Das Unternehmen mit Sitz in Nordrhein-Westfalen präsentierte kürzlich eine Flotte von Lkw, die Fahrern ein bisher unerreichtes Maß an Komfort bieten soll. In sozialen Medien bezeichnete das Unternehmen die Fahrzeuge als „mobile Heime auf Rädern“ und hob die moderne Ausstattung mit digitalen Steuerungssystemen und Hightech-Cockpits hervor.
Zwar bleiben solche Annehmlichkeiten im europäischen Fernverkehr selten, doch das Konzept greift ein altbekanntes Problem auf: fehlende Rastmöglichkeiten und sanitäre Einrichtungen. Eigenständige Kabinen könnten die Arbeitsbedingungen verbessern – und vielleicht auch neue Fahrer für den Beruf gewinnen.

Quelle: Vp TPA Mobile Straßen/Facebook
trans.iNFO hat Vp TPA Mobile Straßen um Details zu Modell, Ausstattung und Einführung gebeten.
Wettbewerb um Fahrer: Komfort wird zum entscheidenden Faktor
Während der Lohn weiterhin das wichtigste Argument bleibt, setzen Transportunternehmen zunehmend auf kreative Mitarbeiteranreize, um Fahrer zu halten oder zu gewinnen. Ziel ist es, den Job auf der Straße komfortabler und berechenbarer zu machen.
Beispiele gibt es viele:
- Das polnische Unternehmen BATIM stellt langjährigen Fahrern Firmenwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung.
- TSL Silesia sorgte mit BMW-Dienstwagen für Top-Spediteure und Geldprämien für Fahrer für Aufsehen.
- Andere Betriebe investieren direkt in bessere Kabinenausstattung, sichere Parkabonnements oder planbare Schichtsysteme.
Auch Partnerschaften mit Mikro-Hotels wie Roatel in Deutschland gewinnen an Bedeutung – sie garantieren Fahrern sichere Ruheplätze mit Duschen und WC, ein Thema, das europaweit unter Druck steht.
Was Fahrer wirklich überzeugt
Fahrer achten zunehmend auf praktische Lebensqualität, nicht auf Werbeslogans. Unternehmen in ganz Europa suchen Wege, den Alltag auf Fernstrecken sicherer, sauberer und planbarer zu gestalten – um ihre wichtigste Ressource zu halten.
Wichtige Maßnahmen im Überblick:
- Planbare Heimkehrzeiten und feste Schichtsysteme: Deutsche Anbieter wie DHL werben mit 38,5-Stunden-Wochen oder Drei-Schicht-Modellen, die Familienleben ermöglichen.
- Sichere, vom Unternehmen bezahlte Parkplätze: Einige Flotten übernehmen die Kosten für ESPORG-zertifizierte Anlagen mit CCTV, Beleuchtung und Duschen.
- Wohnunterstützung: Firmenwohnungen oder Mietzuschüsse für ausländische Fahrer erleichtern den Einstieg.
- Tierfreundliche oder Mitfahrregelungen: In den USA Standard, in Europa zunehmend im Kommen.
- Langfristige Leistungsprämien: Belohnung für sicheres und effizientes Fahren statt einmaliger Bonuszahlungen.
- Ergonomische Kabinenausstattung: Große Kühlschränke, sichere Stauräume, gute Isolierung und Matratzen sind für viele wichtiger als „Luxusfeatures“.
- Weiterbildung & Karrierewege: Bezahlte CPC- oder ADR-Schulungen erhöhen die Attraktivität und binden erfahrene Fahrer.
Europas Fahrermangel bleibt akut
Trotz aller Initiativen bleibt der Fahrermangel in Europa dramatisch. Laut IRU sind rund 426.000 Stellen unbesetzt, obwohl die Frachtmengen zurückgegangen sind. Das Problem ist strukturell: Nur 5 % der Lkw-Fahrer sind unter 25, während viele ältere Fahrer kurz vor dem Ruhestand stehen.
In Deutschland fehlen laut Branchenverbänden 100.000 bis 120.000 Berufskraftfahrer. Rund 30.000 gehen jährlich in Rente – aber nur halb so viele neue Fahrer kommen nach.
Auch in anderen Ländern bleibt die Lage angespannt:
- In Großbritannien hat sich die Krise nach dem Brexit zwar etwas entspannt, doch das Durchschnittsalter der Fahrer liegt über 55 Jahren.
- In Italien fördert die Regierung den Beruf mit 2.500-Euro-Ausbildungsgutscheinen, doch Bürokratie und schlechte Arbeitsbedingungen schrecken viele ab.
- In Polen sprechen Unternehmer von einer „sich verschärfenden Krise“ – viele kleine Speditionen haben aufgegeben oder Flotten verkleinert, auch wegen steigender Kosten und fehlender Fahrer.
Mehr Komfort ja, aber nicht um jeden Preis
Unternehmen experimentieren mit neuen Wegen, den Beruf des Fahrers würdiger und nachhaltiger zu machen – sei es durch Firmenwohnungen, bessere Parkplätze oder Badezimmer im Lkw.
Doch klar ist: Kein einzelnes Komfort-Feature wird den Fahrermangel lösen. Erst wenn Bezahlung, Arbeitszeiten, gesellschaftliche Anerkennung und Infrastruktur stimmen, wird der Beruf wieder attraktiv – als das, was er ist: ein zentraler Pfeiler der europäischen Wirtschaft.