Der Verband der Internationalen Straßentransporteure in Polen (ZMPD) warnt vor einer humanitären Krise und hat die polnische Regierung in einem dringenden Appell aufgefordert, sofort Maßnahmen zur Entlastung der Lage zu ergreifen.
Überlastete Grenzabfertigung und fehlendes Personal
Seit der Wiedereröffnung der Grenze in der Nacht vom 24. auf den 25. September 2025, nach einer fast zweiwöchigen Schließung, stauen sich die Fahrzeuge auf der belarussischen Seite kilometerlang. Viele Fahrer sitzen dort tagelang fest, schlafen in ihren Kabinen bei niedrigen Temperaturen und haben kaum Zugang zu Wasser, Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung.
Nach Angaben des ZMPD erfolgt die Zollabfertigung auf polnischer Seite viel zu langsam – vor allem wegen Personalmangels bei der Nationalen Finanzverwaltung (KAS). Der aktuelle Personalbestand reiche nicht aus, um die Zahl der Abfertigungen deutlich zu erhöhen. Das verlangsamt den Grenzverkehr und verschärft die ohnehin prekäre Situation der Fahrer.
ZMPD fordert sofortige Unterstützung
ZMPD-Präsident Jan Buczek appellierte an das Finanzministerium, kurzfristig zusätzliche Zoll- und Grenzschutzbeamte nach Koroszczyn zu entsenden:
„Dies ist derzeit der einzige Grenzübergang, über den der Straßengüterverkehr zwischen Polen und Belarus abgewickelt wird. Eine schnelle personelle und organisatorische Verstärkung ist dringend notwendig – nicht nur, um den Stau zu verringern, sondern auch, um die Sicherheit und die elementaren Lebensbedingungen der Fahrer zu gewährleisten“, betonte Buczek.
Der Verband warnt, dass die derzeitige Lage die Gesundheit der Fahrer gefährde und gegen humanitäre Mindeststandards verstoße.
Viele berichteten über körperliche Beschwerden und Erschöpfung durch den langen Aufenthalt in den Kabinen und den Mangel an frischen Lebensmitteln. Zudem können viele Transportunternehmen ihre Lieferverträge nicht mehr erfüllen – ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden droht.
„Die anhaltende Krise gefährdet nicht nur die Fahrer, sondern auch den Ruf und die Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Logistikbranche“, so der Verband.
ZMPD: Regierung muss Krisenteam einsetzen
Der Verband fordert ein interministerielles Krisenteam unter Beteiligung der Regierung, der Nationalen Finanzverwaltung und der Transportwirtschaft, um sofortige Lösungen zu entwickeln.
Zu den geforderten Maßnahmen gehören:
- Verstärkung der Zoll- und Grenzbeamten,
- Einrichtung provisorischer humanitärer und medizinischer Versorgungsstellen,
- Entwicklung eines Systems zur Umleitung von Frachtverkehr auf alternative Grenzübergänge.
Am 9. Oktober, 18:45 Uhr, warteten laut offiziellen Daten 3.395 Lkw auf die Einreise nach Polen. Auch an anderen EU-Außengrenzen im Osten bleibt die Lage kritisch: 820 Fahrzeuge warteten auf die Ausfahrt nach Lettland, 1.260 auf die Abfertigung nach Litauen.
Zuspitzung auch an der Grenze zu Lettland
Wie das Staatliche Zollkomitee von Belarus bestätigt, verschärft sich die Situation auch an der Grenze zu Lettland dramatisch.
Nach offiziellen Angaben müssen Fahrer, die sich zuletzt in die elektronische Warteschlange eingetragen haben, derzeit rund einen Monat warten, bis sie die Grenze überqueren können.
In den vergangenen 24 Stunden ließen die lettischen Grenzkontrollbehörden nur 28 Lkw vom belarussischen Kontrollpunkt Grigorovschina passieren. Das Zollkomitee berichtet:
„13 Stunden lang war keine Abfertigung möglich, anschließend wurden im Schnitt nur zwei Fahrzeuge pro Stunde über die Grenze gelassen. Die Warteschlange auf belarussischer Seite hat bereits 830 Lkw überschritten.“
Das belarussische Zollkomitee rät Fahrern dringend, diese Informationen bei ihrer Routenplanung zu berücksichtigen.
Auch auf den Routen nach Litauen und Polen bleibt die Lage angespannt: In Litauen warten derzeit 1.230 Lkw, in Polen rund 3.300 auf die Abfertigung. Beide Länder arbeiten laut Minsk derzeit nur mit 20 bis 30 Prozent ihrer normalen Abfertigungskapazität.
Am Grenzübergang Brest bildete sich eine Warteschlange von 517 Fahrzeugen; in den letzten 24 Stunden wurden dort nur 47 Prozent der üblichen Fahrzeuganzahl abgefertigt.
Mitarbeit: Sabina Koll