nichts bringt, werden sie als nächstes streiken und einen Tag lang zu Hause bleiben.

Das Interesse an dem Streik ist groß. Bereits die erwähnte Gruppe „HGV drivers on STRIKE United Kingdom” vereinigt mehr als 3200 Fahrer. Wie in einer Erklärung auf Facebook zu lesen ist, kritisieren die Fahrer vor allem den mangelnden Respekt, dem sie ausgesetzt sind, niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten, fehlendes Familien- und Sozialleben, zunehmende Verantwortung und Unannehmlichkeiten wie die fehlende Möglichkeit, die Firmentoiletten zu benutzen.

Wir sind das Rückgrat der Wirtschaft. Die Wirbelsäule und der Blutkreislauf. Ohne den Güterverkehr würde jedes Land innerhalb weniger Wochen in die Knie gehen. Darin liegt unsere Stärke. Wir sollten uns zusammenschließen und zusammenhalten, um zu versuchen, etwas zu verändern”. – so die Fahrer empört.

Es wurden mehrere Forderungen vorgeschlagen, die die Transportbranche den Behörden vorlegen sollte. Sollte ein solcher Aufruf scheitern, wollen die Fahrer im August einen „WIRBLEIBENZUHAUSE”-Tag organisieren und nicht zur Arbeit erscheinen. In der Erklärung der Demonstranten heißt es, dass heute „77.000 LKW-Fahrer (im Vereinigten Königreich – Anm. d. Red.) fehlen, somit ist es der beste Zeitpunkt für einen Protest”.

Zu den Erwartungen der Fahrer gehören die Anhebung des Mindestlohns auf 15 £ pro Stunde (17,55 EUR), bezahlte Pausen (was die Fahrer damit erklären, dass sie auch während einer Pause nicht frei über ihre Freizeit verfügen können, z. B. auf einem Parkplatz mit dem Lkw) und Unterkunft (ein Zuschlag von 50 £, 58,49 EUR, für die Tätigkeit eines de facto 24 Std. Frachtwächters) sowie eine Beschäftigung auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags und nicht als Selbstständiger.

Zudem fordern die Fahrer, dass Unternehmen, die sich weigern, ihre Toiletten zu benutzen, mit Geldstrafen belegt werden.

Die Zeit ist reif, die Fahrer wollen sich durchsetzten

Zu viele Jahre lang wurden wir ignoriert, ausgenutzt und für selbstverständlich gehalten. Unsere Zeit ist gekommen und jetzt haben wir die Möglichkeit, uns Gehör zu verschaffen”, sagt Mark Schubert, ein Fahrer mit 40 Jahren Erfahrung, wie die Zeitung Guardian berichtet.

– Wir wollen damit zum Ausdruck bringen, dass wir es satt haben, wie die Arbeitgeber uns behandeln. Aber solange die Waren in den Regalen stehen, scheinen sich die Leute nicht um uns zu kümmern”, fügte er hinzu.

Das könnte sich jetzt ändern. Die Branche kämpft schon seit Jahren mit dem Fahrermangel und nach dem Brexit hat sich das Problem weiter verstärkt. In den letzten Tagen hat sich das Problem durch die so genannte britische „Pingdemie”verschärft, wegen der sich Hunderttausende Briten derzeit in Quarantäne befinden. Sie wurden per „Ping” auf ihrem Handy aufgefordert, sich aufgrund der Kontaktaufnahme mit Corona-Infizierten zu isolieren.

Die Zahl der von der App benachrichtigten Personen ist in den letzten Wochen sprunghaft angestiegen, was einige Branchen in Schwierigkeiten bringt.” – berichtet inews.co.uk.

Unternehmen wie Marks & Spencer oder Iceland (eine Einzelhandelskette, die vor allem Tiefkühlprodukte verkauft) sprechen offen über die Lieferengpässe.

Lieferketten stehen vor einem Kollaps

Die Road Haulage Association in Großbritannien warnt vor dem gleichen Problem. RHA verweist auf den angekündigten Fahrerprotest und argumentiert, dass die Situation nicht weiter verschlimmert werden sollte, da die Lieferketten nur den geringsten Anstoß brauchen, um zu zerbrechen.

Wenn Sie glauben, dass die Dinge jetzt schon schlecht sind, werden sie nur noch schlimmer werden”, argumentiert Kate Gibbs von der RHA, die vom Guardian zitiert wird.

Die britische Tageszeitung erinnert daran, dass die dortigen Behörden vor kurzem Pläne zur Behebung des Fahrermangels bekannt gegeben haben. Dazu gehörten Prüfungserleichterungen und Bemühungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Nach Ansicht des Fahrers Mark Schubert wird es jedoch mindestens sechs Monate dauern, bis diese Maßnahmen Früchte tragen, und es ist unwahrscheinlich, dass sie die bereits jetzt im Vereinigten Königreich geäußerten Befürchtungen hinsichtlich eines Warenmangels in den Regalen ausräumen können. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass eine der negativen Auswirkungen des Brexit und der für ausländische Arbeitnehmer ungünstigen Politik der Regierung darin bestehe, dass Zehntausende von Fahrern gezwungen seien, in die Europäische Union zurückzukehren. Wenn man sich die Entscheidungen der britischen Politiker anschaut, ist es nur schwer zu erwarten, dass diese Leute zurückkehren werden – so die Schlussfolgerung des Fahrers.

Foto: Canva

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