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Studie warnt vor neuer Seefrachtkrise: US-Zollpause könnte globale Lieferketten destabilisieren

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Die 90-tägige Zollpause im Handelskonflikt zwischen den USA und China birgt weitreichende Risiken für den globalen Seeverkehr. Eine aktuelle Studie zeigt, dass besonders Unternehmen in Europa und der Transport- und Logistikbranche weltweit sich auf Engpässe und Preissteigerungen vorbereitensollten.

Dieser Text wurde vollständig von einem Redakteur verfasst – basierend auf fachlichem Wissen, journalistischer Erfahrung und sorgfältiger Recherche. Künstliche Intelligenz kam dabei nicht zum Einsatz.

Statt einer Entlastung der weltweiten Lieferketten droht nach Einschätzung der Studienautoren des Complexity Science Hub (CSH), des Austrian Supply Chain Intelligence Institute (ASCII) und der TU Delft ein „Rebound-Effekt“. US-Unternehmen könnten die Zollpause nutzen, um Lagerbestände im Rekordtempo wieder aufzufüllen – mit erheblichen Auswirkungen auf den Containerverkehr.

Laut Studie ist ein Anstieg der Schiffsankünfte an der US-Westküste von bis zu 73 Prozent möglich – das wären in Long Beach und Los Angeles rund 19 zusätzliche Schiffe pro Tag. Auch in Oakland (+61 %) und Tacoma (+56 %) wird mit deutlichem Verkehrsaufkommen gerechnet. Insgesamt dürfte der Containerumschlag in den USA um nahezu 19 Prozent steigen.

Während die abrupten Zollerhöhungen zwar drastisch, aber kalkulierbar waren, trifft die aktuelle Erholung auf ungelöste strukturelle Engpässe und fehlende Vorbereitung“, warnt Peter Klimek, Direktor des ASCII und Forscher am CSH. „Die kommenden Wochen werden zur Feuerprobe für die Resilienz des globalen Seehandels – mit potenziellen Engpässen wie während der COVID-19-Krise.

Globale Verlagerungen – Engpässe auch für Europa möglich

Wie das gemeinsam entwickelte Simulationsmodell TIDES zeigt, könnte der Nachfrageschub auf der Transpazifikroute zu massiven Kapazitätsverlagerungen führen – zu Lasten anderer Handelsregionen. Während in den vergangenen Monaten europäische und südamerikanische Häfen von Umleitungen profitierten (Zuwächse von bis zu fünf Prozent), droht mit dem Rebound nun der entgegengesetzte Effekt: Kapazitäten könnten aus Europa abgezogen werden – verbunden mit höheren Frachtkosten und verlängerten Lieferzeiten.

Ein zusätzliches Problem: Die durch den Handelskrieg verursachten „Blank Sailings“ – also ausgefallene Schiffsverbindungen – lagen im April und Mai bereits bei rund zehn Prozent aller weltweiten Fahrten. Zum Vergleich: Während der Corona-Pandemie betrug die Ausfallquote etwa 20 Prozent.

Die Studie weist darauf hin, dass bereits während der Zollerhöhungen rund 500 Containerschiffe – das sind etwa sechs Prozent der weltweiten Flotte – von den USA-China-Maßnahmen betroffen waren.

Empfehlung: Logistikstrategien überdenken, Kapazitäten sichern

Angesichts der prognostizierten Nachfragewelle empfehlen die Studienautoren sowohl Unternehmen als auch politischen Entscheidungsträgern proaktive Maßnahmen:

  • Frühzeitige Sicherung von Transportkapazitäten, insbesondere auf den betroffenen Routen
  • Diversifizierung der Beschaffungsmärkte, um Abhängigkeiten zu reduzieren
  • Strategische Lagerhaltung, um kurzfristige Schwankungen abzufedern
  • Investitionen in die Hafeninfrastruktur und koordinierte Abläufe, um Überlastungen zu vermeiden

Der Handelskonflikt ist ein Weckruf für unsere Wirtschaft. Er zeigt, wie schnell sich politische Entscheidungen in ganz realen Engpässen an Häfen und in Lieferketten niederschlagen können“, so Klimek. „Die anhaltende Unsicherheit im Handel verdeutlicht, wie wichtig es ist, Handelsabkommen und Zölle mit Bedacht zu gestalten.

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