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15.000 Euro Schadenersatz. Gericht setzt Grenzen bei Kameras am Arbeitsplatz

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Ein deutsches Landesarbeitsgericht spricht eine Entschädigung von 15 000 Euro wegen massiver Videoüberwachung aus, das Urteil wirft für die Logistik‑ und Transportbranche zentrale Fragen auf: Wie viel Technik ist erlaubt, wo beginnt unangemessene Kontrolle?

In einem Betrieb zur Herstellung von Stahlblöcken installierte das Unternehmen insgesamt 34 Videokameras in einer 15.000 m2 großen Halle, im Lager, in Verbindungsgängen sowie Büroräumen. Die Kameras zeichneten 24 Stunden am Tag in HD mit Zoom‑ und Echtzeitzugriff auf – zumindest 22 Monate lang vom Januar 2023 bis Oktober 2024.

Auch ein Produktionsmitarbeiter, der überwiegend mit dem Rücken zur Kamera arbeitete, wurde beim Verlassen seines Stationsbereichs (z. B. auf dem Weg zu Toilette, Pause oder Büro) von vorne erfasst. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm bewertete diese Überwachung als „schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ und sprach dem Kläger eine Entschädigung von 15.000 Euro zu (Az.: 18 SLa 959/24).

Das Unternehmen hatte die Maßnahme mit Diebstahl‑ und Vandalismusschutz, Arbeitssicherheit sowie Nachverfolgung von Maschinenausfällen begründet. Das Gericht kritisierte jedoch, dass die Behauptung pauschal war; eine gezielte Überwachung einzelner kritischer Bereiche hätte gereicht. Zudem sei die eingesetzte Technik invasiv gewesen – Gesichtserkennung, Mimik‑Erfassung und hoher Beobachtungsdruck lagen vor.

Bedeutung für den LKW‑Fahrbetrieb

Auch in der Transport‑ und Logistikbranche kommt Videoüberwachung zunehmend zum Einsatz – beispielsweise in Fahrerhäusern, an Umschlagplätzen oder in Logistikzentren. Die Technik reicht von Dashcams über KI‑gestützte Coaching‑Systeme bis zu „Fahrerhauskameras“.

In einer Studie eines Telematik‑Anbieters gaben 91 Prozent deutscher Fahrer an, Bedenken gegenüber Kameras im Fahrerhaus zu haben, während 69 Prozent der Meinung waren, solche Aufnahmen könnten zur eigenen Entlastung bei Unfällen dienen – unter der Bedingung transparenter Anwendung und fairem Einsatz.

Der geschilderte Gerichtsfall zeigt zentrale Rechts‑ und Praxisfragen für den Güterverkehr:

  • Wird ein Bereich rund um den Arbeitsplatz kontinuierlich videobeobachtet, kann das Persönlichkeitsrechte verletzen.
  • Auch im LKW‑Bereich gilt: Technische Überwachung muss verhältnismäßig, transparent und rechtlich abgesichert sein.
  • Dashcams oder Fahrerhauskameras sind möglich, doch Speicherung, Zweckbindung und Zugriff müssen klar geregelt sein.

Anforderungen und Praxis für Fahrer und Unternehmen

Flottenmanager und Logistikbetriebe sollten bei Kameraeinsatz folgende Aspekte beachten:

  • Zweckbindung: Kameras dürfen nur für klare, legitime Zwecke eingesetzt werden – nicht generalüberwachend.
  • Transparenz: Fahrer müssen informiert werden, wann und wie gefilmt wird, wie Daten genutzt und wie lange gespeichert werden.
  • Einsatz‑Ort‑Bezug: Wie im Fall des LAG Hamm gilt, dass nicht jeder Bereich permanent überwacht sein darf. Im LKW kann z. B. eine vordere Dashcam relevant sein – Videoaufnahmen zurück in die Fahrerkabine können jedoch problematisch sein, wenn sie dauerhafte Überwachung erzeugen.
  • Rechtliche Grundlagen: DSGVO und BDSG sind zu beachten; pauschale Klauseln im Arbeitsvertrag reichen nicht zur Einwilligung.
  • Technik vs. Vertrauen: Systeme zur Fahrerunterstützung („Instant Audio Coaching“) werden laut Studie akzeptiert – sofern sie nicht als Überwachung wahrgenommen werden.

Für die Transport‑ und Logistikbranche heißt das: Die Einführung von Kamera‑ und Videoüberwachung muss sorgfältig geplant werden, insbesondere in Fahrerhäusern und auf Umschlagflächen. Technik kann Effizienz und Sicherheit erhöhen, aber ungeklärte Datenschutz‑ oder Persönlichkeitsrechte können hohe Kosten und Vertrauensverlust nach sich ziehen.

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