Der Bedarf an LKW-Fahrern in Deutschland steigt weiter. Dirk Engelhardt, Vorsitzender des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), bringt es im Gespräch mit der Bild auf den Punkt: Schon jetzt fehlen rund 100.000 Fahrer – und im Falle eines militärischen Konflikts könnte die Lücke auf 400.000 Stellen anwachsen.
Wenn wir diese Lücke von 400.000 Fahrern nicht schließen, können wir im Krisenfall weder die Bundeswehr ausreichend unterstützen noch die Zivilbevölkerung versorgen“, warnt Engelhardt.
Seiner Einschätzung nach basiert ein großer Teil des deutschen Transportsystems auf ausländischen Arbeitskräften – vor allem aus Osteuropa. Im Falle eines Krieges könnten Fahrer aus Polen, Rumänien oder der Ukraine zur Rückkehr in ihre Heimatländer aufgerufen werden – was einen logistischen Kollaps in Deutschland zur Folge hätte.
Der Plan: Frauen, Rentner und Fahrer aus Drittländern
Engelhardt fordert gesetzliche Änderungen, die es pensionierten Fahrern ermöglichen, wieder in den Beruf zurückzukehren – ohne erneute regelmäßige Eignungsprüfungen. Zudem setzt er sich für eine erleichterte Beschäftigung von Fahrern aus Nicht-EU-Staaten wie Moldawien oder Usbekistan ein. Entscheidend sei dabei die Anerkennung ihrer Führerscheine im EU-Raum.
Auch der Anteil von Frauen am LKW-Steuer soll erhöht werden.
Wir brauchen sichere Parkplätze sowie Fahrzeuge mit privaten Duschen, Toiletten und Küchen“, argumentiert der Verbandspräsident.
Mehr zum Thema Fahrermangel in Deutschland: Schleppende Anerkennung von Berufskraftfahrern aus Drittstaaten
Polnische Zurückhaltung
Jan Buczek, Präsident des Verbands der Internationalen Straßentransporteure in Polen (ZMPD), zeigt sich in der Gazeta Prawna skeptisch gegenüber den deutschen Vorstößen:
Es ist zwar ein offener Markt, aber die alten EU-Länder wenden diese Grundsätze sehr selektiv an. Geht es um den Marktanteil im Handel, wollen sie alles. Und wenn es um Arbeitskräfte für deutsche Firmen geht – auch alles.
Buczek hebt hervor, dass der polnische Staat erheblich in die Ausbildung von Berufskraftfahrern investiert habe. Absolventen polnischer Berufsschulen verfügten über sämtliche Qualifikationen. Deutschland hingegen wolle seine Krise mit der einfachsten Methode lösen:
Bezahlt wird – und dann saugt man den Markt leer“, so Buczek mit bitterem Unterton.
Nicht nur Personal – auch deutsche Vorschriften im Fokus
Buczek kritisiert zudem rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Deutschland:
Wie auf Bestellung deutscher Vermittler wurde die Frist zur Geltendmachung von Forderungen im Transportgewerbe von drei auf ein Jahr verkürzt. Und weil deutsche Arbeitnehmer keine Lust auf echte Arbeit haben und lieber Transportaufträge weiterverkaufen, entstand ein riesiger Vermittlermarkt in der Transportbranche.
Ein weiteres Problem seien lange Zahlungsfristen:
Eine 90-tägige Zahlungsfrist ist keineswegs eine Seltenheit. Deshalb sagen wir: Was in der Zwischenzeit auf den Kopf gestellt wurde, muss wieder auf die Füße gestellt werden“, so Buczek gegenüber der Gazeta Prawna.