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Quelle: Trans.INFO

Mobilitätspaket und Aberkennung der Zuverlässigkeit des Kraftverkehrsunternehmers. Brüssel führt neue Vorschriften ein – überprüfen Sie die Änderungen

Anfang Mai veröffentlichte die Europäische Kommission zwei Durchführungsverordnungen für einige der aktualisierten EU-Transportvorschriften. Sie führen wesentliche Änderungen hinsichtlich der Risikoeinstufung von Frachtführern sowie neuer schwerwiegender Verstöße ein, die zur Aberkennung der Zuverlässigkeit des Kraftverkehrsunternehmers führen können.

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Die von der Europäischen Kommission am 2. Mai 2022 veröffentlichten Durchführungsverordnungen betreffen unter anderem eine neue Liste schwerwiegender Verstöße und die Berechnung der Risikoeinstufung von Verkehrsunternehmen. Beide Rechtsakte treten am Montag, den 23. Mai, in Kraft.

Mit der neuen Durchführungsverordnung (EU) 2022/694 wird die Verordnung (EU) 2016/403 geändert. Dabei handelt es sich um eine neue Liste schwerwiegender Verstöße, die zur Aberkennung der Zuverlässigkeit des Kraftverkehrsunternehmers führen können. In dem Dokument werden auch neue Verstöße gegen das auf vertragliche Schuldverhältnisse, Kabotage und die Entsendung von Arbeitnehmern im Kraftverkehr anzuwendende Recht genannt. Überdies soll die Verordnung zur Harmonisierung der Durchsetzungspraktiken in der gesamten Union beitragen.

Paulina Eliasz-Pietrusewicz, Rechtsanwältin bei der Anwaltskanzlei Transcash, erklärt die wichtigsten Änderungen, die aufgrund der neuen Verordnung bald in Kraft treten werden:

“So soll hier daran erinnert werden, dass die Verstöße in drei Kategorien je nach Schweregrad unterteilt sind: schwerste, sehr schwerwiegende und schwerwiegende Verstöße. Bei den sich wiederholenden schwerwiegenden Verstößen (SI) und sehr schwerwiegenden Verstößen (VSI) wird ein nationales Verfahren zur Beurteilung der Zuverlässigkeit eingeleitet. Im Fall der schwersten Verstöße (MSI) reicht nur ein Verstoß, damit ein Verfahren eingeleitet wird und das Unternehmen seine Lizenz verliert”, so die Rechtsanwältin.

“Sollte das Verkehrsunternehmen oder der Fahrer nicht in der Lage sein, dem Kontrollbeamten eine gültige Gemeinschaftslizenz oder eine gültige beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz vorzulegen (d. h. Gemeinschaftslizenz oder beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz verloren, vergessen, beschädigt usw.), handelt es sich gemäß der neuen Verordnung um einen sehr schwerwiegenden Verstoß. Bei einer Beförderung von Gütern ohne gültige Gemeinschaftslizenz (d. h. Lizenz nicht vorhanden, gefälscht, entzogen, abgelaufen usw.) haben wir hingegen mit dem schwersten Verstoß zu tun”, fügt Paulina Eliasz-Pietrusewicz hinzu.

Überdies weist die Rechtsanwältin darauf hin, dass sowohl Durchführung einer Kabotagebeförderung, die nicht mit den im Aufnahmemitgliedstaat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Einklang steht, als auch Durchführung von Kabotagebeförderungen in einem Mitgliedstaat innerhalb von vier Tagen nach Ende der letzten rechtmäßigen Kabotagebeförderung im selben Mitgliedstaat als sehr schwerwiegender Verstoß gilt.

„Die meisten Fälle der schwersten Verstöße betreffen Manipulationen von Fahrtenschreibern sowie die Verwendung eines nicht durch eine zugelassene Werkstatt nachgeprüften Fahrtenschreibers“, so Paulina Eliasz-Pietrusewicz weiter.

Die Durchführungsverordnung (EU) 2022/695 gestützt auf die Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates bestimmt wiederum gemeinsame Formel für die Berechnung der Risikoeinstufung von Verkehrsunternehmen.

Bei der Risikobewertung werden die Anzahl, Schwere und Häufigkeit von Verstößen berücksichtigt, die von einem Transportunternehmen und dessen Fahrern begangen wurden.

Alle Verstöße werden in nationalen Risikoeinstufungssystemen erfasst. Die gemeinsame Formel sollte sicherstellen, dass alle Fahrerinnen und Fahrer sowie Verkehrsunternehmen bei Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der anwendbaren Unionsvorschriften gleich behandelt werden. Überdies wird sie den Vergleich von Risikobewertungen ermöglichen. Was bedeuten die neuen Vorschriften in Praxis?

“Bisher konnten die Mitgliedstaaten auf unterschiedlichen nationalen Berechnungsmethoden bei der Risikoeinstufung von Verkehrsunternehmen basieren. In Polen galt die Verordnung des Ministers für Infrastruktur vom 21. Oktober 2019 über das Risikoeinstufungssystem für Unternehmen, die Straßentransporte durchführen. Diese Verordnung bestimmte ein System zur Bewertung des Risikos von Verstößen gegen Lenkzeit, vorgeschriebene Pausen, Ruhezeiten und den technischen Zustand des Fahrzeugs.

Die neue Verordnung (EU) 2022/695 vom 2. Mai 2022 führte eine gemeinsame Formel für die Berechnung der Risikoeinstufung von Verkehrsunternehmen, die wesentlich zur Harmonisierung der Durchsetzungspraktiken sowie zur gleichen Behandlung von FahrerInnen und Transportunternehmen hinsichtlich der Kontrollen und Sanktionen in der gesamten Union beitragen”, erklärt Paulina Eliasz-Pietrusewicz.

“In der gemeinsamen Formel werden die Anzahl, Schwere und Häufigkeit von Verstößen sowie die Ergebnisse von Kontrollen berücksichtigt, bei denen keine Verstöße festgestellt wurden. Es wird auch bewertet, ob ein Straßenverkehrsunternehmen in allen seinen Fahrzeugen einen intelligenten Fahrtenschreiber einsetzt. Bei Transportunternehmen, die ein hohes Risiko mit sich bringen, kann ein Verfahren eingeleitet werden, das zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen kann”, fügt die Rechtsanwältin hinzu.

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